Trigger oder: Warum in mir die Wut entflammt

Kennen Sie Abby Jimenez? Wohl eher nicht. Abby Jimenez lebt, wie ihr deutscher Verlag schreibt (hier nachzulesen)

in Minnesota, USA, und schreibt Romane, die regelmäßig die Bestsellerlisten stürmen. Sie steht auf gute Liebesgeschichten, Kaffee, winzige Hunde und liebt es, nicht das Haus verlassen zu müssen.

Zu ihrem Oeuvre zählen so bedeutende Werke wie Wenn aus Funken Flammen werden oder Wenn in mir die Glut entflammt. In ihrem neuesten Roman Just for the Summer geht es so dramatisch zu, daß sie dem Werk eine Warnung voranstellt:

Lieber Leser,
obwohl es sich bei meinen Büchern ausschließlich um romantische Komödien [im Original: „rom-coms“] handelt, könnten einige Themen in dieser Geschichte für einige Leser ein Auslöser sein [im Original: „may be triggering for some readers“] … Dieses Buch enthält Szenen mit Panikattacken, Angstzuständen, posttraumatischer Belastungsstörung, Depressionen, Darstellungen nicht diagnostizierter psychischer Probleme, einer toxischen Mutter und der Vernachlässigung früherer Kinder.

Wenn ich so eine Warnung lese, dann – und nur dann! – merke auch ich, wie in mir die Glut entflammt. Hier macht sich eine Autorin ganz klein, als habe sie selbst (und nicht eine ihrer Figuren) Angstzustände, und es ist ja wahr, sie hat wirklich Angst, eine begründete Angst, denn hätte sie in diese absurde, lächerliche Warnung nicht eingewilligt, hätte der Verlag – nach allem, was man weiß – das Manuskript nicht angenommen. So wie heute in Deutschland Drehbücher keine Chance mehr haben, wenn nicht mindestens ein Farbiger, eine Transperson oder ein schwules Paar darin vorkommen – denken Sie einmal daran, wenn Sie den nächsten Tatort oder Polizeiruf anschauen. Oft ist der Druck des Verlags oder des Senders auch gar nicht mehr nötig: der vorauseilende Gehorsam und die „Schere im Kopf“ sorgen dafür, daß – scheinbar ganz ohne Zwang – einer Verdächtigen eine lesbische Partnerin oder dem Kommissar eine schwarze Hautfarbe verordnet wird. Der Autor mag am Ende selbst glauben, daß er damit einer kleinen, verfolgten Minderheit zur „Sichtbarkeit“ verholfen hat. In Wirklichkeit ist er nur ein armseliges Werkzeug in der Hand von mächtigen (und sehr effektiven!) Lobbyverbänden – und alle kuschen sie: Verlage, Redaktionen, Sender – und finden sich damit ab, daß dieses große, aber unsichtbare Netz das ganze Land eingesponnen hat.

Aber man kann etwas tun! Wenn wieder einmal in einer Krimiserie ein alter, weißer Kommissar nach seiner Pensionierung durch eine junge, farbige und möglichst auch lesbische Frau ersetzt wird, dann schreiben Sie dem Sender, was Sie davon halten. Auch wenn es nicht viel ändern wird, wenigstens merken die Verantwortlichen dann, daß sie durchschaut sind. Das Publikum, das begreifen sie dann vielleicht: es merkt die Absicht, und es ist verstimmt.

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