Zur Geschichte des Wortes „Neger“ gibt es eine Vorgeschichte, und damit wollen wir beginnen. Die alten Römer nannten nämlich die Farbigen, mit denen sie zuerst in Kontakt kamen, nach ihrer Herkunft „Aethiopes“ oder „Afri“. Dieser Begriff bezeichnete bei ihnen bald alle Menschen mit schwarzer Hautfarbe. Man nannte sie auch „atrae gentes“, also schwarze Völker. Im Althochdeutschen tauchte dafür im 8. Jahrhundert der Begriff „mor“, also „Mohr“ auf, mit dem man zunächst nur die dunkelhäutigen Bewohner Nordafrikas und die in Spanien eingefallenen Mauren, danach aber alle Schwarzafrikaner bezeichnete.
Das Wort „Neger“ war also im Deutschen bis weit ins 18. Jahrhundert hinein fast unbekannt. Erst in Johann Christoph Adelungs Grammatisch-kritischem Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, dessen Auflage letzter Hand zwischen 1793 und 1801 erschienen ist, taucht es auf, zuerst unter dem Stichwort „Der Mohr“:
Der Mohr
des -en, plur. die -en, Fämin. die Mohrinn, ehedem Möhrinn.1. Eigentlich, ein Einwohner des ehemahligen Mauritaniens, wegen der braunen oder bräunlich gelben Gesichtsfarbe; aus dem Lat. und Griech. Maurus. Nachdem diese aus Afrika in das westliche Europa eingefallen waren und sich daselbst fest gesetzet hatten, nannte man erst diese, und hernach in den spätern Zeiten nicht nur alle Muhamedaner in dem südlichen Theile Asiens und auf den Küsten und Inseln des Indischen Meeres, sondern auch die braunen Äthiopier wegen dieser ihrer Gesichtsfarbe Mohren. Die letztern kommen unter diesem Nahmen in der Deutschen Bibel mehrmahls vor. Wegen der großen Zweydeutigkeit dieses Wortes hat man in den neuern Zeiten angefangen, die Einwohner des ehemahligen Mauritaniens, oder die gesittetern nördlichen Afrikaner Mauren zu nennen, um sie von den Mohren in der folgenden Bedeutung zu unterscheiden; die Muhamedaner in dem südlichen Asien aber, welche größten Theils Araber von Herkunft sind, nennet man richtiger Muhamedaner, ungeachtet sie in vielen Reisebeschreibungen noch immer den Nahmen der Mohren führen.
2. Ein Mensch von ganz schwarzer Gesichtsfarbe mit krausen wolligen Haaren und dicken aufgeworfenen Lippen, dergleichen die Bewohner des südlichern Afrika, am Senegal, in Neu-Guinea und Congo, die Einwohner von Monomotapa, Malabar, Malakka und einigen südlichen Inseln sind: welche auch unter dem Nahmen der Schwarzen oder Negern bekannt sind. Besonders pflegt man einen solchen ganz schwarzen Afrikaner, welchen vornehme Herren zu ihrer Bedienung halten, einen Mohren zu nennen.
An anderer Stelle steht bei Adelung dann ein eigener, aber kleinerer Artikel über das Wort „Neger“:
Der Neger
des -s, plur. die -n, Fämin, die Negerinn, aus dem Franz. Negre, und dieß von dem Latein. niger, eine Benennung, welche man heut zu Tage den Einwohnern des südlichen Afrika wegen ihrer völlig schwarzen Gesichtsfarbe zu geben pflegt, und die daher auch wohl die Schwarzen genannt werden.
„Heut zu Tage“, schreibt Adelung – das Wort war also noch relativ neu. Aber wie ist es nach Deutschland gekommen? „Schwarz“ heißt lateinisch „niger“, und aus dem Lateinischen ist das Wort in fast alle romanischen Sprachen übergegangen. Im Spanischen heißt es „negro“, im Italienischen „nero“, im Rumänischen „negru“ und auf Katalanisch „negre“. Und im Französischen heißt schwarz zwar „noir“, aber einen dunkelhäutigen Menschen nannte man „nègre“. Französisch, das muß man wissen, war damals in Europa nicht nur die Sprache der Diplomatie, es war auch die Sprache der Kultur. In den gebildeten Schichten sprach man Französisch – auch in Deutschland. Da ist es kein Wunder, daß neben vielen anderen Wörtern auch „nègre“ als leicht veerändertes Lehnwort in die deutsche Sprache aufgenommen wurde.
Fortsetzung folgt!