Figur Jesus

Die Frankfurter Rundschau, die vor einigen Jahrzehnten noch eine wirklich gute Zeitung war, ist inzwischen leider ziemlich heruntergekommen: linientreu links, ohne die Liberalität, die ihr von Karl Gerold in die Wiege gelegt wurde, und oft in einer Sprache geschrieben, die man früher nicht einmal einem Volontär hätte durchgehen lassen. Vom furchtbaren Gendern ganz abgesehen.

Aber eines muß man dem Blatt lassen: hin und wieder gibt es dem Leser hilfreiche Erläuterungen. So in einem Artikel über evangelikale Christen in den USA (hier nachzulesen). Allen, die es nicht wissen, erklärt die FR, wer Jesus war:

eine zentrale Figur der christlichen Religion.

Danke, Frankfurter Rundschau! Besser und sensibler hätte man es nicht ausdrücken können.

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„X (formerly Twitter)“

So liest man es jetzt überall, und auch in der Benachrichtigungsleiste des Handys taucht jetzt statt eines zwitschernden Vögelchens ein häßliches X auf. Warum? Weil Elon Musk es so will.

Er hat schließlich nicht 44 Milliarden US-Dollar für Twitter hingeblättert, um dann alles so zu lassen, wie es war. Er entläßt also das ganze Management, holt dann einen Teil des Personals wieder zurück und ersetzt schließlich den (schönen) Namen „Twitter“ durch ein dummes, nichtssagendes „X“. Außerdem kündigt er an, demnächst die Republikaner zu wählen, weil die demokratische Partei zu einer „Partei der Spaltung und des Hasses“ geworden sei. (Die Republikaner kennen Haß und Spaltung natürlich überhaupt nicht, die sind ja sooo lieb!).

Aber darum geht es nicht. Es geht darum, daß ein einzelner Mann eine solche Machtfülle hat, daß er mit den Schicksalen von Zehntausenden Menschen spielen kann. Und während andere Milliardäre der Branche – Bill Gates, Mark Zuckerberg usw. – bei aller zurecht auch ihnen entgegengebrachten Skepsis einigermaßen berechenbar sind, kann ein so erratischer Kopf wie Musk viel Unheil anrichten. Auch das Tesla-Werk in Grünheide wird davon nicht verschont werden. Es genügt schon, daß er einmal schlecht geschlafen hat (oder daß er sich über die deutschen Umweltgesetze geärgert hat), und er würde, ohne mit der Wimper zu zucken, seine Fabrik aufgeben und in einem anderen Land wieder aufbauen.

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Sascha Lobo, zerbrochene Männer und eine Kolumne, die zu hoch für mich ist

Sascha Lobo, der 2010 auf einer „Liste der peinlichsten Berliner“ den siebten Platz errungen hat, berauscht sich gern an seinen eigenen Wörtern (er war halt lange Werbetexter, das prägt). Früher waren das etwa der „Latenznazi“ oder die „digitale Bohème“, inzwischen hat es ihm die „konservative Fragilität“ angetan. In seiner Kolumne im SPIEGEL („Wenn Gendern stärker polarisiert als rechtsextreme Politik“) verwendet er den Ausdruck in dem kurzen Text zehn (!) Mal, dazu kommt er noch in anderen Zusammensetzungen („die fragilen Konservativen“ o.ä.) vor.

Was Lobo damit meint, habe ich auch nach mehrfachem Lesen nicht begriffen.

„Am Anfang war das Wort“, heißt es im Johannes-Evangelium, und womöglich trifft das auch auf die Entstehungsgeschichte von Lobos Artikel zu. „Fragilität“ ist ja in aller Munde, es findet ein wahrer Wettbewerb statt, jeder möchte der Fragilste sein, selbst Männern wird – wenn auch ohne durchschlagenden Erfolg – nahegelegt, ihre Zerbrechlichkeit öffentlich einzugestehen. „Soft“ nannte man das in den Sechzigern, als man den kleinen Mädchen Baukästen und den Jungs Puppen schenkte, weil schon damals die schlichteren Gemüter glaubten, das Geschlecht sei nur ein soziales Konstrukt. Und „konservativ“? Ist auch in aller Munde, aber angesichts des herrschenden Zeitgeistes meist herabsetzend gemeint.

Jetzt stelle ich mir folgende Szene vor: Sascha Lobo sitzt daheim an seinem Laptop, um eine Kolumne zu schreiben, es fällt ihm aber nichts ein. Er denkt nach, läßt alte und neue Szenewörter Revue passieren – und hat plötzlich einen Gedankenblitz: was, wenn man konservativ und fragil zu einem Ausdruck verbindet? Konservative Fragilität! Das ist zwar völlig sinnfrei – aber es klingt wunderbar intellektuell. Lobo freut sich – „könnte fast von Richard David Precht sein“, denkt er im Stillen. Dann fügt er noch ein paar aktuelle Reizwörter hinzu, „gendern“ zum Beispiel (das muß natürlich in die Überschrift!), „rechtsextrem“, „konservative Sprachpolizei“ – und natürlich die „Brandmauer“. Das wird dann alles zu einer dünnen, wässrigen Melange zusammengemischt – ist aber für den SPIEGEL allemal noch gut genug.

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„Wegner muß weg!“

Mit diesem Ruf haben kleine Gruppen beim Christopher Street Day die Rede des Regierenden Bürgermeisters von Berlin immer wieder gestört.

Ach, liebe Störerinnen und Störer, das könnte Euch so passen. Aber in diesem Land muß niemand weg – schon gar nicht der von den Berlinern gewählte Regierende Bürgermeister, der einen Augiasstall ausmisten muß.

Minderheiten, auch sehr kleine, werden in einer Demokratie geschützt, aber die Entscheidung des Wählers haben sie gefälligst zu respektieren – auch wenn ihre Lobby noch so lautstark ist.

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Die Kleberin und der Buddhismus

Gerade gelesen, daß Miriam Meyer, eine der eifrigsten Klimakleberinnen – sie war auch vor ein paar Tagen beim Einbruch in den Hamburger Flughafen wieder dabei – vor ihrer Karriere als Aktivistin Buddhismus studiert hat.

Also, der Buddhismus ist auch nicht mehr das, was er mal war.

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Alles so schön weiblich! Ein paar Bemerkungen zum Robert-Gernhardt-Preis

Man hätte es sich denken können: der Robert-Gernhardt-Preis, den seine Stifter und die Jury natürlich ohne Bindestrich (und damit falsch) schreiben, wird dieses Jahr an zwei Frauen vergeben: Ulrike Almut Sandig und Leona Stahlmann. Die grüne hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Angela Dorn, die sich mit dem 2013 in einem Interview geäußerten Satz „Wälder brauchen Windräder“ als Vertreterin des credo quia absurdum geoutet hat, ist von der Wahl der beiden Autorinnen begeistert (ihr Ministerium war ja auch in der Jury „beratend“ tätig):

Beide Frauen präsentieren uns den weiblichen Blick auf die Herausforderungen unserer Zeit, von der Klimakrise bis zur gesellschaftlichen Spaltung.

Na, da haben wir ja wieder die ganze grüne Gemischtwarenhandlung – vom weiblichen Blick bis zum Klima. Nur die Diversität fehlt noch – aber nein, ich lese gerade in der Wikipedia über Leona Stahlmann: „Sie setzt sich für sexuelle Diversität ein.“ Also doch. Diversität auch abgehakt. Der Bezug zu Hessen in Leben oder Werk, der Voraussetzung für die Gewährung des Preises ist, bleibt auch ziemlich im Dunkeln. Eine der beiden Preisträgerinnen ist in Hessen geboren, lebt aber am Staffelsee, die andere stammt aus Dresden, wohnt in Berlin und schreibt über eine „postsowjetische Großstadt“. Hessen?

Eine Voraussetzung, die nicht einmal erwähnt (geschweige denn verlangt) wird, ist der Bezug zu dem Namensgeber des Preises, Robert Gernhardt. Auf ihn trifft die Floskel „zu früh gestorben“ zu, die oft nur so dahingesprochen wird: Gernhardt ist wirklich zu früh, viel zu früh gestorben. Ich habe ihn schon in den 70er Jahren ins Herz geschlossen, aber wenn ich mir die Liste der Preisträger des Robert-Gernhardt-Preises anschaue, so frage ich mich schon, was sie mit dem Namensgeber verbindet. Vermutlich in vielen Fällen – nichts, zumal die allermeisten Preisträger mit dem Preisgeld ein „Romanprojekt“ voranbringen wollen. So mancher Dankesrede ist am Ende anzumerken, daß da jemand verzweifelt versucht, kurz vor der Preisverleihung aus Höflichkeit noch einen Bezug zum Namensgeber zu (er)finden.

Was aber den weiblichen Blick betrifft, so gebe ich folgendes zu bedenken. Natürlich sehen Frauen die Welt ein bißchen anders als Männer, und Männer sehen die Welt ein bißchen anders als Frauen. Das ist aber kein Problem – im Gegenteil: es macht doch die Spannung, die Reibung zwischen den Geschlechtern aus, die das Leben erst lebenswert macht!

Viel wichtiger ist, daß man den menschlichen Blick auf die Welt behält. Wenn man einmal von allem absieht, was spezifisch männlich oder spezifisch weiblich ist, dann bleibt mit dem Humanum immer noch so viel Gemeinsamkeit, daß man damit Berge versetzen kann. Und wenn dann die Ideologen kommen und Schwarze auf Weiße, Junge auf Alte und Frauen auf Männer hetzen möchten,

dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

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„Im Deutsche Bank Park“

In einem Bericht über das Konzert von Harry Styles in Frankfurt liest man in der Frankfurter Neuen Presse folgendes:

Am 5. und 6. Juli wird der Superstar der Popwelt im Deutsche Bank Park tausende Fans begeistern.

Harry Styles im Deutsche Bank Park: Gespannte Aufregung vor Konzert.

Auch am Donnerstag rockt das Popidol die Bühne im Deutsche Bank Park.

Schon am Morgen tummeln sich Hunderte Fans am Deutsche Bank Park.

Am Deutsche Bank Park geht es in diesem Sommer hoch her.

Während einer emotionalen Performance erleuchteten tausende Taschenlampen den Deutsche Bank Park.

„Im Deutsche Bank Park“ – wie kann ein Journalist ein so grottenschlechtes Deutsch schreiben! Wenn schon die Banker – ganz anders als die alten Bankiers – kulturlose Geld-Wesen sind, müssen denn Journalisten diese mit viel Geld gekauften, protzigen und sprachlich lächerlichen Namen nachplappern? Das Frankfurter Traditionsstadion heißt Waldstadion, basta! Oder haben Sie schon einmal gehört, daß jemand seinen Kollegen fragt: „Gehste am Samstag mit in den Deutsche Bank Park?“

Wenn man einmal die Stadionnamen der EM 2024 betrachtet, sieht man, daß wir es nicht nur mit einem Frankfurter Problem zu tun haben:

Olympiastadion Berlin
Allianz Arena München
Rheinenergie Stadion Köln
Deutsche Bank Park Frankfurt
Volksparkstadion Hamburg
Signal Iduna Park Dortmund
Veltins Arena Gelsenkirchen
Red Bull Arena Leipzig
Mercedes-Benz Arena Stuttgart
Merkur Spiel-Arena Düsseldorf.

Nur zwei Stadien haben sympathischerweise ihre alten Namen gerettet – das (denkmalgeschützte) Olympiastadion in Berlin und das Volksparkstadion in Hamburg.

Übrigens haben die beiden Begriffe Sponsor und Mäzen nichts, aber auch gar nichts miteinander zu tun. Der Sponsor glaubt, daß er mit seinem Geld alles kaufen kann; er will seinen Namen überall im Land in möglichst großen Buchstaben sehen. Dem Mäzen geht es um eine Sache, die ihm am Herzen liegt. Er hilft im Stillen und scheut die Öffentlichkeit. Gerade in Frankfurt hat das Mäzenatentum eine große Tradition: Zoo, Palmengarten, Oper, Universität, Senckenbergmuseum, Bürgerhospital – alles geht hier auf Bürgerstiftungen zurück. Und diese Tradition wird bis heute weitergeführt, zum Beispiel von der Bankiersfamilie Metzler. Man tut Gutes und spricht nicht darüber.

Die Deutsche Bank mag sich ihren albernen Namen kaufen, aber muß ihn denn eine Frankfurter Zeitung in einem einzigen Artikel gleich sechsmal oder öfter verwenden?

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Versuchsteilnehmende, Versuchsleitende und Studierende mit ihre:n Partner:innen

Ein schönes Beispiel für feministisches Dummdeutsch in seiner schlimmsten Ausprägung liefert gerade die Frauenzeitschrift Brigitte:

Die Versuchsteilnehmenden, in diesem Fall Studierende, sollten in wechselnden Paaren mehrere Denkaufgaben lösen. Einem Teil der Studierenden sagten die Versuchsleitenden, dass sie allein aufgrund ihrer Leistung beurteilt würden, also aufgrund der Richtigkeit ihrer Lösungen. Der andere Teil bekam die Ansage, dass entscheidend sei, welchen Eindruck sie auf ihre:n Partner:in machten.

Und eine „Live Umfrage“ (natürlich ohne Bindestrich!) mitten im Artikel fragt:

Fremdknutschen: Würdest du es deiner:m Partner:in verzeihen?

Ja, so steht es wirklich da – „deiner:m Partner:in“!

Mein Gott, das war einmal eine ganz normale Zeitschrift, deren Redakteure – errinnern Sie sich? – jahrzehntelang ein ganz normales Deutsch geschrieben haben. Und jetzt so ein hanebüchener Unsinn, der nicht mehr lesbar ist und die verhunzte deutsche Sprache zum Gespött der ganzen Welt macht.

Ich schäme mich für solche „Journalisten“.

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Jetzt ist der liebe Gott auch noch queer!

„Brüder, überm Sternenzelt“, heißt es in Schillers Lied „An die Freude“,

muß ein guter Vater wohnen.

Ein guter Vater? Womöglich gar ein alter weißer Mann? Also, das geht ja nun gar nicht! Deshalb sagte also ein evangelischer Pfarrer namens Quinton Ceasar auf dem Abschlußgottesdienst des evangelischen Kirchentags kategorisch:

Gott ist queer.

Und er wundert sich über die „Haßbotschaften“ im Internet!

Ach, lieber Herr Ceasar, vielleicht sollten Sie sich eher darüber wundern, daß nicht noch viel mehr Protestanten ihre Kirche verlassen. Aber gemach, das kommt noch!

Eine Kirche, die keinerlei theologische Substanz mehr hat, jedem dummen Zeitgeist hinterherläuft und dann auch noch Gott in ihre Begeisterung für sexuelle Minderheiten hineinzerrt, hat keine Zukunft.

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„Neue Brüste, neue Liebe!“

Das liest man heute in den Google News. Ich überlege gerade, welche rhetorische Figur sich in dieser Überschrift versteckt: ein Parallelismus? Wer alt genug ist, erinnert sich beim Lesen vielleicht auch an den Schlager von Jürgen Marcus: „Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben“. Aber da fehlen die Brüste!

Der Link auf den Google News führt den neugierigen Leser natürlich – zur Bildzeitung. Und die verkündet einen wichtigen Satz von Daniela Katzenberger:

Ich freue mich, daß Mama neue Brüste bekommt.

In so einem Satz verdichtet sich geradezu unser wunderbares Zeitalter. Nicht nur, daß die Mama neue Brüste bekommt – nein, ihre Tochter schreit es in die ganze Welt hinaus:

Meine Mama bekommt neue Brüste.

Natürlich wirft so eine Überschrift auch Fragen auf. Wenn die Mama neue Brüste bekommt, was macht sie dann mit den alten?

Aber wir wollen in einer so delikaten Angelegenheit nicht allzusehr ins Detail gehen.

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