Kennen Sie „wmn“? Nein? Dann sind Sie vermutlich wie ich Mitglied der großen Mehrheitsbevölkerung. „Wmn“ (vermutlich durch Schrumpfung aus woman oder women gebildet) ist ein Versuch der Funke Mediengruppe, mit jungen Frauen und ein bißchen Pseudofeminismus Geld zu verdienen. Aber hören wir einmal, wie sich wmn selbst beschreibt:
Wir behandeln aktuelle Themen zu Lifestyle, Sex & Liebe, Beauty & Gesundheit, Business & Job, sowie Familie & Partnerschaft. Wir stehen für (Selbst-)Bewusstsein, Emanzipation und Selbstverwirklichung. Bei den wichtigsten Entscheidungen im Leben wollen wir jungen Frauen zur Seite stehen. Wir stellen Fragen. Wir sind offen und mutig. Wir stehen zu unserem Wort. Wir wollen kein Schwarzweiß. Wir suchen die richtige Balance. Wir wollen lernen. Wir lieben uns so, wie wir sind. wir sind wmn.
Also: ich bin nicht wmn, ich bin nur mn. Aber selbst ich wmn wäre, würde ich mich für diesen Funke’schen Marketing- und Werbe-Jargon richtig schämen. Und erst recht für den Artikel der wmn-„Redakteurin“ Mona Schäffer:
Aldi-Möhrenfamilie: Der Discounter hat eine Chance zur Integration verpasst.
Ja, was war denn da los? Schon seit längerem bevölkern seltsame Karotten jeden Aldi-Prospekt. Sie heißen Kai und Karla Karotte und haben drei Kinder: Michel, Mia und Merle. Daß es sich um ziemlich bescheuerte Maskottchen handelt, sieht man auf den ersten Blick. Aufgrund einer zunehmenden Infantilität unter Erwachsenen kann es aber durchaus sein, daß die munteren Möhren auf freudige Zustimmung stoßen und bald ihre eigene Fangemeinde haben. Auch Mona Schäffer gibt zu, daß es sich hier um „eine wirklich niedliche Familie“ handelt.
Aber dann legt die Redakteurin los:
Ein traditionelles Elternhaus mit einem Papa und einer Mama. Dazu drei glückliche und wohlerzogene Kinder. Doch ist das eigentlich noch zeitgemäß?
Eine Frage, die sich bei ihr eigentlich von selbst beantwortet, aber weil ja womöglich nicht jede wmn-Leserin den geistigen Höhenflügen der wmn-Redaktion folgen kann, wird Mona Schäffer deutlicher:
Traditionelle Rollenbilder einer „klassischen“ Familie gehören nach Ansicht vieler Menschen aus den jüngeren Generationen in die Vergangenheit. Heute wissen wir darum, dass es ganz normal ist, dass Ehen zwischen zwei Elternteilen scheitern können.
Ach ja, wirklich? Wer hätte das gedacht! Wie gut, daß es die Funke Mediengruppe gibt!
Wer jetzt aber meint, das sei alles nur so dahergesagt, den überrascht die Redakteurin mit knallharter philologischer Beweisführung und einem Ausflug in die deutsche Grammatik:
Eine Ehe zwischen Kai und Karla deutet auf eine heterosexuelle Beziehung hin. Das sehen wir nicht nur an den traditionell männlichen (Kai) und weiblichen (Karla) Namen. Wir sehen es auch an den Pronomen „sie“ und „er“, die Aldi zur Beschreibung der Familie nutzt.
Wie wahr! Aber – was will uns die Redakteurin damit eigentlich sagen?
Queere Menschen machen einen Anteil von gut 15% der Gesamtbevölkerung aus. Das ist beinahe jeder sechste Mensch. Meiner Meinung nach Grund genug, um sie auch mal in den Vordergrund zu stellen.
Stimmt, denn sie stehen ja sonst nirgendwo im Vordergrund! Queere Menschen bevölkern zwar seit Jahren jeden Krimi, jede Talkshow, jede Nachrichtensendung, aber das reicht noch lange nicht. Denken Sie einmal nach: wann haben Sie zum letzten Mal einen Tatort oder einen Polizeiruf ohne schwules oder lesbisches Paar gesehen? Eben. Und wenn nicht queer, dann wenigstens mit Migrationshintergund. Farbige Frauen sind im Krimi zur Zeit besonders beliebt. Wenn ein alter weißer Fernsehkommissar oder sein Assistent abtritt, wird er mit großer Wahrscheinlichkeit durch eine Frau mit Migrationshintergrund ersetzt. Das alles hat rein gar nichts mit Gendergerechtigkeit oder „Sichtbarkeit“ zu tun. Es ist einfach nur peinlich, weil es aufgesetzt wirkt und nichts anderes ist als ein Kotau vor den mächtigen einschlägigen Lobbygruppen. Ich vermute übrigens, daß Drehbücher (oder Theaterstücke) ohne „LGBTI-Personen“ bzw. ohne Menschen mit Migrationshintergrund heutzutage gar nicht mehr angenommen werden. Die Autoren sich diesem Druck offenbar schon gebeugt.
Aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß es einen Schauspieler etwa befriedigt, wenn er weiß, daß er seine Rolle nur wegen seiner Hautfarbe bekommen hat.
Aber zurück zu unserer Redakteurin. Die edle Einfalt ihres Artikels ist natürlich auch den Lesern aufgefallen. Die Redaktion meldet mit gekonnter Untertreibung, daß es „einige Leser:innenmails, Instagram-Nachrichten und Twitter-Comments“ gegeben habe. Drei davon werden zitiert, die Absender („Die Namen wurden von mir geändert“) heißen Emil, Samuel und Janosch. Merkwürdig – alles Männernamen, und das in einer Zeitschrift für junge Frauen!
Aus einem der Leser:innenmails möchte ich am Ende noch ein paar Sätze zitieren, weil sie zeigen, auf welch hohem Niveau sich auch die Leser:innen von wmn artikulieren:
Zwei verheiratete Bisexuelle in einer monogamen Beziehung und meinetwegen auch mit Kindern, können weiterhin Bisexuell sein. Oder sind Asexuell, oder Pansexuell oder Omnisexuell. Klar ist das nicht „in your face“- lesbisch oder schwul, jedoch inklusiv im Biplusumbrella, absolut queer.
Ich hätte es nicht besser ausdrücken können.