Ein verwerfliches Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die schweren Einschränkungen der Grundrechte „in der äußersten Gefahrenlage der Pandemie“ rückwirkend für verfassungsgemäß erklärt hat, ist eines der schlimmeren Urteile, die das BVG in den letzten Jahrzehnten gefällt hat. Es ist in meinen Augen deshalb so gefährlich, weil es künftigen Regierungen einen Freibrief ausstellt, denn wenn sich der Gesetzgeber „wegen Unwägbarkeiten der wissenschaftlichen Erkenntnislage“ kein sicheres Bild der Lage machen kann, so steht es in der Urteilsbegründung, dann

genügt es […], wenn er sich an einer sachgerechten und vertretbaren Beurteilung der ihm verfügbaren Informationen und Erkenntnismöglichkeiten orientiert.

Damit kann das Parlament künftig Grundrechte jedenfalls dann nach Herzenslust beschränken, wenn es wenigstens eine bestimmte Fraktion der Wissenschaft auf seiner Seite hat. Es muß offenbar nicht einmal a posteriori in Studien prüfen lassen, ob die Maßnahmen überhaupt wirksam waren, etwa die Beschränkungen bei Sportveranstaltungen im Freien, beim Aufenthalt im Restaurant oder beim Feuerwerk an Silvester. Die vielen Bundesligaspiele mit Zehntausenden von Zuschauern haben in den letzten Monaten offenbar kaum zu Ansteckungen geführt, auch nicht die Restaurantbesuche. Und gibt es belastbare Studien, daß sich die Menschen beim Einkaufen infizieren? Wenn der Staat aber die Wirksamkeit seiner Maßnahmen nicht einmal im nachhinein prüfen lassen muß, dann kann er ja buchstäblich tun und lassen, was er will.

Und an das Bundesverfassungsgericht wird sich nach diesem Urteil – schon aus Mangel an Erfolgsaussicht – kaum mehr jemand wenden, etwa wenn es demnächst um die Impfpflicht geht.

PS: Ich bin selbst vollständig geimpft und empfehle jedem dringend, sich auch impfen zu lassen. Aber eine Impf-Pflicht ist nicht mit dem Grundgesetz und einem liberalen Rechtsstaat vereinbar. Wenn dann auch noch Verstöße gegen die Impfpflicht mit Strafen von mehreren tausend Euro geahndet werden, wird der von Juristen gemachte feinsinnige Unterschied zwischen einer (angeblich verfassungsgemäßen) Impfpflicht und einem (verfassungswidrigen) Impfzwang vollends absurd.

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