„Nachhaltiger Anbau von Fisch und Gemüse“ – Beispiele für das Dummwort des Jahres

Am Freitag lief im HR-Fernsehen die Dokumentation

Nachhaltig unterwegs auf Teneriffa.

„Nachhaltig unterwegs“? Was soll das heißen? Benutzt eigentlich noch irgendein Mensch seinen Verstand? Oder plappern jetzt TV-Journalisten – ohne Einschaltung des Gehirns – jedes Wort nach, das der Zeitgeist hervorbringt? Es würde mich jedenfalls nicht wundern, wenn Annalena Baerbock demnächst nicht nur eine feministische und klimaneutrale, sondern auch eine nachhaltige Außenpolitik betreiben würde.

Wörtermüll!

Auf der Suche nach der HR-Dokumentation in der ARD-Mediathek mußte ich mich übrigens durch eine wahre Flut von „nachhaltigen“ Filmen quälen. Wohlgemerkt, das sind nur die Filme und Filmchen, die in der ARD-Mediathek vorgehalten werden – und es sind längst nicht alle, die man dort findet. Ich habe nach hundert Einträgen aufgegeben.

Warnung! Die folgende Aufzählung kann bei Liebhabern der deutschen Sprache und bei Menschen, die sich noch ihres eigenen Verstandes bedienen, zu Übelkeit, Brechreiz und depressiven Stimmungen führen.

Alles wird nachhaltig
Weihnachten in nachhaltig („heute feiern wir nachhaltig“)
Wie nachhaltig leben?
Textilwende – Wie werden Klamotten nachhaltiger?
München nachhaltig
Wie nachhaltig sind Naturwälder?
So kann man eine Bestattung nachhaltig machen
Wie nachhaltig ist Bambus?
Unverpackt und nachhaltig
Nachhaltig und sturmerprobt
Wie nachhaltig sind Hochschulen?
Die Nachhaltige
Wie geht nachhaltiger Winterurlaub?
Nachhaltig oder Greenwashing?
Weihnachtskarpfen – nachhaltig und fangfrisch
Nachhaltig: Recyclingmesser aus Plastik
So begrünst du dein Zuhause nachhaltig
Nachhaltig Geld verdienen
Surfermode: nachhaltig und praktisch
Nachhaltig gärtnern – so geht’s
Der einzige nachhaltig Lebende
Nachhaltiges Kochen in der Großkantine
Ein Regenschirm, der nachhaltig produziert ist
Nachhaltig und sicher Dämmen (sic!)
Permakultur – eine nachhaltige Philosophie
Nachhaltig leben: Bescheiße ich mich selbst?
Nachhaltiges Wohnen in der Studienzeit
Nachhaltig düngen mit Schafwolle
Nachhaltiges Kopenhagen
Weihnachtsgeschenke nachhaltig verpacken
nachhaltig! Unverpackt-Bus
Nachhaltige Klamotten
Eine nachhaltige Familie
Nachhaltige Fischerei
Obst und Gemüse – nachhaltig und gesund
Nachhaltige Umweltverschmutzung
Holz – Gemütlich, heimisch, nachhaltig
Nachhaltige Schreinerei
Biosphärenreservat Schaalsee: Regional und nachhaltig
Nachhaltige Weihnachtsbraten
Nachhaltig reisen – Die Zukunft des Tourismus
Nachhaltige Kühlung
Veganer Käse – so nachhaltig ist er wirklich
Nachhaltiges Trockenobst
Es geht auch anders – Selbstbestimmt und nachhaltig leben
Nachhaltig leben – wie kann das im Alltag klappen?
Grüne Geldanlage? nachhaltig investieren
Nachhaltige Mode
Gespräch: Gartenpflege – nachhaltig und durchdacht
Nachhaltiger Online-Konsum
Klamottenkonsum: Nachhaltig shoppen – so geht’s!
Nachhaltiger Anbau
Altpapier-Recycling: wie umweltfreundlich und nachhaltig ist es?
Nachhaltige Sportfesttage
Nero Holzkohle? Nachhaltig Grillen (sic!)
Bundestag: Nachhaltig leben und konsumieren
Nachhaltig Aufräumen (sic!) – kinderleicht gemacht
Das Achental – Auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft
Nachhaltiger Blütenzauber
Herbstdeko basteln? kreativ und nachhaltig
Nachhaltiger Kürbisanbau
Weihnachtsbäume ökologisch und nachhaltig kaufen
Wirtschaft: nachhaltiger Konsum
Unverpackt – nachhaltig leben ohne Plastik
Nachhaltige Städteplanung
Im Gespräch – Nachhaltiger Schnittblumenanbau
Nachhaltige Kaffee-Manufaktur
„Mymarini“ – Nachhaltige Bademode
Nachhaltige Anreise in den Urlaub
Wie kann nachhaltiges Bauen aussehen?
Nachhaltige Kosmetikpads nähen
Drei Pullover – welcher ist am nachhaltigsten?
Nachhaltige Stoffwindeln im Abo
Der FC Augsburg will nachhaltiger werden
Nachhaltiger Wiederaufbau im Ahrtal
Wie gelingt eine nachhaltige Wasserversorgung?
Nachhaltige, vegane Schuhe
Müll vermeiden: Wie nachhaltig sind Öko-Verpackungen?
Nachhaltig in jeder Beziehung: Landwirt und Metzger in einer Person
Click & Smile – Wie Online-Shopping nachhaltig wird
Streit um Radweg durch Bienwald – umweltschädlich oder nachhaltig?
Nachhaltiger Weinbau in Worms
Trend Menstruationstasse – So nachhaltig ist die Tampon-Revolution
Nachhaltig schenken – CO2-neutrale Weihnachtsgeschenke
Die Konsum-Aussteiger: nachhaltig und achtsam leben
Nachhaltig bauen in Steyerberg
Faire Turnschuhe – wie gehen Sneakers nachhaltig?
Deutscher Bundestag: Nachhaltige Arbeitsmarktpolitik
Nachhaltige Schwämme aus Luffa-Gurken
Perspektiven für nachhaltige Verkehrslösungen
Wie wichtig ist der Kirche nachhaltige Landwirtschaft?
Wie das Lieferkettengesetz den Bremer Handel nachhaltiger machen soll
Boomerang-Taschen: nachhaltige Einkaufsbeutel
Nachhaltige Plastik-Blumen aus Unterfranken
Wir lieben Beauty – vegan & nachhaltig
GreenHaus: Nachhaltige Möbel aus Göttingen
So investieren nachhaltige Banken in die Zukunft
„Öko-Bestattung“: Nachhaltige Särge und Urnen
Nachhaltige Produktion: Slow Fashion
Ideen für nachhaltigen Sport aus Erfurt
Nachhaltiger Anbau von Fisch und Gemüse.

Uff! Das war eine harte Arbeit – aber mit dem „nachhaltigen Anbau von Fisch“ soll die Aufzählung ein Ende haben. Ich will die Geduld meiner Leser nicht weiter auf die Probe stellen. Demnächst mehr über die Frage, wo das Wort nachhaltig noch sinnvoll eingesetzt werden kann!

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Das Weib als Weltübel und reizvoller Schädling

Warnung! Das weiter unten angeführte Zitat ist dazu geeignet, zarte Gemüter zu verletzen und die seelische Wohlbefinden vor allem von Frauen erheblich zu gefährden!

Im Jahr 1486 erschien in Speyer in lateinischer Sprache der Hexenhammer (Malleus maleficarum) des deutschen Dominikanermönchs Heinrich Kramer. Er faßte alles zusammen, was man damals über Hexen zu wissen glaubte, und gab damit den Hexenverbrennungen eine „wissenschaftliche“ Grundlage. Daß viel öfter Frauen als Männer sich der schwarzen Künste bedienten, erklärt Kramer mit dem Wesen des Weibes:

Was ist denn das Weib anderes als eine Vernichtung der Freundschaft, eine unentfliehbare Strafe, ein notwendiges Unglück, eine natürliche Versuchung, ein begehrenswertes Unheil, eine häusliche Gefahr, ein reizvoller Schädling, ein Weltübel, mit schöner Farbe bestrichen?

Das Zitat habe ich in Friedells Kulturgeschichte der Neuzeit (München 1927) entdeckt. Friedell selbst bemerkt, sicher zurecht, daß es sich bei der „tiefen Angst des Mannes vor seiner geheimnisvollen Gefährtin“ nur um ein religiös verkleidetes, sexuelles Problem handelt.

Es soll ja bis zum heutigen Tage eine Weltreligion geben, bei der die Angst vor der weiblichen Sexualität so groß ist, daß man die Frauen ins Haus oder in ein kerkerähnliches, blickdichtes Kleidungsstück einschließt.

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Das Kabinett Scholz: Hauptsache Frau!

Die Außen- und Sicherheitspolitik wird in den nächsten Jahren vor enormen Herausforderungen stehen. Rußland und China betreiben eine immer aggressivere und auf militärische Expansion zielende Politik, und selbst in der EU haben sich autoritäre Regierungen etabliert, die hinter einer demokratischen Fassade immer schamloser die freie Presse und die unabhängige Justiz ausschalten.

Wenn man da bestehen und die Interessen unseres Landes und des freien Westens wirksam und kraftvoll vertreten will, braucht es Politiker mit Statur und großer Erfahrung. Das Schicksal unseres Landes in diesen Zeiten in die Hände von Leichtgewichten wie Annalena Baerbock und Christine Lambrecht zu legen – nach dem Motto „Hauptsache Frau!“ – kann Deutschland teuer zu stehen kommen.

Von Karl Lauterbach gar nicht zu reden.

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Ein schlesischer Dichter an die Dumm- und Vielschwätzer im Internet

Friedrich von Logau (1605-55) hat in seinem Leben über 3.500 Epigramme veröffentlicht. Man kann darin trefflich stöbern – und findet zum Beispiel dieses:

Viel gedencken, wenig reden und nicht leichtlich schreiben
Kan viel Händel, viel Beschwerden, viel Gefahr vertreiben.

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Sensationelle Enthüllung – Kai Karotte ist ein Hetero!

Kennen Sie „wmn“? Nein? Dann sind Sie vermutlich wie ich Mitglied der großen Mehrheitsbevölkerung. „Wmn“ (vermutlich durch Schrumpfung aus woman oder women gebildet) ist ein Versuch der Funke Mediengruppe, mit jungen Frauen und ein bißchen Pseudofeminismus Geld zu verdienen. Aber hören wir einmal, wie sich wmn selbst beschreibt:

Wir behandeln aktuelle Themen zu Lifestyle, Sex & Liebe, Beauty & Gesundheit, Business & Job, sowie Familie & Partnerschaft. Wir stehen für (Selbst-)Bewusstsein, Emanzipation und Selbstverwirklichung. Bei den wichtigsten Entscheidungen im Leben wollen wir jungen Frauen zur Seite stehen. Wir stellen Fragen. Wir sind offen und mutig. Wir stehen zu unserem Wort. Wir wollen kein Schwarzweiß. Wir suchen die richtige Balance. Wir wollen lernen. Wir lieben uns so, wie wir sind. wir sind wmn.

Also: ich bin nicht wmn, ich bin nur mn. Aber selbst ich wmn wäre, würde ich mich für diesen Funke’schen Marketing- und Werbe-Jargon richtig schämen. Und erst recht für den Artikel der wmn-„Redakteurin“ Mona Schäffer:

Aldi-Möhrenfamilie: Der Discounter hat eine Chance zur Integration verpasst.

Ja, was war denn da los? Schon seit längerem bevölkern seltsame Karotten jeden Aldi-Prospekt. Sie heißen Kai und Karla Karotte und haben drei Kinder: Michel, Mia und Merle. Daß es sich um ziemlich bescheuerte Maskottchen handelt, sieht man auf den ersten Blick. Aufgrund einer zunehmenden Infantilität unter Erwachsenen kann es aber durchaus sein, daß die munteren Möhren auf freudige Zustimmung stoßen und bald ihre eigene Fangemeinde haben. Auch Mona Schäffer gibt zu, daß es sich hier um „eine wirklich niedliche Familie“ handelt.

Aber dann legt die Redakteurin los:

Ein traditionelles Elternhaus mit einem Papa und einer Mama. Dazu drei glückliche und wohlerzogene Kinder. Doch ist das eigentlich noch zeitgemäß?

Eine Frage, die sich bei ihr eigentlich von selbst beantwortet, aber weil ja womöglich nicht jede wmn-Leserin den geistigen Höhenflügen der wmn-Redaktion folgen kann, wird Mona Schäffer deutlicher:

Traditionelle Rollenbilder einer „klassischen“ Familie gehören nach Ansicht vieler Menschen aus den jüngeren Generationen in die Vergangenheit. Heute wissen wir darum, dass es ganz normal ist, dass Ehen zwischen zwei Elternteilen scheitern können.

Ach ja, wirklich? Wer hätte das gedacht! Wie gut, daß es die Funke Mediengruppe gibt!

Wer jetzt aber meint, das sei alles nur so dahergesagt, den überrascht die Redakteurin mit knallharter philologischer Beweisführung und einem Ausflug in die deutsche Grammatik:

Eine Ehe zwischen Kai und Karla deutet auf eine heterosexuelle Beziehung hin. Das sehen wir nicht nur an den traditionell männlichen (Kai) und weiblichen (Karla) Namen. Wir sehen es auch an den Pronomen „sie“ und „er“, die Aldi zur Beschreibung der Familie nutzt.

Wie wahr! Aber – was will uns die Redakteurin damit eigentlich sagen?

Queere Menschen machen einen Anteil von gut 15% der Gesamtbevölkerung aus. Das ist beinahe jeder sechste Mensch. Meiner Meinung nach Grund genug, um sie auch mal in den Vordergrund zu stellen.

Stimmt, denn sie stehen ja sonst nirgendwo im Vordergrund! Queere Menschen bevölkern zwar seit Jahren jeden Krimi, jede Talkshow, jede Nachrichtensendung, aber das reicht noch lange nicht. Denken Sie einmal nach: wann haben Sie zum letzten Mal einen Tatort oder einen Polizeiruf ohne schwules oder lesbisches Paar gesehen? Eben. Und wenn nicht queer, dann wenigstens mit Migrationshintergund. Farbige Frauen sind im Krimi zur Zeit besonders beliebt. Wenn ein alter weißer Fernsehkommissar oder sein Assistent abtritt, wird er mit großer Wahrscheinlichkeit durch eine Frau mit Migrationshintergrund ersetzt. Das alles hat rein gar nichts mit Gendergerechtigkeit oder „Sichtbarkeit“ zu tun. Es ist einfach nur peinlich, weil es aufgesetzt wirkt und nichts anderes ist als ein Kotau vor den mächtigen einschlägigen Lobbygruppen. Ich vermute übrigens, daß Drehbücher (oder Theaterstücke) ohne „LGBTI-Personen“ bzw. ohne Menschen mit Migrationshintergrund heutzutage gar nicht mehr angenommen werden. Die Autoren sich diesem Druck offenbar schon gebeugt.

Aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß es einen Schauspieler etwa befriedigt, wenn er weiß, daß er seine Rolle nur wegen seiner Hautfarbe bekommen hat.

Aber zurück zu unserer Redakteurin. Die edle Einfalt ihres Artikels ist natürlich auch den Lesern aufgefallen. Die Redaktion meldet mit gekonnter Untertreibung, daß es „einige Leser:innenmails, Instagram-Nachrichten und Twitter-Comments“ gegeben habe. Drei davon werden zitiert, die Absender („Die Namen wurden von mir geändert“) heißen Emil, Samuel und Janosch. Merkwürdig – alles Männernamen, und das in einer Zeitschrift für junge Frauen!

Aus einem der Leser:innenmails möchte ich am Ende noch ein paar Sätze zitieren, weil sie zeigen, auf welch hohem Niveau sich auch die Leser:innen von wmn artikulieren:

Zwei verheiratete Bisexuelle in einer monogamen Beziehung und meinetwegen auch mit Kindern, können weiterhin Bisexuell sein. Oder sind Asexuell, oder Pansexuell oder Omnisexuell. Klar ist das nicht „in your face“- lesbisch oder schwul, jedoch inklusiv im Biplusumbrella, absolut queer.

Ich hätte es nicht besser ausdrücken können.

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Ein verwerfliches Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die schweren Einschränkungen der Grundrechte „in der äußersten Gefahrenlage der Pandemie“ rückwirkend für verfassungsgemäß erklärt hat, ist eines der schlimmeren Urteile, die das BVG in den letzten Jahrzehnten gefällt hat. Es ist in meinen Augen deshalb so gefährlich, weil es künftigen Regierungen einen Freibrief ausstellt, denn wenn sich der Gesetzgeber „wegen Unwägbarkeiten der wissenschaftlichen Erkenntnislage“ kein sicheres Bild der Lage machen kann, so steht es in der Urteilsbegründung, dann

genügt es […], wenn er sich an einer sachgerechten und vertretbaren Beurteilung der ihm verfügbaren Informationen und Erkenntnismöglichkeiten orientiert.

Damit kann das Parlament künftig Grundrechte jedenfalls dann nach Herzenslust beschränken, wenn es wenigstens eine bestimmte Fraktion der Wissenschaft auf seiner Seite hat. Es muß offenbar nicht einmal a posteriori in Studien prüfen lassen, ob die Maßnahmen überhaupt wirksam waren, etwa die Beschränkungen bei Sportveranstaltungen im Freien, beim Aufenthalt im Restaurant oder beim Feuerwerk an Silvester. Die vielen Bundesligaspiele mit Zehntausenden von Zuschauern haben in den letzten Monaten offenbar kaum zu Ansteckungen geführt, auch nicht die Restaurantbesuche. Und gibt es belastbare Studien, daß sich die Menschen beim Einkaufen infizieren? Wenn der Staat aber die Wirksamkeit seiner Maßnahmen nicht einmal im nachhinein prüfen lassen muß, dann kann er ja buchstäblich tun und lassen, was er will.

Und an das Bundesverfassungsgericht wird sich nach diesem Urteil – schon aus Mangel an Erfolgsaussicht – kaum mehr jemand wenden, etwa wenn es demnächst um die Impfpflicht geht.

PS: Ich bin selbst vollständig geimpft und empfehle jedem dringend, sich auch impfen zu lassen. Aber eine Impf-Pflicht ist nicht mit dem Grundgesetz und einem liberalen Rechtsstaat vereinbar. Wenn dann auch noch Verstöße gegen die Impfpflicht mit Strafen von mehreren tausend Euro geahndet werden, wird der von Juristen gemachte feinsinnige Unterschied zwischen einer (angeblich verfassungsgemäßen) Impfpflicht und einem (verfassungswidrigen) Impfzwang vollends absurd.

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Discos, Boxkämpfe, Modenschauen und Jodelmessen in der Kirche – das soll „revolutionär katholisch“ sein?

In einer Reihe über „Kirchen mit besonderem Profil“ stellt katholisch.de heute die Offene Kirche Elisabethen (OKE) in Basel vor. Monika Hungerbühler, die sich selbst als katholische Theologin versteht und die OKE seit zwölf Jahren betreut, will mit ihrer Arbeit der Tatsache Rechnung tragen, daß nur noch ein Drittel der Basler einer Kirche angehört:

Sie versteht sich als postkonfessionell und stellt ihre Arbeit ganz in den Dienst der säkularen Gesellschaft. Soziales Engagement, Spiritualität und Kultur bilden eine Einheit. Flüchtlingshilfe, Seelsorgegespräche und Konzerte stehen hier gleichberechtigt nebeneinander.

Natürlich gibt es auch LGBTI-Gottesdienste – die Offene Kirche Elisabethen ist stolz darauf, daß sie als erste religiöse Institution das „Swiss LGBTI Label“ erhalten hat. Und unter der Überschrift „Rent a church!“ heißt es:

Mit moderner Audiotechnik und Scheinwerfern bietet sie ein einmaliges, unvergessliches Ambiente für Bankette, Konzerte, Ausstellungen, Produktpräsentationen, Modenschauen oder Vorträge. Nachts kann sie mit ihren Strahlern, Lichteffekten und Musik in einen einzigartigen Festsaal für Parties, Bälle oder andere Feste verwandelt werden. Unser engagiertes Team kann gern auch noch den bewährten Caterer und unsere erfahrene Eventtechnik dazu anbieten.

Ist das jetzt die Kirche der Zukunft? Mir jedenfalls kommt das Programm der Elisabethenkirche nicht postkonfessionell, erst recht nicht katholisch, sondern eher postchristlich vor.

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Ziegenhalß

Im Text zur Sendung über einen jungen Maler heißt es bei 3sat:

Seine Werke sind Ausdruck von Irritationen und hinterfragen das System, in dem wir leben.

Na, wenn das nicht originell ist! Jedenfalls macht es so richtig Lust, sich die Sendung anzuschauen.

Notiz an mich selbst:
Die Bemerkungen über das „feuilletonistische Zeitalter“ in Hesses Glasperlenspiel (Plinius Ziegenhalß) wiederlesen!

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Gottesstaaten

Diese Beschreibung der Zustände in Afghanistan unter der Herrschaft der Taliban kommt Ihnen sicher bekant vor:

In alles mischte sich diese klerikale Polizei, fast jede Äußerung natürlichen Lebensdrangs und unbefangenen Frohsinns wurde beargwöhnt, untersagt und bestraft. Jegliche Art von Festlichkeit und Unterhaltung: Spiel, Tanz, Gesang, Theater, sogar das Lesen von Romanan war verboten. […] Auf Fluchen, Kegelspiel, laute Scherze, leichtsinnige Reden standen hohe Bußen, auf Ehebruch der Tod.

Ja, nichts war gut in Afghanistan, wird da manch einer sagen – und wird sich gleich wundern. Denn diese Sätze handeln nicht von Afghanistan, auch nicht von Saudi-Arabien, sondern von frommen Protestanten. Sie waren Anhänger des strengen Reformators Johannes Calvin, der im Genf der Reformationszeit mit Zustimmung der Obrigkeit einen christlichen Gottesstaat errichtete. Den spanischen Arzt Michel Servet, der die Dreifaltigkeit leugnete, ließ Calvin zusammen mit seinem Buch auf dem Scheiterhaufen verbrennen.

Merke:
Wo geistliche und weltliche Macht in einer Hand sind, entsteht Unterdrückung und Unmenschlichkeit – in allen Religionen. Am menschenfreundlichsten geht es da zu, wo sich Staat und Religion gegenseitig daran hindern, ihren jeweiligen Willen bis aufs äußerste durchzusetzen.

PS: Das Zitat über Calvins Gottesstaat stammt wieder einmal aus Friedells Kulturgeschichte der Neuzeit, die ich hiermit meinen Lesern zum wiederholten Male ans Herz lege – übrigens auch ein schönes Weihnachtsgeschenk!

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Der „Nußknacker“ steckt voller Rassismus – und die Deutschen begreifen es einfach nicht!

Christiane Theobald war lange stellvertretende Intendantin des Staatsballetts Berlin, seit 2020 ist sie dessen kommissarische Direktorin. Jetzt hat sie Tschaikowskis „Nußknacker“, der – wie die F.A.Z. schreibt – oft „den halben Jahresetat einspielt“, aus dem Programm genommen. Dafür muß sie einen triftigen Grund haben.

Und sie hat einen: Rassismus!

Der Berliner Nußknacker, den sie jetzt abgesetzt hat, rekonstruiert die Uraufführung des Balletts im Jahr 1892. Schon 2015 war der Schock groß: „Blackfacing bei zwei Kindern im zweiten Akt“!

Christiane Theobald dazu (in der BZ nachzulesen):

Das führte schon 2015 zu E-Mail-Verkehr mit Beschwerden. Völlig zu Recht.

Die Kinder mußten also fürderhin ohne Blackfacing auftreten. Andere schwere Verstöße gegen die Menschlichkeit hat man in dem beliebten Märchenballett offenbar erst jetzt entdeckt. Es gibt darin doch tatsächlich einen „Orientalischen Tanz“ und einen „Chinesischen Tanz“. Ja, hat das denn niemand früher bemerkt? Im Interview mit der BZ klärt uns Frau Theobald auf:

Der chinesische Tanz zeigt Stereotypen mit kleinen Trippelschrittchen. Das wurde in der Zeit, in der die Choreografie entstanden ist, nicht kritisch hinterfragt.

Auch der orientalische Tanz mit den Haremsdamen und einem Solisten mit brauner Körperschminke sind Dinge, die man so heute nicht mehr unbesprochen auf die Bühne stellen kann.

Unglaublich! Trippelschritte! Und sogar Körperschminke! Den Einwand, daß es doch auch im Schwanensee und anderswo „Nationalitäten-Tänze“ gebe, wischt sie mit dem bemerkenswerten Argument beiseite, der Choreograph der Aufführung von 1892 sei nie in Indien oder China gewesen, es sei reine Fantasie. Seine Inszenierung behaupte aber: „So ist Indien, so ist China!“

In einem Podcast hieß es dann sogar, das Publikum sei noch nicht so weit, richtig zu verstehen, was es auf der Bühne sieht. Damit sind wir freilich an einem Punkt angelangt, an dem die F.A.Z. fassungslos (und völlig zurecht!) fragt: „Für wie dämlich oder selbst rassistisch hält die Tanzwissenschaft das Tanzpublikum?“

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