Volksverhetzung Homosexueller

Dieser Satz steht groß und fett als Überschrift im „Morgenticker“ des Hessischen Rundfunks (hier nachzulesen):

Professor wegen Volksverhetzung Homosexueller vor Gericht.

Ein Satz, wie er nur in der Zeit eines dramatisch zurückgehenden Sprachgefühls – selbst in der Presse und im Rundfunk – möglich ist. Das Wort „Verhetzung“ ist aus unserem Wortschatz völlig verschwunden, es war aber, wie man im Deutschen Wörterbuch der Brüder Grimm nachlesen kann, bis weit ins 19. Jahrhundert im Gebrauch. Erhalten hat es sich aber nur im juristischen Begriff der „Volksverhetzung“ (§ 130 StGB).

Im Deutschen Wörterbuch heißt es, „verhetzen“ bedeute stets

zum schlimmen (besonders zum unfrieden) drängen, durch böswillige aufreizung jemand gegen einen andern einnehmen.

Aber wer verhetzt in unserem Fall wen? Auf jeden Fall ist das Objekt der Verhetzung schon im Wort selbst enthalten: das Volk. Da kann man nun wirklich nicht einfach eine nähere Bestimmung im Genitiv anhängen, nur weil die Gruppe, gegen die angeblich gehetzt wird, unbedingt noch in der Überschrift untergebracht werden soll. So falsch diese Fügung grammatisch ist, so zweideutig ist sie auch: die Deutung, daß sich Homosexuelle einer Volksverhetzung schuldig gemacht haben, läßt er ohne weiteres zu.

Ich will an dieser Stelle einmal im Wortlaut anfügen, was eine Volksverhetzung im Sinne des Gesetzgebers ist:

Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

  1. gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
  2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,

wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Nicht auszudenken, wenn man diesen auf den ersten Blick vernünftigen Paragraphen auch auf Kommentare im Internet konsequent anwenden würde. Aber leider scheitern die meisten Klagen schon daran, daß ein Text oder eine Rede geeignet sein muß, „den öffentlichen Frieden zu stören“.

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Letzte Fragen

Zu der schwierigen Entscheidung, wo Theater und Oper in Frankfurt neu gebaut werden sollen, schreibt Rainer Schulze heute im Lokalteil der F.A.Z., dazu müsse der Magistrat „letzte Fragen klären“.

Da wird es zu einem Neubau wohl erst am Sankt-Nimmerleins-Tag kommen.

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Das Zitat des Tages

Es kommt diesmal aus dem Munde des AfD-Chefs Jörg Meuthen, der gestern im ARD-Sommerinterview wörtlich sagte:

Wir dulden keine Rechtsextremisten in unseren Reihen.

Narrhallamarsch!

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Weg mit Bismarck! Es lebe der Rapper!

Seit gestern nachmittag wird Aykut Anhan, der sich als Rapper den irgendwie passenden Künstlernamen „Haftbefehl“ gegeben hat, im Klinikum Darmstadt wegen einer Schußwunde am Bein behandelt. Die Wunde soll er sich, wie die Polizei heute mitteilte, nach einem Besuch im Frankfurter Bahnhofsviertel selbst zugefügt haben – aus Versehen, vielleicht im Rausch. Kann ja mal vorkommen.

Nun ist Anhan nicht irgendwer, sondern, wenn man seinen Anhängern glauben will, einer der bedeutenden Söhne der Stadt Offenbach und der „bekannteste Offenbacher der letzten 30 Jahre“. Deshalb soll jetzt eine große Straße in Offenbach nach ihm benannt werden. Sie heißt jetzt noch Bismarckstraße – aber das geht gar nicht.

Hören wir, was ein „Offenbacher Aktivist“ und „Student für Stadtgeographie“ namens Felix Sauer (er ist der Initiator der Petition zur Umbenennung) nach langjähriger, gründlicher Recherche im Internet über den Reichskanzler herausgefunden hat (hier nachzulesen):

Otto von Bismarck hat mit der von ihm 1884/1885 in Berlin organisierten Kongokonferenz die Kolonisierung Afrikas organisiert und ist damit für das Leid und die Ermordung von Millionen von Menschen (mit)verantwortlich. Auch außerhalb dieser Konferenz war er ein Kriegstreiber.

Das war’s schon? Ja, das ist alles, was er zu Bismarck herausgefunden hat. Nur noch ein paar Links am Ende, sonst nichts. So schreibt also einer, der von der Stadt Offenbach eine „gute Geschichtsschreibung“ einfordert – was immer das heißen mag.

Da möchte man schon wissen, welcher Geschichtslehrer ihm dabei geholfen hat, sich die Studienreife zu verschaffen.

Ich hoffe ja, daß Sauer nicht repräsentativ für seine Generation ist, aber wenn ich mir so ansehe, wie viele seiner Altersgenossen ein unkritisches Herumklicken im Internet für „Recherche“ halten (Rezo!), dann mag ich mir lieber nicht vorstellen, wie es heutzutage in den Proseminaren der Geisteswissenschaften zugeht. Zu meiner Zeit hat man am Beginn eines Studiums als erstes das wissenschaftliche Arbeiten gründlich eingeübt, und darin kann man gar nicht streng genug sein. Die Gewissenhaftigkeit beim Arbeiten gehört zum Ethos der Wissenschaft. Wer dieses Arbeiten von der Pike auf gelernt hat, wird später kaum in Versuchung geraten, ein zusammengeschludertes Sammelsurium aus dem Internet für eine wissenschaftliche Arbeit zu halten.

Aber noch einmal kurz zurück zum berühmten Offenbacher Rapper. Im Kommentarteil der Petition können sich die „User“ über die Umbenennung äußern, und sie tun es auch mit der im Internet üblichen Eloquenz. Ein paar Beispiele:

Wer war Bismarck? Und wieso sollte diese Stadt eine Straße nach einem längst verstorbenen Menschen benennen, der die Kolonialisierung vorangetrieben hat?

Haftbefehl ist ein wichtiger Bildungscharakter für viele Heranwachsende und hat gute Inhalte in seinen Texten.

Weil Haftbefehl geil ist.

Ich halte es für sinnvoll den Namen Bismarcks aufgrund seiner Verfehlungen seinerzeit nicht länger zu glorifizieren.

Haftbefehl ist ein wichtiger Teil der deutschen Kunsthistorie.

Weil Bismark ein unehrenhafter Mann war den man Heutzutage nicht mehr in Form einer Straßenbenennung ehren sollte.

Bismarck ist ein kolonialisierer, das sind werte die in der kulturreichen stadt offenbach NICHT akzeptiert werden.

Bismarck ist ein rassistischer Kolonisator, Haftbefehl der legitime Nachfolger von Goethe und Schiller.

Da die vorherige Person [gemeint ist Bismarck] menschrechtserniedrigend handelte und als geschichststrächtig angesehen wird.

Haftbefehl ist mein Lebenssinn ohne ihn wäre ich schon längst an Suizid gestorben.

Das auch ein Rapper wie Haftbefehl ein Mann der viele Kulturen zusammenbringt auch etwas für die Ewigkeit bekommt.

Und zum Schluß noch ein etwas rätselhafter Kommentar:

Negatives was in der Vergangenheit war soll angeschafft werden. Sowie zu grausamen Gedanken führt.

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„Lieber erben statt sparen“

So lautet die Überschrift eines Artikels von Antonia Mannweiler in der heutigen F.A.Z. (hier nachzulesen).

Mich stört, ehrlich gesagt, an diesem Satz das „statt“. Verlangt der Komparativ „lieber“ an dieser Stelle nicht zwingend das „als“?

„Erben statt sparen“ – das wäre in Ordnung gewesen. Ansonsten müßte es doch wohl „lieber erben als sparen“ heißen. Oder irre ich mich da?

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Ach, Bayreuth!

Ja, wer hätte das gedacht: Bayreuth hat eine „Bayreuth Academy of Advanced African Studies“!

Und ist richtig stolz auf seinen Cluster:

The „Bayreuth Academy of Advanced African Studies“, founded in 2012, is a centre for interdisciplinary research at the University of Bayreuth and since 2019 part of the Cluster of Excellence “Africa Multiple”.

Oh, what a wonderful world!

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Wenn ich mal groß bin, werde ich transkultureller Trainer für kritische Weißseinsreflexion!

Kennen Sie Peggy Piesche? Nein? Dabei gilt Frau Piesche doch als „eine der bekanntesten Stimmen schwarzer Frauen in Deutschland“! Das behauptet jedenfalls die Wikipedia, der man – nicht in allen Artikeln, aber insgesamt doch immer häufiger – ansieht, daß sie sich inzwischen von einer neutralen Darstellung der Dinge abgekehrt hat, um dem politischen Zeigeist zu frönen.

Auf der Seite der Bundeszentrale für politische Bildung liest man über Peggy Piesche folgendes:

Peggy Piesche, geboren und aufgewachsen in der DDR, ist eine Schwarze deutsche Literatur- und Kulturwissenschaftlerin. Nach langjährigen Lehrtätigkeiten in den Niederlanden (Universität Utrecht) und den USA (Vassar College und Hamilton College / NY), arbeitete sie bis 2016 an der Academy of Advanced African Studies (Universität Bayreuth) mit dem Forschungsschwerpunkt „Zukunftskonzeptionen in Afrika und der Diaspora“.

Ihre Forschungs- und Lehrtätigkeit liegt in den Feldern und jeweiligen Schnittstellen von Black Feminist Studies und Critical Race Studies, Diaspora und Translokalität, Performativität von Erinnerungskulturen (Spatiality and Coloniality of Memories) sowie Whiteness Studies. Sie publizierte zu Rassifizierungen und Schwarzen Images, Kolonialgeschichte und kollektiver Erinnerung sowie Afrofuturismus und Afrikanisch/Diapsorischen Zukunftsentwürfen. Sie ist außerdem transkulturelle Trainerin für kritische Weißseinsreflexion in Wissenschaft, Politik und Gesellschaft.

Wer wissen will, wie aus dem Nichts ein Etwas entsteht, muß nur diesen Lebenslauf lesen. Und wer lernen will, wie schnell aus einer über viele Jahre seriösen, ausgewogen berichtenden Publikation wie den Informationen zur politischen Bildung eine Plattform für linke, grüne und feministische Aktivisten werden kann, der nehme das Heft 342 zur Hand: schon dessen Titel, „Geschlechterdemokratie“, zeigt deutlich, daß hier Wissenschaftlichkeit durch Ideologie und politische Bevormundung ersetzt wird. Das ist umso bedenklicher, als die Informationen zur politischen Bildung, wie auf ihrer Internetseite zu lesen ist, „vorrangig für den politischen Unterricht an Schulen bestimmt“ sind. Der Indoktrination unserer Schüler sind dann, wenn nicht die Lehrer entschieden dagegenarbeiten, keine Grenzen mehr gesetzt.

Wie es früher einen „militärisch-industriellen Komplex“ gab, so gibt es heute einen immer besser vernetzten „links-grün-feministischen Komplex“, der den berüchtigten „Gang durch die Institutionen“ schneller und weit effektiver geschafft hat als die 68er, denen ein ähnlicher Plan nachgesagt wird. Da der neue Komplex mit den Grünen und großen Teilen von SPD und der Linken über einen mächtigen „politischen Arm“ in Städten und Gemeinden, in den Ländern und damit im Bundesrat verfügt und obendrein längst in vielen Medien und Organisationen zu einer dominierenden Kraft geworden ist, kann man jetzt auch bei uns wie in einem Brennglas beobachten, wie der demokratische Diskurs durch vorgefaßte ideologische Positionen ersetzt wird. Wer sich als Andersdenkender den zementierten Vorgaben – etwa zu „Kolonialismus“, „Rassismus“, Straßenumbenennungen und Geschichtsfälschungen jeder Art – widersetzt, hat bei Stellenbesetzungen keine Chance mehr. Schon der Verzicht darauf, in der Bewerbung die feministisch verschandelte Sprache (die schlimmste Form des zeitgenössischen newspeak) zu verwenden, schließt einen Bewerber aus. Es herrscht eine (in den USA übrigens noch viel weiter fortgeschrittene) Einförmigkeit des Geistes, die statt auf Differenzierung und Meinungsstreit auf gesetzten, nicht mehr hinterfragten Vorgaben beruht. Man erträgt andere Meinungen nicht mehr, und wer es wagen sollte, die „kritische Weißseinsreflexion“ für das zu halten, was sie ist, nämlich ein ideologisch und sprachlich aufgeblähtes Nichts, kann sicher sein, daß er zu keiner Podiumsdiskussion mehr eingeladen wird. Solche Fälle sind auch hier, an der Frankfurter Universität, die den Namen Goethes trägt, aktenkundig geworden. Universitätsleitungen knicken auch in Deutschland reihenweise ein, wenn Asta und Studentenschaft mit Blockaden drohen, um einem Andersdenkenden das Rederecht zu verweigern. Es ist eine Entwicklung, die in bedenklicher Weise totalitäre Züge annimmt. Zu den Zuständen in Yale und an anderen US-Universitäten empfehle ich immer wieder das Buch „The Assault on American Excellence“ von Anthony Kronman, der selbst viele Jahre an der Yale Law School gelehrt hat.

Noch ein Wort zum Rassismus. Ausgerechnet die Gruppen, die das Wort „Rasse“ aus allen Texten der Menschheitsgeschichte tilgen wollen, sogar aus unserem altehrwürdigen Grundgesetz, reden selbst von nichts anderem mehr als von Rasse und Hautfarbe:

Black lives matter
Black Feminist Studies
People of colour
Critical Race Studies
Whiteness Studies
Schwarze deutsche Literaturwissenschaftlerin
Rassifizierungen und Schwarze Images
Weißseinsreflexion usw.

Das ist nichts anderes als ein auf den Kopf gestellter, schwarzer Rassismus, der keinen Deut besser und menschenfreundlicher ist als der weiße. Das Ziel der Aufklärung war ein ganz anderes; es ist in der Declaration of Independence (1776) mustergültig formuliert worden:

We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness.

Dieses wunderbar ins Wort gesetzte Zeugnis der Aufklärung steht weit und erhaben über jeder seichten Schwarz- und Weißseinsreflexion. Es ist die Formel wahrer Humanität.

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Der weise Herr Xi erklärt Trump, warum China kein Drogenproblem hat

Nach 17 Jahren läßt Präsident Trump wieder auf Bundesebene die Todesstrafe vollstrecken. Gleich vier Exekutionen ordnete seine Administration für die nächsten Tage an.

Bei seinen Wahlkampfauftritten ist Trump immer energisch für die Todesstrafe eingetreten (hier nachzulesen):

Bei einer Gelegenheit behauptete Trump, China habe kein Drogenproblem, weil es die Todesstrafe gebe. Präsident Xi Jinping habe ihm das gesagt.

Ja, wenn Xi Jinping ihm das gesagt hat!

China hat übrigens auch kein Uiguren-Problem mehr, weil es alle Uiguren in Umerziehungslager steckt. Und ein Problem mit der Opposition hat es schon lange nicht mehr, weil es widerspenstigen Geistern Schlägerbanden ins Haus schickt und sie, wenn das nicht hilft, von willfährigen Richtern notfalls für Jahre wegsperren läßt.

Überhaupt kein Problem hat China – von ein paar wirtschaftlichen Plänkeleien abgesehen, die fast immer mit einem „Deal“ enden – mit dem amerikanischen Präsidenten, der bekanntlich ein Herz für Diktatoren hat.

Vermutlich wäre er gern selber einer, aber da steht ihm Verfassung im Wege. Ärgerlich!

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Osterhasi

Auch der Plakatwerbung scheint es in Zeiten von Corona sehr schlecht zu gehen. Bei uns um die Ecke wirbt Lindt immer noch überlebensgroß für seinen Goldhasen.

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Drei schwarze Frauen

Der Hessische Rundfunk war schon immer ein bißchen fortschrittlicher als andere Sender. Wenn die Volksseele nach Gerechtigkeit dürstet (Klimarettung! Nachhaltigkeit! Kampf gegen Rassismus! Keine Tiere essen!), dann ist der HR immer ganz vorn dabei. So auch vor ein paar Tagen.

Folgende Szene:

Man sieht zwei junge Frauen, die im Kasseler Bergpark spazierengehen. Aber sie wollen sich da nicht nur „ergehen“ (kennt das Wort noch jemand?), nein: „sie gehen dort spazieren, wo Ende des 18. Jahrhunderts schwarze Menschen arbeiteten“. Schon bei dieser Stimme aus dem Off gruselt es alle Hessinnen und Hessen ein bißchen. Welche furchtbaren Wahrheiten werden jetzt aufgedeckt?

Im 18. Jahrhundert, genauer: in den Jahren von 1782 bis 1785, ließ der Landgraf von Hessen-Kassel, Friedrich II., hier ein „chinesisches Dorf“ errichten. So nannte man es, aber es war in Wirklichkeit ein buntes Sammelsurium aller möglichen Kulturen und Religionen. Eine Pagode gehörte dazu, eine Buddha-Figur und auch eine Moschee. Aber jetzt kommt’s:

Um der gewünschten Exotik willen waren dort mindestens drei schwarze Frauen in Diensten.

Das geht natürlich gar nicht. Black lives matter! Freilich, gibt der Sprecher zu, wisse niemand, ob die farbigen Frauen freiwillig oder gezwungenermaßen ihren Dienst in Kassel verrichteten. Aber es sei bekannt, daß damals über 50 schwarze Menschen in Kassel lebten:

bei Hofe und im Militär, meist als Pfeifer und Trommler.

Sogar als „Geschenke befreundeter Herrscherhäuser“ soll es sie gegeben haben!

Voller Betroffenheit blicken die Frauen auf eine Infotafel:

Man findet hier nichts, was eine Verbindung hat zu dieser schwarzen Geschichte.

Die eine der beiden Frauen, eine Geschichtsstudentin, hat offenbar zum ersten Mal in ihrem Leben gehört, daß damals – man staune! – Güter aus den Kolonien nach Europa geschafft wurden. Das würde man heute Diebstahl nennen, sagt sie in aufrichtiger Empörung. Und über die schwarzen Frauen:

Sie wurden hier angesiedelt, als wär’s das Normalste von der Welt.

Am liebsten möchte man ihr da zurufen: Liebe Frau, das war damals das Normalste von der Welt! „Mohren“ gab’s damals fast an jedem Fürstenhof, und der Sklavenhandel blühte. Aber Hessen-Kassel war nun wirklich nicht sein Zentrum.

Die Stimme aus dem Off raunt wieder:

War Friedrich II. ein Rassist?

Eine Antwort gibt der Hessische Rundfunk nicht. Das ist auch nicht nötig, denn fast jeder, dessen Namen man einmal im Geschichtsunterricht gehört hat, gilt heute als Rassist. Columbus und die großen Entdecker sowieso, Churchill, Enid Blyton – und sogar Kant, wie ein Professor der Philosophie kürzlich in der F.A.Z. behauptete. Nur die jungen Aktivisten von heute sind keine Rassisten. Oder doch?

Einen umgekehrten, einen „schwarzen Rassismus“ gibt es heute in ganz Afrika. Der frühere Diktator von Zimbabwe, Robert Mugabe, hat nur den Weißen ihr Land weggenommen und viele von ihnen verprügeln oder ermorden lassen. Sein Land hat er damit ins Unglück gestürzt. Auch im benachbarten Südafrika wird schwarzer Rassismus nach Mandelas Abgang von den Herrschenden wieder befeuert. Wer das als Spätfolge des Kolonialismus abtut, muß sich sagen lassen, daß er alle Greueltaten von schwarzen Diktatoren damit rechtfertigt – und tatsächlich rechtfertigen ja viele dieser Staatsmänner ihre Taten bis auf den heutigen Tag mit dem Kolonialismus der Weißen.

Der hessische Landgraf, so heißt es im Bericht der Hessenschau, habe das Chinesische Dorf errichten lassen, „um seine Offenheit anderen Kulturen gegenüber zu demonstrieren“. Aber nichts war einem Landesherrn im 18. Jahrhundert fremder als so ein Motiv. Hier hat man der Vergangenheit einfach den moralischen Imperativ der Gegenwart übergestülpt. Auch im Internet findet sich dergleichen Ahistorisches, etwa im HNA Regiowiki, wo es heißt, mit dem Chinesischen Dorf „wollte der Adelige seine Weltoffenheit zeigen“. Ich hoffe nur, daß sich die „Recherche“ der Frauen (und der HR-Redaktion) nicht auch, wie es heute üblich ist, auf ein billiges Herumklicken im Internet beschränkt hat.

Reichlich und in vielen Quellen belegt ist dagegen eine wahre Untat des Landgrafen, von der im Beitrag keine Rede war: er hat geschätzte 12.000 seiner jungen Untertanen an den englischen König vermietet, der sie dann als Soldaten in den Kampf gegen die Unabhängigkeitsbewegung nach Amerika schickte.

Aber das waren ja nur – weiße Männer.

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