Schock bei Google Maps: eine Männerstimme!

Wie gut, daß es netzwelt.de gibt. Sonst hätte man vielleicht nie erfahren, welches seelische Trauma einer Nutzerin von Google Maps widerfahren ist (hier nachzulesen).

Sie stellt Maps an, um sich wie gewohnt von der sanften Frauenstimme ans Ziel leiten zu lassen – und dann geschieht es.

Plötzlich war da diese männliche Stimme!

Man kann sich ihr Entsetzen vorstellen: eine Männerstimme!

Eine furchtbare Überraschung. Für Frauen, die schlechte Erfahrungen mit gewaltbereiten Männern machen mussten kann das wirklich fatal sein. Hoffentlich merkt Google das!

Ich erinnere mich da an ähnlich traumatische Erlebnisse amerikanischer Studenten, die im Literaturstudium Mark Twains „Huckleberry Finn“ lesen sollten – und danach schluchzend (ja, wirklich schluchzend!) bei ihrem Dozenten auftauchten. Sie waren bei ihrer Lektüre völlig unerwartet dem Wort „Nigger“ ausgesetzt worden. Nicht einmal oder zehnmal, nein: mehr als 200 Mal mußten sie es über sich ergehen lassen. Da war eine posttraumatische Belastungsstörung vorprogrammiert.

Eine Sozialisierung junger Menschen, die ihre „Zerbrechlichkeit“ und „Verletzlichkeit“ gar nicht genug betonen kann, müsse in Frage gestellt werden, schreibt Frank Furedi in seinem Buch „What’s Happened to the University“ (Routledge 2017):

Studenten brauchen Universitäten, die sie zu einem Leben in Freiheit und Unabhängigkeit erziehen, und nicht „sichere Orte“, die sie zu infantilisierten, um Schutz flehenden Bittstellern machen.

Und junge Frauen, das füge ich hinzu, brauchen ganz bestimmt eine Erziehung, die ihnen dabei hilft, nicht schon beim Hören einer Männerstimme zu Tode zu erschrecken.

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„Promi Big Brother“ – Ein kleiner Blick in das Paralleluniversum von SAT 1

„Diese 12 Stars sind bei Promi Big Brother“, lautet eine Tatarenmeldung von „Promiflash“, und auf einer anderen Plattform werden die „Stars“ fein säuberlich aufgezählt (hier nachzulesen). Ich lasse ihre Namen mal weg, die sind eh Schall und Rauch, und beschränke mich auf die angegebenen „Berufe“ der Stars:

  • Mitglied der „Kelly Family“
  • Schweizer Bachelorette
  • „Berlin Tag & Nacht“-Sternchen
  • QVC-Moderator
  • Comedian
  • Malle-Sänger
  • DJ und Tattoo-Model
  • Tennisprofi
  • „Love Island“-Kandidat
  • „Beauty & The Nerd“-Teilnehmerin
  • „Berlin – Tag & Nacht“-Serienstar
  • Ex von Adel Tawil

Ist das nicht wunderbar? Wer hätte je gedacht, daß man von Beruf „Malle-Sänger“, „Tattoo-Model“ oder „Bachelorette“ werden könnte? Oder, noch erstaunlicher, die „Ex von Adel Tawil“? Welcher Berufsberater hätte einem Abiturienten vor Jahren eine solche Fülle von Vorschlägen unterbreiten können?

Und jetzt sagen Sie nicht, das sei alles Trash! Die Seifenoper „Berlin – Tag und Nacht“, die hier gleich mit zwei Teilnehmern vertreten ist, hat einen Wikipedia-Eintrag im Umfang von 44 KB. Dem früheren Bundespräsidenten Walter Scheel hat man im elektronischen Lexikon nur 42 KB gegönnt.

Darüber könnte man einige kulturgeschichtliche Überlegungen anstellen.

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Studentenprofessoren

Eine Studentin, die in Mainz Ethnologie und Kunstgeschichte studiert, antwortete auf die Frage, was sie an ihrer Universität störe:

Vielleicht sollte man das Seminarkonzept überdenken. Ich mag es nicht so, wenn immer nur Studenten die Seminare leiten.

Studenten leiten die Seminare? Also ausgerechnet da, wo Studenten das wissenschaftliche Arbeiten von der Pike auf lernen sollen, setzt man ihnen einen Kommilitonen vor die Nase?

Das erinnert mich an das Konzept des Lehrers als eines „Lernbegleiters“, wie es auf dem Exerzierfeld unserer pädagogischen Revolutionäre schon fleißig geübt wird. Da die Schüler ja schon alles Wissen in sich tragen, muß man sie nur in Lerngruppen zusammensetzen, und der Lehrer lehnt an der Fensterbank und greift nur noch ein, wenn es unbedingt nötig ist.

Wer hätte gedacht, daß Summerhill noch einmal Wirklichkeit wird in unserem Land?

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„Harper’s Letter“ – und ein Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung

Mehr als 150 Intellektuelle der Vereinigten Staaten und Englands – die meisten von ihnen Professoren und Schriftsteller – haben einen aufsehenerregenden Brief veröffentlicht. Er trägt den Titel „A Letter on Justice and Open Debate“. Es war Zeit für einen solchen Brief, höchste Zeit. Sie können ihn im Original online in Harper’s Magazine nachlesen, in der gedruckten Ausgabe wird er im Oktober erscheinen. Ein paar Absätze habe ich ins Deutsche übersetzt:

Der Geist der Zensur breitet sich in unserer Kultur immer mehr aus: Intoleranz gegenüber anderen Meinungen, der Trend zu Scherbengericht und öffentlicher Herabsetzung, die Tendenz, komplexe politische Fragen im blendenden Licht moralischer Gewißheit verschwinden zu lassen. Wir dagegen bestehen auf dem Wert einer kraftvollen, auch einer scharfen Entgegnung von allen Seiten. Aber überall wird jetzt als Reaktion auf vermeintliche Übergriffe in Sprache und Gedanken der Ruf nach schneller und strenger Bestrafung laut. Was noch beunruhigender ist: daß die Leitungen von Institutionen, in einer Art panischer Schadensbegrenzung, anstelle von besonnenen Reformen übereilte und unverhältnismäßige Strafen verhängen. Redakteure werden wegen kontroverser Beiträge entlassen, Bücher wegen angeblich fehlender Authentizität zurückgezogen. Journalisten verbietet man, über bestimmte Themen überhaupt zu schreiben, und Lehrer werden verfolgt, wenn sie in ihrer Klasse bestimmte literarische Werke zitieren … Wir zahlen den Preis dafür in Gestalt einer immer größeren Risikovermeidung bei Schriftstellern, Künstlern und Journalisten, die um ihre Existenzgrundlage fürchten müssen, wenn sie sich nicht an den Konsens halten oder nicht genügend Begeisterung für ihn aufbringen.

Am Ende schreiben die Autoren:

Diese erstickende Atmosphäre wird am Ende beschädigen, was für unsere Gesellschaft geradezu lebenswichtig ist. Die Beschränkung des Diskurses, ob sie nun von einer repressiven Regierung oder einer intoleranten Gesellschaft ausgeht, wird ausnahmslos jenen schaden, die keine Macht haben, und sie wird ihre Möglichkeiten zu demokratischer Teilhabe schmälern. Schlimme Ideen bekämpft man durch Aufdecken, Argumentieren und Überzeugen, nicht indem man sie zum Schweigen bringt oder einfach wegwünscht. Wir verweigern uns der Entscheidung zwischen Gerechtigkeit und Freiheit, denn beide können nicht ohne einander existieren. Als Schriftsteller brauchen wir eine Kultur, die uns Raum gibt für Experimente, Risiken und auch für Fehler. Wir müssen uns die Möglichkeit bewahren, im guten Glauben anderer Meinung zu sein, ohne harte berufliche Konsequenzen zu fürchten. Wenn wir selbst nicht verteidigen, was die Voraussetzung für unsere Arbeit ist, dann können wir nicht erwarten, daß die Öffentlichkeit oder der Staat sie für uns verteidigt.

Unterschrieben haben diesen überfälligen Aufschrei auch Noam Chomsky, der Nestor der amerikanischen Linken, und die Harry-Potter-Erfinderin Joanne K. Rowling. Wer sich eingehend mit der Situation an den Universitäten und Zeitungen der USA beschäftigt hat, wird den Brief eher als zu gemäßigt empfinden.

Und was sagt dazu ein Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung? Hören wir, was Peter Körte, stellvertretender Ressortleiter im Feuilleton, von den „liberalen Intellektuellen“, die den Brief unterzeichnet haben, hält (hier nachzulesen):

Obwohl die wenigsten von ihnen bisher befürchten mussten, Opfer einer „Cancel Culture“ zu werden, also wegen unliebsamer Äußerungen aus dem öffentlichen Diskurs verbannt zu werden, konstruieren sie das Phantom einer Bedrohung: Neue „moralische Haltungen und politisches Engagement“ schwächten offene Diskussionen und Toleranz. Wer diese „Kräfte des Illiberalismus“ verkörpert, wer wofür verantwortlich ist und woher die große Macht der unbekannten Verantwortlichen rührt, Redeverbote zu verhängen, bleibt unscharf bis unkenntlich.

Das ist eine Zusammenfassung, die schon an fake news grenzt, zumindest zeigt sie, um es vorsichtig auszudrücken, die Unvertrautheit des Schreibers mit den amerikanischen Zuständen. In Filmkritiken mag er sich auskennen, aber hier ist ihm auf der Liste der Unterzeichner nicht einmal der Name Nicholas A. Christakis (Yale) aufgefallen, der 2015 eines der ersten Opfer war, das für seine Meinung bestraft wurde. Der Fall hatte damals über Yale hinaus Aufsehen erregt, denn es ging eigentlich gar nicht um Christakis selbst, sondern um seine Frau. Sie hatte, als in Yale Forderungen auftauchten, nur politisch korrekte Halloween-Kostüme zuzulassen, in einer E-Mail geschrieben, man solle es doch den Studenten selbst überlassen, wie sich verkleiden. Da brach die Hölle los, auch für Christakis, der seiner Frau beigepflichtet hatte.

Woher Körte seine Gewißheit nimmt, daß nur „die wenigsten“ Unterzeicher bisher befürchten mußten, selbst Opfer zu werden, weiß ich nicht. Gerade am Beispiel von Rowling kann man beobachten, wie Menschen selbst wegen einer kleinen, harmlosen Bemerkung mundtot gemacht werden sollen (sie hatte sich über die Bezeichnung „people who menstruate“ lustig gemacht).

PS: Körtes verächtliche Bemerkung fügt sich perfekt in seine Besprechung jenes Buches ein, das die beiden „New York Times“-Journalistinnen über den Weinstein-Skandal veröffentlicht haben. Da wischt Körte nach dem Motto „Wo gehobelt wird, fallen Späne“ alle negativen Folgen der MeToo-Bewegung brüsk zur Seite: die Kultur der Denunziation etwa, die dazu geführt hat, daß man den Gang durch die Gerichte gar nicht mehr antreten muß, weil das Opfer Ankläger, Zeuge und Richter in einer Person ist. So kann man mit leichter Hand die bürgerliche und berufliche Existenz von Menschen vernichten, ohne daß je ein Richter darüber Recht gesprochen hat. Das alles sind für Körte Kollateralschäden, die nicht zählen:

Die Breite des Protestes ist es auch, die Streuwirkungen erzeugt hat. Sie hat dafür gesorgt, dass es nicht immer die „Richtigen“ trifft, sondern auch die „Falschen“.

Aber:

Was ist diese Streuung, was sind dogmatische Verzerrungen, die sich bisweilen selbst ad absurdum führen, gegen die im Fall von #Metoo so offenkundige steinalte, zählebige Selbstgewissheit, man werde schon irgendwie davonkommen mit Diskriminierung, Benachteiligung und sexuellen Übergriffen, weil es ja schon immer so funktioniert habe?

Da merkt man denn doch, daß Körte viele Jahre für die Frankfurter Rundschau geschrieben hat.

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Sollen jetzt Farbige in den USA nur noch in „black-owned businesses“ einkaufen?

Ein weiterer Rückschritt in den Vereinigten Staaten, den man nun wirklich nur als umgekehrten Rassismus begreifen kann: nachdem Google Maps in den USA schon Läden und Firmen mit speziellen Zeichen hervorgehoben hat, die von Frauen geführt werden oder „LGBT-freundlich“ sind, werden jetzt auch „black-owned businesses“ besonders gekennzeichnet, Läden also, deren Inhaber eine schwarze Hautfarbe haben.

Und das soll jetzt fortschrittlich sein? Das soll ein Zeichen im Kampf gegen den Rassismus setzen?

Nein, das ist auch Rassismus, nur von der Gegenseite her, und es verstößt gegen den Geist der Declaration of Independence, die in dem wunderbaren Satz gipfelt,

that all men are created equal.

Statt im Geiste der Aufklärung hervorzuheben, daß wir alle Menschen mit gleichen Rechten sind, daß niemand (wie es unser gutes altes Grundgesetz im Art. 3 formuliert)

wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt

werden darf, trennt man in den USA wieder (angeblich aus den besten Beweggründen) Schwarz und Weiß, Männer und Frauen, Heterosexuelle und Homosexuelle usw. Was soll daraus Gutes entstehen? Sollen jetzt Schwarze nur noch bei Schwarzen einkaufen, Frauen bei Frauen, und Schwule bei Schwulen? Warum dann nicht auch Linkshänder bei Linkshändern oder Autisten bei Autisten?

Was da aus Angst vor Aktivisten und im Gestus der moralischen Überheblichkeit eingeführt wird, hat mit dem Geist der amerikanischen Verfassung wenig zu tun.

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„Niemand hat mich lieb“

Auf Twitter schreibt der amerikanische Präsident heute:

With Universal Mail-In Voting (not Absentee Voting, which is good), 2020 will be the most INACCURATE & FRAUDULENT Election in history. It will be a great embarrassment to the USA. Delay the Election until people can properly, securely and safely vote???

Wegen der (womöglich) vielen Briefwähler werden die Präsidentschaftswahlen also die „ungenauesten und betrügerischsten Wahlen der Geschichte“ sein, schreibt Trump. Und eine „große Blamage“ für die USA.

Die Wahrheit ist: er bekommt es allmählich mit der Angst zu tun. Er liegt um die zehn Punkte hinter Joe Biden, und ein Mann, der an einer narzißtischen Persönlichkeitsstörung leidet, erträgt so etwas nicht. Dem führenden Immunologen der USA, Anthony Fauci, vertrauen nach den neuestem Umfragen 65 % der Amerikaner, ihrem Präsidenten nur 30 %. „Nobody likes me“, sagte Trump.

Aber das ist kein Wunder: entgegen allen wissenschaftlichen Untersuchungen lobt er zum Beispiel eine Ärztin, die eher eine Wunderheilerin ist: Stella Immanuel (hier nachzulesen):

Stella Immanuel ist in der Vergangenheit bereits mit kruden Thesen aufgefallen: So behauptet sie unter anderem bei Twitter und Youtube, dass zahlreiche gesundheitliche Probleme wie Zysten und Endometriose verursacht werden, weil Menschen in ihren Träumen Sex mit Dämonen und Hexen haben. Auch vertrat sie die bizarre Theorie, die Welt werde von „reptilischen Geistern“ beherrscht, die halb Menschen und halb Außerirdische seien.

Sehr beeindruckend sei diese Heilerin, sagte Trump. Die Frage, ob nicht womöglich er selbst ein Außerirdischer sei, dessen Verwandlung in Menschengestalt nicht ganz gelungen ist, habe ich an dieser Stelle schon einmal gestellt.

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Auch nach vier Jahrzehnten noch immer höchst lesenswert: Horst Sterns Buch „Rettet den Wald“

Dem Wald geht es nicht gut. Das hat mehrere Gründe: den Klimawandel, die Trockenheit, aber eben auch die Zusammensetzung der Baumarten.

Ältere Menschen werden sich vielleicht noch an ein Buch erinnern, das im Jahr 1979 für Furore gesorgt hat: „Rettet den Wald“ von Horst Stern. Es wurde ein Bestseller, 1984 erschien schon die 6. Auflage. Damals war der Wald vor allem durch den „sauren Regen“ gefährdet, das Wort vom drohenden „Waldsterben“ machte die Runde. Horst Stern und seine Mitautoren (Koryphäen wie Peter Burschel, Hans Bibelriether oder Richard Plochmann) lieferten aber viel mehr als nur einen aktuellen Schadensbericht – der wäre heute auch nicht mehr aktuell, weil (nicht zuletzt durch dieses Buch!) die Schadstoffemissionen der Industrie in den Jahren danach immer mehr reduziert wurden. Nein, Sterns Buch ist eine große tour d’horizont über den mitteleuropäischen Wald, seine Biologie, seine Geschichte, und sie ist voller interessanter Details. Das meiste, was ich über den Wald gelernt habe, stammt aus diesem Buch: Plenterwirtschaft und Rückepferde, Kahlhieb, das Bodenleben, Stangenholz, Durchforstung und vieles, vieles mehr. Vor allem aber ist das Buch ein Plädoyer für den Mischwald und gegen die Monokulturen aus Fichten, die damals (und zum Teil auch heute noch) große Flächen unseres Landes bedeckten.

Wie ich jetzt nach so langer Zeit auf Horst Sterns Buch gekommen bin? In einem F.A.Z.-Artikel über den schlimmen Zustand des Frankfurter Stadtwalds wird ein Förster mit dem Satz zitiert, „gemischte Wälder“ halte er für die beste Strategie, um mit dem Klimawandel fertigzuwerden. Was für eine revolutionäre Idee! Über die Gefahr durch Monokulturen (nicht nur in der Forst-, sondern auch in der Landwirtschaft!) hat man seit den 70er Jahren überall im Land diskutiert, und die Forstverwaltungen haben damals allesamt zumindest den Eindruck erweckt, daß sie ihre Lektion gelernt hätten.

Aber offenbar gehört es zu den kulturell schwierigsten Dingen überhaupt, die Erfahrungen einer Generation an die nächste weiterzugeben. Trägkeit und Bequemlichkeit („das haben wir schon immer so gemacht!“) tragen meistens den Sieg davon. Geradezu ein Musterbeispiel dafür sind die Grünen. Ihre Geburtsstunde war der Kampf gegen die Monokulturen in der Landwirtschaft – und heute preisen sie die Raps- und Maismonokulturen, die immer größere landwirtschaftliche Flächen verschlingen und den Boden auf lange Zeit unfruchtbar machen, als „nachwachsende Rohstoffe“. Vielfalt interessiert sie nur noch bei den sexuellen Orientierungen, nicht in der Natur.

Mit der langfristigen Lernfähigkeit des Menschen scheint es nicht weit her zu sein. Das sollte man, wenn es ums Menschenbild geht, immer im Auge behalten.

PS: Sterns Buch „Rettet den Wald“ bekommt man antiquarisch – gut erhalten – schon für 50 Cent. Der Kauf lohnt sich!

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Erde und Welt

Die Stadt Werchojansk, liest man in der Zeit, sei „einer der kältesten bewohnten Orte der Welt“.

Da hat wohl jemand unsere kleine Erde mit den unendlichen Weiten des Weltraums verwechselt.

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Dichterinnenzitat

Wandern, schrieb die britische Schriftstellerin Elizabeth von Arnim einmal, sei die vollkommenste Art der Fortbewegung. Der SWR zitiert dieses Wort in seinem heutigen Programmkalender, um damit auf die Sendung „Wanderurlaub in Rheinland-Pfalz“ (heute abend um 20 Uhr) hinzuweisen. Und er fährt fort:

Dieses Dichterinnenzitat nimmt sich Anna Lena Dörr bei ihrer Expedition in einen Wanderurlaub zu Herzen.

Ein Dichterinnenzitat also! Das ändert natürlich alles. Ein Lob aufs Wandern, das aus der Feder einer Frau stammt, hat doch gleich ein ganz anderes Gewicht.

Aber im Ernst: was soll man eigentlich noch tun, um die Dummheit (auch die Dreistigkeit!) des Sprachfeminismus in die Schranken zu weisen? Argumentieren? Keine Chance. Einige wenige Sprachwissenschaftler geben sich große Mühe, schreiben Artikel, erläutern, was ein „generisches Maskulinum“ ist, weisen darauf hin, wie die Sprache leidet, wenn Ideologen sie zu ihrer Verfügungsmasse erniedrigen – aber das alles prallt von diesem politischen Milieu ab. Gegen Dummheit ist eben kein Kraut gewachsen.

Auch wenn es einem oft im Halse stecken bleibt, so ist das Lachen doch auch in diesem Fall die beste Strategie. Den Mitarbeiter eines Fernsehsenders, der von einem „Dichterinnenzitat“ spricht, sollte man aus vollem Halse auslachen, mit einem schallenden, einem großen, von mir aus auch mit einem homerischen Gelächter. Er hat nichts anderes verdient.

PS: Der (steinige!) Weg der europäischen Humanität war immer davon beseelt, daß wir alle Menschen sind. Nicht Franzosen und Deutsche, sondern Menschen. Nicht Männer und Frauen, sondern Menschen. Nicht Protestanten und Katholiken, sondern Menschen. Nicht Homosexuelle und Heterosexuelle, sondern Menschen. Und eben auch nicht Weiße und Schwarze, sondern Menschen. Wir hier in Europa haben auf diesem Weg viel erreicht. Wer jetzt rückwärts geht, wie es die ideologischen Eiferer und Bilderstürmer der jüngsten Zeit tun, wer die mühsam zugeschütteten Gräben wieder aufreißt, der begreift offenbar gar nicht, wieviel Mühe, wieviele Opfer es gekostet hat (und wieviele Jahrhunderte nötig waren), um wenigstens so weit zu kommen. Diese Eiferer sind nicht „fortschrittlich“, wie sie glauben. Sie gehen mit Siebenmeilenstiefeln zurück in die Vergangenheit. Folgen sollten wir ihnen auf diesem Weg nicht.

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Sparkasse sorgt sich

Das „Sparkassen-Finanzportal“ hat mich gerade noch rechtzeitig per E-Mail gewarnt:

Guten Tag,
Sparkasse sorgt sich um die Sicherheit aller Kunden und überwacht Ihre Daten bei der Anmeldung (Ihre IP-Adresse, Ihr Standort und Gerät, von dem Sie sich anmelden). Wir haben einige fehlgeschlagene Anmeldeversuche bei Ihrem Online-Banking registriert, daher haben wir aus Sicherheitsgründen den Zugriff auf Ihr Konto vorübergehend gesperrt.
Es gibt keinen Grund zur Sorge, es ist eine automatische Aktion des Systems. Um den vollen Zugriff auf das Konto wieder aufzunehmen, müssen Sie die nächste Bankfiliale besuchen oder es sicher tun, ohne das Haus zu verlassen, indem Sie auf den speziell für Sie generierten Link klicken.

Ist das nicht nett, daß die extra einen Link für mich generiert haben? Das Problem ist nur, daß wir gar kein Konto bei der Sparkasse haben.

Ich glaube, ich werde doch lieber nicht auf den speziell für mich generierten Link klicken.

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