Der Schiedsrichter – das arme Würstchen auf dem Fußballplatz

Ach, das waren noch Zeiten, als der Schiedsrichter noch Herr auf dem Fußballplatz war! Sein Pfiff war Gesetz – auch wenn er sich einmal geirrt hat. Und natürlich hat es immer wieder Fehlentscheidungen gegeben, denn – der geneigte Leser wird es womöglich gar nicht glauben: auch der Schiedsrichter ist nur ein Mensch! Aber fast jeder Schiedsrichter, davon kann man getrost ausgehen, hat sich bemüht, gerecht zu pfeifen. Den Herren von DFB, UEFA und FIFA (Frauen sind in diesen Gremien dünn gesät) trauen dem Menschen aber nicht, und so rennt der Schiedsrichter immer wieder an den Spielfeldrand, um sich sinnend die Szene in Zeitlupe zu betrachten, oder er bekommt Anweisungen über den Knopf in seinem Ohr.

Die Digitalisierung, sie lebe – hoch! hoch! hoch!

Jetzt, wo sogar die Goethe-Institute demnächst von einer Frau geleitet werden, die am liebsten die ganze Welt digitalisieren möchte, und wo es dank elektronischer Schul-Tafeln (alle ganz ohne Kreide!) schon zu einer wundersamen Vermehrung von Einser-Abiturienten gekommen ist – da darf der Fußball natürlich nicht hintanstehen. Und so läuft heutzutage das arme Schiedsrichterlein über den Platz, pfeift oder pfeift nicht – und muß bei jeder Entscheidung fürchten, daß ein Anruf aus den geheimnisvollen Katakomben des Kölner Kellers oder einem anderen dieser lost places kommt. Und dann dauert es Minuten, der Jubel über das Tor ebbt schon ab, das Foul ist beinahe vergessen – und erst dann kommt der Anruf.

Schiedsrichter, Telefon!

Ist der Fußball jetzt, da man dem Schiedsrichter das letzte Wort entzogen hat, gerechter geworden? Ganz und gar nicht. Auf wen soll man jetzt noch schimpfen? Auf einen anonymen Kellerbewohner? Der Charme eines Fußballspiels ist doch gerade, daß es vollständig analog ist, und dazu gehört, daß alle Fehler machen können, Spieler, Schiedsrichter, Linienrichter, weil eben alle Menschen sind. Wer auf die Idee gekommen ist, den Ball im Innern mit einem Sensor zu versehen, den sollte man dafür mit einer Freiheitsstrafe belegen – ich schlage vor: mindestens drei Monate im abgedunkelten Kölner Keller.

PS: Ein einziges technisches Hilfsmittel würde ich durchgehen lassen: die Überwachung der Torlinie. Nicht erst seit dem Tor von Wembley 1966 ist das eine akzeptable und sehr willkommene Hilfe.

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Ingeborg Bachmann – Industries?

Auf der Suche nach Informationen über die Schriftstellerin Ingeborg Bachmann nach dem Namen „Bachmann“ gegoogelt.

Gefunden, in dieser Reihenfolge von oben nach unten: Bachmann Industries Inc. (a Bermuda-registered, Chinese-owned company), Bachmann Group (Premiumanbieter von Design-Steckdosen), Bachmann electronic GmbH (Automatisierung, Netzmessung und-Schutz, Visualisierung und Zustandsüberwachung von Maschinen und Anlagen), Bachmann24.com (Bachmann Steckdosenleisten – Tischanschlußfeld günstig kaufen), Bachmann Trains Online Store (Now that’s the way to run a railroad), Bachmann Bestattungen (in Erzhausen, Langen und Egelsbach), Bachmann Immobilien (Ihr Immobilienmakler für Berlin & Brandenburg) – und dann (endlich!) kommt der Link auf Ingeborg Bachmann, ehe es mit Autohaus Bachmann usw. usf. weitergeht.

So verloren wie in der Googlesuche war Ingeborg Bachmann auch in ihrem Leben. Und ihr Ende in Rom war fürchterlich.

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Möglicherweise vielleicht

Im Tagesspiegel konnte man vor längerer Zeit folgende Meldung lesen:

Der Mann, der am Mittwoch den slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico lebensgefährlich verletzt hat, ist möglicherweise vielleicht doch kein Einzeltäter.

Diesen Satz, der am 20. Mai im Tagesspiegel zu lesen war, kann man sich genau so auch heute noch online zu Gemüte führen. Das liegt möglicherweise vielleicht daran, daß sich vor allem in den Online-Redaktionen – pardon! – kein Schwein mehr um die deutsche Sprache kümmert.

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Der lange Marsch des Feminismus durch die Institutionen: Carola Lentz und das Goethe-Institut

Im November 2020 wurde die Ethnologin Carola Lentz Präsidentin des Goethe-Instituts. In einem Interview mit der Berliner Zeitung, das sie kurz nach ihrer Ernennung gab (hier nachzulesen), wurde sie unter anderem gefragt, ob sie beim Sprechen gendere. Ihre Antwort:

Ich bin da ganz unorthodox. Wir versuchen im Goethe-Institut genderbewusst zu formulieren, und wir haben da viele Möglichkeiten. Manchmal hilft das mit dem Sternchen, manchmal ist es in Texten schrecklich zu lesen. Es kann auch sein, dass man manchmal einfach den weiblichen Plural nimmt. Ich finde das wichtig, und ich freue mich auch sehr, dass ich hier in einer Organisation arbeite, wo wir bis zur zweiten Führungsebene, also der Ebene unter dem Vorstand, in den Führungspositionen einen Frauenanteil von mindestens 50 Prozent haben. Wenn nicht mehr.

Lentz hat das Gendern im Goethe-Institut nicht eingeführt, das ist wohl schon unter ihrem mehr als 12 Jahre amtierenden Vorgänger Klaus-Dieter Lehmann geschehen. Aber wenn man bedenkt, daß es die Aufgabe des Goethe-Institus ist, unsere schöne deutsche Sprache und die deutsche Kultur überall auf der Welt vorzuzeigen und zu fördern, dann sind solche Sätze ein Armutszeugnis. Gerade am Ende zeigt sich, daß es im Grunde gar nicht um Sprache und Kultur geht, sondern um eine doch ziemlich schlichte, arithmetische Version des Feminismus: „Hauptsache Frau!“ – und nicht etwa „Egal, ob Mann oder Frau, Hauptsache klug und gebildet!“

Wenn man sehen will, was inzwischen aus dem Goethe-Institut (nota bene: Goethe ist der Namensgeber dieses Instituts!) geworden ist, welcher kulturelle Verfall jetzt auch diese Institution ergriffen hat, dann genügt ein Blick auf seine Internetseite. Nehmen wir nur einmal Unterrichtsmaterialien wie Gendern im Deutschen (hier herunterzuladen). Da heißt es zum Beispiel:

Viele Nomen für Personen und Berufe im Deutschen haben eine maskuline und eine feminine Form: der Schüler und die Schülerin. Und wenn man alle ansprechen möchte? Früher sagte man dann einfach: ‘’Liebe Schüler’’. Heute ist das nicht mehr so normal.

Und warum ist das „nicht mehr so normal“? Weil eine kleine politisch-ideologische Gruppe, die offensichtlich nur eine bescheidene Kenntnis davon hat, was Sprache überhaupt ist, mit schlechten Argumenten, dafür mit effektiver Netzwerkarbeit und mit der blinden Unterstützung der grünen und linken Parteien, vor allem aber: mit sozialem und psychischem Druck in Redaktionen, Schulen, Universitäten, Betrieben und Stadtverwaltungen ihr Zerstörungswerk an der deutschen Sprache vorantreibt – gegen den Willen der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung. Davon werden Sie aber auf der Seite des Goethe-Instituts nichts finden – statt dessen lesen Sie da so etwas:

Wenn eine Schuldirektorin eine Rede mit „Liebe Jury, liebe Lehrer und Schüler“ beginnt, ist das problematisch. Es ist nicht klar, ob ihre Rede auch für Lehrerinnen oder nicht-binäre Schüler (Schüler_innen) ist. Sie kann aber nach „Schüler“ eine Mini-Pause machen und dann „innen“ sagen. So ist klar: Sie meint Schüler und Lehrer aller Gender. Genderinklusiv ist auch „Liebe Jury, liebe Lehrkräfte, liebe Deutschlernende“ zu sagen. Für diese Worte gibt es keine spezifisch maskuline oder spezifisch feminine Variante. Sie sind für alle Gender.

Also, ich bin jetzt 74 Jahre auf der Welt und habe seither, wie die meisten Menschen, sicher tausend und mehr Gelegenheiten erlebt, wo Menschen mich und andere mündlich oder schriftlich angeredet haben: von „Liebe Schüler!“, „Liebe Mitschüler!“, „Liebe Kommilitonen!“ bis hin zu „Liebe Mitarbeiter!“ usw. Und ich kann an dieser Stelle – notfalls durch eine eidesstattliche Versicherung! – bekräftigen, daß sich niemals Mädchen oder Frauen durch solche Anreden diskriminiert gefühlt haben. Und das nicht etwa, weil sie damals noch naiv und unwissend waren – im Gegenteil: weil sie, anders als die heutigen Aktivisten, zwischen dem grammatischen und dem biologischen Geschlecht noch unterscheiden konnten. Und sie mußten auch nicht erst von irgenwelchen feministischen Grüppchen sichtbar gemacht werden, sie waren sichtbar – und wie!

Carola Lentz verläßt jetzt das Goethe-Institut – und wird natürlich kräftig gelobt, vor allem von Baerbocks Auswärtigem Amt. Sie habe das Institut „umsichtig geführt“, sagt der Leiter der Kulturabteilung. Und weiter: sie habe „die Notwendigkeit einer Transformation erkannt und den Reformprozess im Präsidium aktiv unterstützt, um so das Institut gut für die Zukunft aufzustellen“. Die euphemistisch so genannte „Transformation“ besteht zum Beispiel darin, Institute auszudünnen und zusammenzulegen und ganze Standorte zu schließen, zum Beispiel die in Bordeaux, Genua, Osaka, Rotterdam, Triest, Turin und Washington. (Sind ja auch alles nur kleine, unbedeutende Provinzstädte!)

Frau Lentz hatte als Schwerpunkt ihrer ethnologischen Forschung immer Afrika. Da hätte man doch denken können, daß sie wie eine Löwin um jedes ihrer Institute kämpft!

PS: Daß sich jemand „im Grabe herumdreht“, wenn er sieht, was die Nachfolger mit seinem Erbe machen, ist eine etwas abgegriffene Formel. Aber hier trifft sie sicher zu, denn von 1993 bis 2001 war Hilmar Hoffmann Präsident des Goethe-Instituts, ein hochgebildeter Mann, dem Frankfurt am Main unter anderem sein Museumsufer verdankt. Neben so einem Riesen wirken die Zwerge von heute noch viel kleiner.

Die bisherigen Folgen dieser kleinen Reihe:
Kathrin Kunkel-Razum, Chefin der DUDEN-Redaktion
Katja Thorwarth und die Frankfurter Rundschau
Nina George und das PEN-Zentrum Deutschland
Lena Hornstein und wetter.com
Susanne Baer und das Bundesverfassungsgericht
Johanna Rahner, das Rumgesumse und die katholische Kirche
Ulrike Lembke und die Humboldt-Universität

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Ein Fundstück in den Sudelbüchern

In den Sudelbüchern von Georg Christoph Lichtenberg (1742-99) habe ich den folgenden schönen Gedanken gefunden:

Ein Buch ist ein Spiegel, wenn ein Affe hineinsieht, so kann freilich kein Apostel heraus gucken.

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Kleine Geschichte des Wortes „Neger“ (3)

Folge 1 der kleinen Wortgeschichte finden Sie hier, Folge 2 hier.

Wir wollen, ehe wir ins bürgerliche 19. Jahrhundert zurückkehren, in dieser Folge einen Blick darauf werfen, wie man in der Goethezeit über „Neger“ gedacht und geschrieben hat.

Da geht es sehr häufig um die kontrovers diskutierte Frage, wie die schwarze Hautfarbe entstanden ist. „Berühmte Männer“, schreibt Albrecht von Haller 1772, hätten

die Farbe der Negern einzig und allein vom Sonnenbrande hergeleitet, und es würden auch weiße Menschen in dergleichen Himmelsstriche allmälich in das Schwarze ausarten.
Hierzu könnte noch das Nakktgehen, das Salbeneinreiben, und die grössere Dikke der Oberhaut etwas mit beitragen.

Andere, etwa Justi in seiner Geschichte des Erd-Cörpers (1771), widersprechen:

Die schwarze Farbe ist ihnen wesentlich und von Natur eigen; und wenn sie auch in Europa oder andern gemäßigten Ländern eine lange Zeit und viele Zeugungen hindurch ihren Aufenthalt haben; so verändert sich deshalb nichts an ihrer schwarzen Farbe, sie werden deshalb nicht schwarzgelb, oder endlich gar weiß. Wir sind hiervon nunmehro auf das vollkommenste überzeuget, da die englischen Colonien in dem nordlichen Theil von America, und folglich in einer gemäßigten Himmelsgegend sich nunmehro seit hundert Jahren der Mohren aus Africa, oder der sogenannten Negern, in ihren Pflanzungen als Sclaven bedienen. So lange dieſe Negern sich nur unter einander selbst verheyrathen, und sich nicht mit weißen Menschen vermischen; so bleibet die Farbe ihrer Nachkommen, ohngeachtet ihres veränderten Aufenthalts, in allen folgenden Zeugungen eben so pechschwarz, als sie auf der Küste von Africa waren.

Neben solchen auf Beobachtung beruhenden Meinungen gibt es, wie nicht anders zu erwarten, auch geradezu groteske Beschreibungen dieser für viele offenbar furchterregenden schwarzen Menschen. Der Schweizer Mediziner Albrecht von Haller schreibt etwa 1774:

Die Negers der Goldküste verschlukken Hunde, Kazzen, Elefanten Gedärme und Vögel mit Eingeweide und allem.

Woher solche Meinungen kommen, läßt sich schwerlich nachverfolgen – aus eigener Anschauung sicher nicht, denn die einzige Expedition, die Haller geplant hatte, kam nicht zustande.

Skurril ist auch eine Bemerkung Jean Pauls in Katzenbergers Badereise (1809):

Unsere Zeit bildet uns in Kleidern und Sitten immer mehr den wärmern Zonen an und zu, und folglich auch darin, daß man wenig und nur in Morgen- und Mittagsstunden schläft; sodaß wir uns von den Negern, welche die Nacht kurzweilig vertanzen, in nichts unterscheiden, als in der Länge unserer Weile und unserer Nacht.

Andere lassen ihren dumpfen Vorurteilen freien Lauf. Da ist von den „Wilden und Negers“ die Rede (Ludovici) oder vom „feigen Neger“ (Johann Peter Uz), und „faul“ ist der Neger natürlich auch (Tetens 1777):

Der faule Neger bauet die Erde nicht weiter, als nur um nicht zu verhungern.

Die Hottentotten, so noch einmal Ludovoci, seien „die elendesten und faulsten unter allen Negers, welche die Küste der Caffern bewohnen“. Und die Bewohner der Kapverdischen Inseln, schreibt Georg Forster 1778, seien

häßlich und fast ganz schwarz, haben wollicht krauses Haar und aufgeworfne Lippen, kurz sie sehen wie die häßlichsten Neger aus.

Und ein Pater Charlevoix (Gall 1791) schließlich glaubt zu wissen, daß

die Negern von Guinea sehr beschränkte Geisteskräfte haben; viele unter ihnen schienen vollkommen dumm, es gäbe, die nicht über drey zählen könnten, von selbst dächten sie nichts, hätten kein Gedächtniß, und das Vergangene seye ihnen eben so unbekannt als das Zukünftige.

Man könnte die Reihe der Zitate ins Unendliche verlängern, aber es soll damit sein Bewenden haben. Festhalten kann man aber schon einmal, daß es bei der ersten Begegnung mit Menschen einer anderen Hautfarbe zu den verschiedensten Reaktionen kommen kann. Das reicht vom Versuch einer wissenschaftlichen, scheinbar wertfreien Untersuchung, so als habe man ein neuentdecktes Säugetier auf dem Seziertisch, bis zur herablassenden und gehässigen Beschimpfung von Wesen, denen gegenüber man sich für weit überlegen erachtet. Wirkliche Begegnungen mit dunkelhäutigen Menschen hatte man im Deutschland der Goethezeit freilich kaum, man konnte ihnen allenfalls an Fürstenhöfen begegnen, wo man sie zur Belustigung der Adelsgesellschaft hielt. Das Wissen über den „Neger“ kam deshalb bei uns – anders als in England und Frankreich – meist aus zweiter oder dritter Hand.

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Trigger oder: Warum in mir die Wut entflammt

Kennen Sie Abby Jimenez? Wohl eher nicht. Abby Jimenez lebt, wie ihr deutscher Verlag schreibt (hier nachzulesen)

in Minnesota, USA, und schreibt Romane, die regelmäßig die Bestsellerlisten stürmen. Sie steht auf gute Liebesgeschichten, Kaffee, winzige Hunde und liebt es, nicht das Haus verlassen zu müssen.

Zu ihrem Oeuvre zählen so bedeutende Werke wie Wenn aus Funken Flammen werden oder Wenn in mir die Glut entflammt. In ihrem neuesten Roman Just for the Summer geht es so dramatisch zu, daß sie dem Werk eine Warnung voranstellt:

Lieber Leser,
obwohl es sich bei meinen Büchern ausschließlich um romantische Komödien [im Original: „rom-coms“] handelt, könnten einige Themen in dieser Geschichte für einige Leser ein Auslöser sein [im Original: „may be triggering for some readers“] … Dieses Buch enthält Szenen mit Panikattacken, Angstzuständen, posttraumatischer Belastungsstörung, Depressionen, Darstellungen nicht diagnostizierter psychischer Probleme, einer toxischen Mutter und der Vernachlässigung früherer Kinder.

Wenn ich so eine Warnung lese, dann – und nur dann! – merke auch ich, wie in mir die Glut entflammt. Hier macht sich eine Autorin ganz klein, als habe sie selbst (und nicht eine ihrer Figuren) Angstzustände, und es ist ja wahr, sie hat wirklich Angst, eine begründete Angst, denn hätte sie in diese absurde, lächerliche Warnung nicht eingewilligt, hätte der Verlag – nach allem, was man weiß – das Manuskript nicht angenommen. So wie heute in Deutschland Drehbücher keine Chance mehr haben, wenn nicht mindestens ein Farbiger, eine Transperson oder ein schwules Paar darin vorkommen – denken Sie einmal daran, wenn Sie den nächsten Tatort oder Polizeiruf anschauen. Oft ist der Druck des Verlags oder des Senders auch gar nicht mehr nötig: der vorauseilende Gehorsam und die „Schere im Kopf“ sorgen dafür, daß – scheinbar ganz ohne Zwang – einer Verdächtigen eine lesbische Partnerin oder dem Kommissar eine schwarze Hautfarbe verordnet wird. Der Autor mag am Ende selbst glauben, daß er damit einer kleinen, verfolgten Minderheit zur „Sichtbarkeit“ verholfen hat. In Wirklichkeit ist er nur ein armseliges Werkzeug in der Hand von mächtigen (und sehr effektiven!) Lobbyverbänden – und alle kuschen sie: Verlage, Redaktionen, Sender – und finden sich damit ab, daß dieses große, aber unsichtbare Netz das ganze Land eingesponnen hat.

Aber man kann etwas tun! Wenn wieder einmal in einer Krimiserie ein alter, weißer Kommissar nach seiner Pensionierung durch eine junge, farbige und möglichst auch lesbische Frau ersetzt wird, dann schreiben Sie dem Sender, was Sie davon halten. Auch wenn es nicht viel ändern wird, wenigstens merken die Verantwortlichen dann, daß sie durchschaut sind. Das Publikum, das begreifen sie dann vielleicht: es merkt die Absicht, und es ist verstimmt.

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Martin Walser und die schwarzen Raben

Ich habe ein zwiespältiges Verhältnis zu Walsers Romanen, aber ein Zitat des Dichters aus dem Jahr 1994, das ich kürzlich in einem Zeitungsartikel entdeckt habe, zeigt, wie sprachmächtig er war:

Von gelegentlichen Besuchen in deutschen Feuilleton-Quartieren weiß ich, daß man in diesen Räumen da, wo wir Vorhänge haben, Schwärme schwarzer Raben hin und herfliegen läßt, um das im Übrigen glänzende Dasein ein bißchen eindüstern zu können.

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Günther: Von Merkel lernen heißt siegen lernen

Das ist natürlich etwas frei übersetzt. Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Daniel Günther (CDU), sagte in einem Interview mit der Funke Mediengruppe, die CDU müsse sich stärker an der Politik der früheren Bundeskanzlerin Merkel orientieren. Ihr Kurs sei ein „Erfolgsrezept“ gewesen. Angela Merkel fehle der Politik insgesamt, sagte er. Er habe bei ihr immer bewundert, wie sie Probleme löse.

Sie ist als Naturwissenschaftlerin die Dinge immer sehr strukturiert angegangen, sie weiß, wie man Lösungsschritte plant.

Es fällt schwer, jemandem geistige Gesundheit zu bescheinigen, der so etwas sagt. Aber die beiden Herren, Wüst und Günther, sind natürlich bei Sinnen, sie wissen auch genau, was sie sagen. Mit einer bürgerlich-konservativen Wende, die unser Land nach den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verwüstungen durch Rot-Grün – und der katastrophalen „Energiewende“ ihrer Naturwisenschaftlerin! – so dringend braucht, haben sie nichts am Hut. Sie träumen nicht nur von Schwarz-Grün, sie posaunen ihre Sehnsucht nach dieser Traumkoalition jetzt schon in die Welt hinaus. Das ist – mit Verlaub – das Allerdümmste, was man tun kann.

Da ist der persönliche Ehrgeiz wohl größer als der politische Verstand.

PS: Sehen Sie sich doch einmal den „Zukunftsvertrag für Nordrhein-Westfalen“ an, den Wüsts CDU mit den Grünen 2022 vereinbart hat. Er liest sich über weite Strecken wie ein Aktionsprogramm grün-linker Aktivisten. Von CDU ist da kaum etwas zu spüren – es ist eine einzige (und peinliche) Unterwerfung der CDU unter die staubige, verbrauchte grüne Ideologie. Da sieht man aufs Schönste, was uns blüht, wenn sich der Merkel-Flügel der CDU durchsetzt.

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Der Hessische Rundfunk im Kampf mit der deutschen Sprache

Daniel Schmitt ist Redakteur beim Hessischen Rundfunk (Schwerpunkt Fußball). Seinem Artikel über die Abwehrschwäche der Eintracht gibt er (hier nachzulesen) folgende Überschrift:

Schon jetzt mehr Gegentore als in der Hinrunde
Eintracht-Abwehr: Wenn der Schlendrian Einzug erhält

Und – merken Sie etwas? Ich hoffe es für Sie!

So eine Überschrift wird beim Hessischen Rundfunk einfach durchgewinkt. Wetten, daß ein generisches Maskulinum oder eine fehlende Doppelform auf der Stelle bemerkt und korrigiert worden wäre?

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