Die Dragqueens samt Bacchus beim letzten Abendmahl – dumm und geschmacklos

Es war eine von Dutzenden von Szenen bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Paris, und manchem wird sie in dem Allerlei gar nicht aufgefallen sein. Auch ich bin erst durch die Kritik der Kirchen auf sie aufmerksam geworden.

Da wird also, wie die Kritiker sagen, das letzte Abendmahl nachgestellt, aber die Szene ist doch eher bevölkert mit allem, was die queere Regenbogenszene hergibt: neben Bacchus eine sehr dicke Frau, ein Transgender-Model, merkwürdige Figuren, wohin man schaut – also ein Gruselkabinett, eine Art Freakshow, wie die Neue Zürcher Zeitung diese Szene zurecht nennt. Soll man sich jetzt darüber furchtbar aufregen? Eher nicht. Es ist einfach nur der schlechte Geschmack, wie man ihn von Regisseuren, bildenden Künstlern, Architekten und Eventmanagern immer öfter serviert bekommt – und natürlich ist es die mit Sexualität aufgheladene Ideologie, die mit tatkräftiger Unterstützung eines bestimmten politischen Lagers inzwischen in alle Bereiche des Lebens – wie ein Gift! – eingesickert ist. Was uns da laut und schrill anbrüllt, ist eher deshalb so ärgerlich, weil es alle Maßstäbe in der Kunst außer Kraft setzt.

Mario Vargas Llosa hat das in seinem (höchst lesenswerten!) kulturkritischen Buch „Alles Boulevard – Wer seine Kultur verliert, verliert sich selbst“ so formuliert:

Zu allen Zeiten gab es Gebildete und Ungebildete und zwischen den beiden Polen Menschen, die leidlich gebildet waren oder leidlich ungebildet, und diese Zuordnungen waren recht klar.

Heute ist das alles anders. Der Kulturbegriff wird derart weit gefasst, dass die Kultur sich verflüchtigt hat. Sie ist zu einem ungreifbaren Phantom geworden, einer bloßen Metapher. Denn kein Mensch ist mehr gebildet, wenn alle es zu sein glauben oder wenn der Inhalt dessen, was wir Kultur nennen, so verwässert ist, dass alle mit gutem Recht davon ausgehen können, dass sie gebildet sind.

Aber wer wie ich fast ein Dreivierteljahrhundert sehenden (und oft staunenden!) Auges auf der Welt ist, weiß zweierlei: erstens wird es Menschen mit schlechtem Geschmack (und auch richtig abscheuliche, böse, niederträchtige Menschen!) immer geben. Ob das jetzt mit der nicht ganz geglückten Schöpfung, dem freien Willen oder der Evolution zusammenhängt, tut nichts dazu. Zweitens: es ist alles endlich, alles ist einmal gekommen und wieder vergangen: die Dumpfheit der Adenauerzeit, die Sechziger mit ihrer Aufbruchsstimmung und ihrer wunderbaren, unerhörten Musik, die ein Geschenk der Geschichte (oder gar der Götter?) war, dann die Arroganz und Verbohrtheit der Achtundsechziger, der Niedergang der Jugendkultur in die Oberflächlichkeit von Markenkleidung und Kommerzmusik – bis hin zu den offfenbar nur noch am Sexuellen interessierten pressure groups unserer Tage, denen man nach ihrem (hoffentlich baldigen!) Abgang keine Träne nachweinen wird.

Und das ist vielleicht das Schönste und Wertvollste am Alter, daß man nicht nur die eigene Vergänglichkeit immer vor Augen hat, sondern auch das Dahinschwinden all der dummen Moden und Lächerlichkeiten, die sich selbst natürlich ungeheuer ernst nehmen.

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