Schmerzen, Quaalen und ein Philosoph

Ich habe schon lange nicht mehr über jenen Philosophen berichtet, der mir der liebste ist: Arthur Schopenhauer. Er ist mir vor allem durch die kristallene Klarheit seiner Sprache ans Herz gewachsen – nur Kant ist ihm unter den deutschen Philosophen darin ebenbürtig. Aber hören wir einmal, was er selbst sagt (in seinem Hauptwerk Die Welt als Wille und Vorstellung):

Wenn man Jedem die entsetzlichen Schmerzen und Quaalen, denen sein Leben beständig offen steht, vor die Augen bringen wollte; so würde ihn Grausen ergreifen: und wenn man den verstocktesten Optimisten durch die Krankenhospitäler, Lazarethe und chirurgische Marterkammern, durch die Gefängnisse, Folterkammern und Sklavenställe, über Schlachtfelder und Gerichtsstätten führen, dann alle die finstern Behausungen des Elends, wo es sich vor den Blicken kalter Neugier verkriecht, ihm öffnen und zum Schluß ihn in den Hungerthurm des Ugolino blicken lassen wollte; so würde sicherlich auch er zuletzt einsehn, welcher Art dieser meilleur des mondes possibles ist. Woher denn anders hat Dante den Stoff zu seiner Hölle genommen, als aus dieser unserer wirklichen Welt? Und doch ist es eine recht ordentliche Hölle geworden. Hingegen als er an die Aufgabe kam, den Himmel und seine Freuden zu schildern, da hatte er eine unüberwindliche Schwierigkeit vor sich; weil eben unsere Welt gar keine Materialien zu so etwas darbietet.

Er sei ein Philosoph des Pessimismus, hat man oft gesagt, aber das stimmt nicht. Er hat nur keinerlei Rücksicht auf den Geist seiner Zeit genommen – schon gar nicht auf den seichten Optimismus des damaligen Christentums. Ich kann nur jedem empfehlen, ihn im Original zu lesen, gute und preiswerte Ausgaben gibt es genug. Nur bitte nicht für wahr halten, was in Philosophiegeschichten u.ä. über ihn geschrieben wird – da wimmelt es nur so von Fehlern, Einseitigkeiten und Entstellungen. Was Schopenhauer über die Kantlektüre schreibt, das gilt auch für ihn selbst, und jeder unbefangene Leser kann diese Erfahrung machen: daß Kant nämlich wie Schopenhauer

ins Besondere geht, und zwar in einer Weise, die weder Vorbild noch Nachbild kennt und eine ganz eigenthümliche, man möchte sagen unmittelbare Wirkung auf den Geist hat, in Folge welcher dieser eine gründliche Enttäuschung erleidet und fortan alle Dinge in einem andern Lichte erblickt.

Dann ist man auch gefeit davor, daß man

seine Zeit mit den Philosophemen gewöhnlicher, also unberufener Köpfe, oder gar windbeutelnder Sophisten, die man ihm unverantwortlicherweise anpries, vergeudet hat. Daher die Verworrenheit in den ersten Begriffen und überhaupt das unsäglich Rohe und Plumpe, welches aus der Hülle der Pretiosität und Prätensiosität, in den eigenen philosophischen Versuchen des so erzogenen Geschlechts, hervorsieht. Aber in einem heillosen Irrthum ist Der befangen, welcher vermeint, er könne Kants Philosophie aus den Darstellungen Anderer davon kennen lernen. Vielmehr muß ich vor dergleichen Relationen, zumal aus neuerer Zeit, ernstlich warnen. (…) Wie sollten auch die schon in frischer Jugend durch den Unsinn der Hegelei verrenkten und verdorbenen Köpfe noch fähig seyn, Kants tiefsinnigen Untersuchungen zu folgen? Sie sind früh gewöhnt, den hohlsten Wortkram für philosophische Gedanken, die armsäligsten Sophismen für Scharfsinn, und läppischen Aberwitz für Dialektik zu halten, und durch das Aufnehmen rasender Wortzusammenstellungen, bei denen etwas zu denken der Geist sich vergeblich martert und erschöpft, sind ihre Köpfe desorganisirt.

Schopenhauer ist ein Philosoph, der auch da, wo er irrt oder von Vorurteilen getrieben wird, im höchsten Maße lesenswert ist. Ein andermal vielleicht mehr über ihn.

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Der lange Marsch des Feminismus durch die Institutionen (1): Kathrin Kunkel-Razum, Chefin der DUDEN-Redaktion

Der „lange Marsch durch die Institutionen“, den Rudi Dutschke 1967 den revolutionären Studenten ans Herz gelegt hat, war ein Fehlschlag; nur ein paar Rechtspopulisten glauben heute noch an seinen Erfolg. Die meisten Revoluzzer von damals sind gute, oft sogar konservative Bürger geworden, die radikaleren unter ihnen haben sich allenfalls bei den Grünen eingeschrieben.

Den Marsch durch die Institutionen haben sich inzwischen ganz andere vorgenommen, und mit viel größerem Erfolg: die feministischen Netzwerke. Zuerst kaum beachtet und eher als unbedeutende Randgruppe belächelt, sind sie langsam in Universitäten, Verwaltungen und Parteien eingesickert und haben inzwischen viele Machtpositionen erobert. Eine davon ist der Chefredaktion im Hause Duden. Dort residiert seit 2016 Kathrin Kunkel-Razum. Sie hat sich von Anfang an darum bemüht, das Gendern in der Dudenredaktion durchzusetzen. Schon ein Jahr nach ihrer Ernennung hat der Duden den Ratgeber „Richtig gendern“ veröffentlicht. Und in einem Interview mit dem Spiegel warb sie 2018 für das Gendersternchen, und zwar ausdrücklich mit Hinweis auf die Genderideologie:

Es bildet mehr als zwei Geschlechter ab und löst damit die Binarität auf. Deshalb ist es meiner Interpretation nach auch populär geworden. Das macht das Binnen-I zum Beispiel nicht, da sind bloß zwei Geschlechtskategorien enthalten.

„Bloß zwei Geschlechtskategorien“ – der normale Genderquark also. Ist da in der Dudenredaktion niemand hellhörig geworden? Oder war da jeder Widerstand, womöglich durch eine kluge Personalpolitik, schon unmöglich geworden?

Jeder weiß, wie wichtig Sprache ist: Wir drücken unsere Persönlichkeit darüber aus und unsere Welt. Und dann kommt vermeintlich jemand und sagt: „Ab jetzt musst du das anders machen.“ Wenn Dinge, die einem so selbstverständlich sind, ins Wanken geraten, ruft das eine fundamentale Verunsicherung hervor. Es geht auch darum, Macht abzugeben.

Und als die SPIEGEL-Interviewerin nachfragt: „Männer müssen Macht abgeben?“, ist die Antwort von Kunkel-Razum eindeutig: „Genau.“

Da hat man beim Duden den Bock zum Gärtner gemacht. Wie im ganzen Neofeminismus dreht sich auch im Hause Duden jetzt alles nur noch um die Geschlechter. Sprache, Kultur, Geschichte, Tradition – das ist alles nichts. Die Frauen – das sagt, wohlgemerkt, die Chefin der Dudenredaktion – „kann man wahnsinnig gut verstecken im generischen Maskulinum“.

Kurz vorher hatte das Bundesverfassungsgericht die Klage einer Frau abgewiesen, die ausdrücklich als „Kundin“ (und nicht als „Kunde“) angeredet werden wollte. Kathrin Kunkel-Razum: „Wir haben über das Urteil den Kopf geschüttelt“.

Kathrin Kunkel-Razum ist nach einem langen Marsch durch die Institutionen am Ziel angelangt. Sie hat Macht, große Macht. Aber die haben wir auch. Laßt uns diese Macht gemeinsam einsetzen – gegen den totalitären Anspruch einer kleinen radikalen Minderheit, die aus unserer schönen Sprache ein absurdes, von der ganzen Welt verlachtes Gestottere machen will. Jeder kann da mithelfen: indem er selbst in gutem Deutsch schreibt (das vor allem!), keine Parteien wählt, die das Gendern befürworten – und auch, indem er den Aufruf „Rettet die deutsche Sprache vor dem Duden!“ hier unterschreibt.

PS: Zum Dudenbüchlein „Richtig gendern“ schreibt eine ideologisch korrekte Gießenerin:

Das Buch verengt seine Sicht auf ein binäres Geschlechtersystem, und ist damit im tatsächlichen wie auch rechtlichen Sinne bereits überholt und wenig hilfreich.

Die Revolution frißt ihre Kinder!

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So viel Geld für die Unaussprechlichen! Die Klage eines Zeit-Filosofen – Ein Fundstück aus dem 19. Jahrhundert

Vor einigen Wochen bin ich auf der Suche nach dem Wort „Philaleth“ auf einen österreichischen Autor namens Anton Philalethes gestoßen. Wie zu vermuten war, handelt sich dabei um ein Pseudonym. Sein bürgerlicher Name war Ludwig Donin (1810-1876). Er war nicht nur katholischer Priester, sondern auch, wie man in der Wikipedia nachlesen kann, ein äußerst fruchtbarer Schriftsteller. Er verfaßte

neben Gebets- und Erbauungsbüchern historische und polemisch-politische Werke. Allein 1867 erschienen 27 Titel aus seiner Feder. Zum Zeitpunkt seines Todes sollen sich 6 Millionen Bücher von ihm im Umlauf befunden haben.

Ein kleines Büchlein von ihm habe ich mir einmal ein bißchen näher angeschaut. Es heißt „Der kleine Zeit-Filosof“ und ist 1867 bei C. Biel in Wien erschienen.

Zwei Reisende, Anton und Gottfried, treffen sich beim Abendessen und philosophieren munter drauflos. Anton ist ein ausgesprochener Pessimist, vom Menschen hält er nicht viel.

Man will glücklich sein, und thut Alles, um unglücklich zu werden; man will genießen und lange genießen, und man betäubt sich, und diese Betäubung nennt man Genuß. Man will sich Freuden schaffen, und man schafft sich Freuden wie ein Thier, mit Essen, Trinken und anderen, die Gesundheit und das Leben zerstörenden Genüssen.

Zum Beweis seiner Thesen führt er auf, wieviel Geld allein in Wien ausgegeben wird, „um die Narrheit zu befördern“. Ein Sachverständiger hatte nämlich in der Korrespondenz Bermann ausgerechnet, wieviel Geld die Wiener in einer einzigen Faschingszeit ausgeben (die Abkürzung fl. steht für Gulden).

In der Zeit vor Beginn des Faschings haben sie folgendes gekauft:

195.000 Paar Ballhandschuhe 160.000 fl.
110.000 Paar Lackstiefel 500.000 fl.
200.000 Damenstiefletten und Schuhe 680.974 fl.
301.205 Kravaten 290.400 fl.
50.000 Vatermörder 25.000 fl.
62.307 Hemden 120.000 fl.
68.005 Chemisetten 22.000 fl.
16.000 Paar Manschetten 8.000 fl.
72.000 Unaussprechliche 720.000 fl.
95.000 Krinolinen 455.000 fl.
40.000 Stück Fracks 900.000 fl.
52.907 weiße Gilets 264.585 fl.
verschiedene Parfums 20.000 fl.
Zigarren 50.000 fl.
Kotillonorden 3.500 fl.
160.000 Damenballkleider und Charakteranzüge 3.800.000 fl.
Fächer und sonstige Utensilien 25.000 fl.
Spitzen, Bänder 100.000 fl.
echten Damenschmuck 260 fl.
Stempel für ausgestellte Wechsel 10.807 fl.

Während des Faschings gingen die Ausgaben natürlich weiter:

Für Zuckerwerk 500.00 fl.
für Bier 1.900.000 fl.
für Wein (inkl. Champagner) 280.000 fl.
Eßwaaren aller Art 1.800.000 fl.
Gefrornes 621.444 fl.
für Eintrittskarten 999.999 fl.
für Aufbewahrung der Garderobe 50.000 fl.
Zigarren 20.000 fl.
Trinkgelder 120.478 fl.
für Masken 60.000 fl.
für Bijouterien 93.409 fl.
für außerordentliche Ausgaben (Subventionen an Witwen, Waisen etc.) 636.636 fl.
Eierpunsch und Knickebein 31.263 fl.

Nach dem Fasching wurde noch folgendes ausgegeben:

Für Fiaker und Komfortables (hin und zurück) 807.000 fl.
für Zigarren 13.000 fl.
für Hausmeister 99.004 fl.
für das Reinigen der Wäsche 10.000 fl.
für Doktoren und Apotheke 505.555 fl.
für das Fleckausbringen 2.508 fl.
für sonstige Reparaturen 10.000 fl.

Und der „Sachverständige“ kommt zu dem Ergebnis, daß sich die Ausgaben einer einzigen Wiener Faschingszeit auf 17 Millionen Gulden belaufen. Ferner, schreibt der Autor,

sollen von gefüllten Krapfen allein 4 1/2 Millionen Stück verschlungen worden sein! Eine traurige Sittengeschichte unserer Zeit!

Wie weit diese Zahlen stimmen, kann man nicht mit Gewißheit sagen. Manche – wie die 999.999 Gulden für Eintrachtskarten – klingen ein bißchen merkwürdig, aber der Autor selbst hält sie offenbar für realistisch.

Nur noch ein paar Worterklärungen: ein Vatermörder ist ein damals modischer Stehkragen, Chemisette eine gestärkte Hemdbrust zum Frack, Krinoline ein Reifrock, Gilet eine ärmellose Weste für Herren. Und die Unaussprechlichen? Das ist natürlich die weibliche Unterwäsche. Völlig undenkbar im 19. Jahrhundert, solche Kleidungsstücke auch nur mit einem Namen zu benennen!

Und wie sieht’s im 21. Jahrhundert aus? Wenn die Feministinnen sich schon daran stoßen, daß Frauen in einem Gedicht (!) mit Blumen verglichen werden, dann werden Wörter, die sich auf intime Kleidungsstücke der „menstruierenden Personen“ beziehen (Frauen hat man sie früher nennen dürfen, ältere Menschen werden sich noch daran erinnern!), dann also werden solche Wörter – nun wegen Sexismusverdachts – genauso aus der Sprache verbannt werden wie im 19. Jahrhundert. Spröde und trocken wird unser Leben werden in einer Welt, in der schon einfache Komplimente als übergriffig und verabscheuenswert gelten.

In einer solchen Welt möchte ich nicht mehr leben.

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Martina und Moritz kochen jetzt auch für Freund*innen

Wir haben die beiden eigentlich immer gern gesehen und auch so manches Rezept von ihnen in unser Familienkochbuch aufgenommen: Martina Meuth und Bernd Neuner-Duttenhofer, genannt Martina und Moritz.

Aber müssen sich denn jetzt auch noch die „dienstältesten Köche im deutschen Fernsehen“ dem Diktat der rabiat-ideologischen Sprach-Gender*innen beugen? Haben sie das nötig? In ihrem neuen Newsletter über „Aufläufe und Gratins“ liest man nämlich folgendes:

Einfach fabelhaft, so ein Auflauf: Die Zutaten werden in die Form gepackt und zur rechten Zeit in den Ofen gegeben. Und wenn sich die ganze Familie oder Freund*innen um den Tisch versammelt haben, duftet es bereits verlockend, und man muss nur noch servieren.

Hätte es denn nicht gereicht, wenn sich – wie es seit Jahrhunderten in Deutschland sprachlicher Brauch ist – Freunde um den Tisch versammelt hätten? Und wie kommt es, daß sich zwei Menschen, die beim Kochen so viel Geschmack zeigen, an der ideologisch begründeten und planmäßig gesteuerten Verhunzung der deutschen Sprache beteiligen? Halten auch sie sich jetzt an das traurige Motto „Fiat iustitia et pereat lingua“? Oder gehorchen sie nur den Hausvorschriften des WDR?

Das möchte ich gerne wissen.

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„Verweile doch!“ – aber bitte nicht hier in Düsseldorf!

Was Faust da im Studierzimmer zu Mephisto sagt, bekommt eine unerwartete Aktualität:

Werd‘ ich beruhigt je mich auf ein Faulbett legen,
So sei es gleich um mich getan!

Und ein paar Zeilen weiter:

Werd ich zum Augenblicke sagen:
Verweile doch! du bist so schön!
Dann magst du mich in Fesseln schlagen,
Dann will ich gern zugrunde gehn!

Mit dem Verweilen hat es jetzt zumindest in Düsseldorf ein Ende (hier nachzulesen). Weil am Wochenende viele Menschen bei schönstem Wetter durch die Altstadt und – frevlerisch! – sogar am Rheinufer flaniert sind, hat die Obrigkeit eingegriffen:

Die Stadt will in den kommenden Tagen 300 rote Schilder aufstellen, die mit dem Schriftzug „Verweilverbotszone: Bitte gehen Sie weiter“ versehen sind.

Schluß ist’s also mit dem Verweilen, und sei es noch so schön, und die Dudenredaktion wird sich schon wieder ein Wort für zukünftige Ausgaben vorgemerkt haben: „Verweilverbotszone“. Ein durch und durch deutsches Wort, immerhin. Wer denkt da nicht an die bayerische Polizei, die am Anfang der Pandemie den Untertanen zwar einen Gang an die frische Luft allergnädigst erlaubte, aber in Gestalt des Sprechers des bayerischen Innenministeriums zugleich drohend hinzufügte:

Wer nur herausgeht, um auf einer Parkbank ein Buch zu lesen, verstößt gegen die Verordnung.

Während aber in Bayern den Untertanen – wenn auch nur durch den Druck der Straße – das Lesen auf Parkbänken wieder erlaubt wurde, dürfen die Düsseldorfer jetzt nicht einmal mehr stehenbleiben: „Bitte gehen Sie weiter!“, steht auf dem Schild, und niemand zweifelt daran, daß Zuwiderhandelnde energisch zu bürgerlichem Gehorsam angehalten werden.

Singen wir also gemeinsam (natürlich mit gehörigem Abstand und ohne beim Gehen stehenzubleiben!):

Ein Prosit,
ein Prosit
der Obrigkeit!

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Neues und Nices von Aldi

Der Aldi duzt seine Kunden seit einiger Zeit penetrant und überall. Das ist zwar Marketing-Strategie, aber es soll den Eindruck vermitteln, daß man jung, entspannt und so etwas wie der beste Freund des Kunden ist. Der ziemlich beste Freund zumindest.

Neuerdings unterstützt Aldi auch Startup-Unternehmen. Die müssen sich aber erst einmal eine Frage gefallen lassen:

Deine Idee ist next level?

Wenn der zukünftige Aldi-Partner diese Frage (anders als ich) versteht und obendrein bejahen kann, dann prüft Aldi das neue Produkt und verspricht schon einmal:

Wir bringen euch groß raus. Euer Produkt in all unseren Filialen!

Na, da werden Träume wahr! Und auch der normale Aldi-Kunde hat etwas von den Startups: ihm wird, wie es im Logo heißt,

Neues und Nices

angeboten.

Ich habe schon vor längerer Zeit angeregt, daß bestimmte sprachliche Todsünden strafbewehrt sein müßten. Wer sich den Ausdruck „Neues und Nices“ ausgedacht und in Umlauf gebracht hat, sollte jedenfalls nicht mehr mit einer Bewährungsstrafe davonkommen.

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In Bayern blüht die Kultur

Seltsame Dinge spielen sich in den Fernsehanstalten ab. Daß Bayern nach Meinung der Programmchefs eine „Heimat der Rekorde“ ist, das ist dem Bayerischen Fernsehen eine achtteilige Serie zur besten Sendezeit wert (ich habe an dieser Stelle darüber berichtet). Wie ernst der BR den kulturellen Auftrag der Dritten Programme nimmt, sieht man auch an den beschriebenen Rekordleistungen, die ich hier noch einmal in Auszügen wiedergebe:

Deutscher Meister im Sensenmähen
die weltgrößte Teebeutelschachtelsammlung
Landesmeister im Ranggeln
die häufigsten beidhändigen Fingerschnipser in einer Minute
Weltrekord im Rückwärts-Radfahren und dabei ein Instrument spielen
die meisten Kniebeugen mit einem 90-kg-Rucksack in einer Stunde
der Bayerische Rekordmeister im Holzrücken
der Weltmeister im Traktor-Gleichmäßigkeitsfahren
die weltgrößte Sammlung an Dackel-Objekten
der Bayerische Meister im Goaßlschnalzen
der älteste Spickzettel Deutschlands
das schnellste Parken eines Traktors auf Glasflaschen
die meisten in einer Sekunde gejodelten Töne
der Weltmeister im Rutschautofahren
die weltgrößte Pyramide aus rohen Hühnereiern.

Heute abend um 21 Uhr versucht übrigens eine (mir bis dahin völlig unbekannte) „Renate Remmelt alias Uschi Bauer“, den Weltrekord im Schnelljodeln zu brechen. Es geht dabei um „die meisten in einer Sekunde gejodelten Töne“.

Na wunderbar.

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Jetzt Weiß ich wirklich nicht mehr, ob ich schwarz Groß oder weiß Klein schreiben soll!

Die New York Times schreibt nämlich seit neuestem das Adjektiv „black“ immer groß, während „white“ klein bleibt. Warum tut sie das? Zwei ihrer Herausgeber, Dean Baquet und Phil Corbett, versuchen eine Erklärung (hier nachzulesen):

We believe this style best conveys elements of shared history and identity, and reflects our goal to be respectful of all the people and communities we cover.

Da ist also von gemeinsamer („shared“) Geschichte und Identität die Rede – und natürlich wieder vom Respekt „gegenüber allen Menschen und Bevölkerungsgruppen“.

Gegenüber allen Menschen? Aber warum wird dann die bei weitem größte Bevölkerungsgruppe buchstäblich kleingeschrieben? Dazu heißt es im Artikel der New York Times:

White doesn’t represent a shared culture and history in the way Black does, and also has long been capitalized by hate groups.

Das leuchtet mir freilich überhaupt nicht ein. Die Weißen hätten also, anders als die Schwarzen, keine gemeinsame Kultur und Geschichte? Keine gemeinsame Identität? Eine seltsame Begründung. Und die nachgeschobenen weißen „Haßgruppen“, die „White“ immer großschreiben? Weil wirklich rassistische Gruppen „weiß“ immer großschreiben, schreibt die New York Times das Wort klein? Logik sieht anders aus. Könnte es nicht einfach so sein, daß die Redaktion sich dem Druck der „Black lives matter“-Bewegung in vorauseilendem Gehorsam genauso gebeugt hat, wie sich bei uns Journalisten, die man einmal für seriös und kompetent und unabhängig gehalten hat, gleich scharenweise von sprach- und kulturwissenschaftlich unbedarften Feministinnen zum kindischen Gendern haben drängen lassen?

Um in unser Land zurückzukehren – auch Marie Schoeß, die auf Bayern 2 Filme und Literatur bespricht, sorgt sich (hier nachzulesen) und stellt die bange Frage:

Wie verhalte ich mich als weiße Deutsche?

Denn, so grübelt sie, wenn auch sie „weiß“ klein und „schwarz“ großschreibt,

suggeriert das nicht, dass „weiß“ eine quasi-natürliche, in jedem Fall nicht weiter zu befragende Kategorie ist, während schwarz einer Markierung bedarf? Werde ich, als weiße Deutsche, nicht zu einem unmarkierten Markierer, wenn ich „schwarz“ großschreibe und „weiß“ so belasse wie zuvor, als habe dieses kleine Adjektiv, „weiß“, rein gar nichts mit Rassismus zu tun?

Wenn ich aber jetzt – als alter und auch ziemlich altmodischer Mensch – darauf beharre, daß es sich hier auch um Rassismus, nämlich um einen bloß schwarz eingefärbten Rassismus handelt, der mir um keinen Deut sympathischer ist als der weiße, wenn ich mich dabei auf die Bibel berufe, die mit dem Bild von der Gottebenbildlichkeit des Menschen die philosophische Grundlage für die Gleichheit aller Menschen vor Gott (und damit auch auf Erden!) gelegt hat, wenn ich mich weiter auf die amerikanische Declaration of Indepence berufe, eines der nobelsten und zugleich kühnsten Dokumente der menschlichen Geschichte, die mit beispielloser Klarheit festgestellt hat, that all men are created equal, und wenn ich endlich auch unser Grundgesetz zitiere, in dem es kategorisch heißt, daß niemand wegen seiner Rasse benachteiligt, daß aber auch niemand wegen seiner Rasse bevorzugt werden darf, dann bekomme ich dafür aus dem „fortschrittlichen Lager“ meines Landes keine Zustimmung mehr. Es bildet sich ein „Antirassismus“ heraus, der – dumm, wie er ist – das Wort „Rasse“ erst wieder hoffähig gemacht hat, statt es auf den Müllplatz der Geschichte zu werfen. Insofern gehen diese Menschen, die sich allen anderen moralisch überlegen fühlen, noch hinter die Aufklärung des 18. Jahrhunderts zurück.

Hören wir dazu die Kulturwissenschaftlerin Susan Arndt:

Wenn wir sagen: Wir sind alle gleich, wir sind alle Menschen, dann bleibt nicht erzählt, dass Rassismus Menschen immer noch positioniert. Und deshalb hat sich der Widerstand gegen Rassismus darauf besonnen, von Weißen und Schwarzen zu sprechen. In der Wissenschaft heißt das Racial Turn: weg von Rasse als biologischem Konstrukt, hin zu Rasse als sozialer Position, weg vom N-Wort als biologischem Konstrukt des Rassismus, hin zu schwarz als sozialer Position.

Die schwarze Hautfarbe entspricht also einer „sozialen Position“? Das schwarze Gangmitglied in Chicago hat also dieselbe „soziale Position“ wie ein schwarzer Professor am MIT?

Was ist das für ein dummes, ganz und gar rückschrittliches „Konstrukt“! Es hat, mit Verlaub, genauso viel wissenschaftliche Substanz in sich wie das Gendern, nämlich – gar keine.

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Den Studenten die Köpfe zertreten!

Seit Wochen protestieren die Studenten der renommierten Bosporus-Universität, einer „führenden Universität in der Türkei“ (Wikipedia), gegen Melih Bulu, ihren neuen, von Erdogan persönlich eingesetzten Rektor mit AKP-Mitgliedsbuch. Da versteht der Sultan freilich keinen Spaß: an die 600 Studenten wurden vorübergehend festgenommen und dürfen das Land auch nach ihrer Freilassung nicht verlassen. Manche von ihnen müssen wie Verbrecher eine Fußfessel tragen.

Denn für Erdogan ist jeder Andersdenkende ein „Terrorist“. Und Devlet Bahçeli, der Chef von Erdogans Bündnispartner MHP, formuliert es noch drastischer (alles hier nachzulesen):

Was da Studenten genannt wird, sind Vandalen, sind Barbaren. Leute, die sich auf Agenten und finstere Kreise stützen, sind nicht unsere Kinder, sondern Giftschlangen, denen man die Köpfe zertreten muss.

Im Original:

Öğrenci dedikleri vandaldır, barbardır. Sırtlarını ajanlara, karanlık çevrelere dayamış olanlar evlat değil, başı ezilmesi gereken zehirli yılanlardır.

Die dünnhäutigen Reaktionen sind auch auf die immer schlimmere wirtschaftliche Lage in der Türkei zurückzuführen. Es gibt aufgrund der unsicheren politischen Lage kaum noch ausländische Investitionen im Land, die Inflationsrate liegt bei ca. 15 %, und viele Menschen wissen nicht mehr, wie sie selbst die nötigsten Grundnahrungsmittel bezahlen sollen:

Aufgrund der Wirtschaftskrise mühen sich mehr als vierzig Prozent der arbeitenden Bevölkerung ab, ihre Familien mit dem Mindestlohn von rund 400 Euro über die Runden zu bringen. In Istanbul lassen 53 Prozent der Menschen eine Mahlzeit ausfallen. Aus purer Not! Diebe entwenden aus Wohnungen heutzutage keine kostbaren Dinge, sondern Sonnenblumenöl, dessen Preis sich binnen Jahresfrist verdoppelt hat.

Da freilich geben die Staatsmedien, wie Bülent Mumay weiter berichtet, gute Ratschläge, etwa ob man Eier mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum noch verspeisen kann. Auch solle man die Kinder nicht mit in den Supermarkt nehmen und statt des Einkaufswagens lieber einen Korb benutzen. Und wem auch das nicht hilft, der muß sich mit dem Rat eines Erdogan-nahen Fernsehsenders trösten: „Langes Fasten verlängert das Leben!“

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Das Lebensmotto einer gendernden Sprachfeministin

„Fiat iustitia et pereat lingua.“

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