Fontane, feministisch (noch) unzensiert

Es gibt hundert Anlässe, zu einem guten Buch zu greifen. Wir haben gestern im Sender RBB den Bericht über eine winterliche Radtour durch die Märkische Schweiz gesehen – keine tiefgehende Dokumentation, nur eine unterhaltsame, unprätentiöse Reisesendung. Da fuhren Ulrike Finck und Andreas Jacob durch Orte, von denen wir noch nie etwas gehört hatten: Ihlow zum Beispiel, Buckow, Garzin, Hasenholz, Tornow oder Waldsieversdorf. Gleich nach der Sendung dann der Griff ins Buchregal – Fontane natürlich. Die elektronische Ausgabe seiner Werke, vor langer Zeit als „DVD-ROM“ gekauft, bietet den Komfort einer Volltextsuche, und so sind die Orte schnell gefunden. Über das Dorf Ihlow hat Fontane einen kleinen Absatz geschrieben, über Buckow („bei bloßer Nennung des Namens steigen freundliche Landschaftsbilder auf“) sehr viel mehr. Aus Garzin berichtet er von einer alten Glocke, aus Tornow von den beiden Seen, die durch eine Schlucht verbunden sind. Fontane war überall, man wird lange nach einem Ort suchen müssen, den er nicht zumindest dem Namen nach erwähnt.

Seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg (der erste Band erschien 1862) hat Fontane ein Vorwort vorangestellt, in dem er fragt, ob man denn überhaupt „in der Mark“ reisen sollte. Ja, sagt er schließlich – „aber mit Vorbedingungen“.

Der Reisende in der Mark muß sich mit einer feineren Art von Natur- und Landschaftssinn ausgerüstet fühlen. Es gibt gröbliche Augen, die gleich einen Gletscher oder Meeressturm verlangen, um befriedigt zu sein. Diese mögen zu Hause bleiben. Es ist mit der märkischen Natur wie mit manchen Frauen. »Auch die häßlichste – sagt das Sprichwort – hat immer noch sieben Schönheiten.« Ganz so ist es mit dem »Lande zwischen Oder und Elbe«; wenige Punkte sind so arm, daß sie nicht auch ihre sieben Schönheiten hätten. Man muß sie nur zu finden verstehen. Wer das Auge dafür hat, der wag‘ es und reise.

Wir alle wissen, welcher dieser Sätze den größten Anstoß erregen wird, und ich muß meinen Lesern gestehen, daß ich den Text auch deshalb mit innniger (und grimmiger) Freude zitiert habe. Aber lassen wir jene doch im Grunde armen Geschöpfe fürs erste beiseite, die mit ihren „gröblichen Augen“ selbst im Kompliment noch eine Beleidigung sehen. Hören wir lieber, was Fontane im Vorwort zur zweiten Auflage über das Reisen in der Mark Brandenburg warnend schreibt:

Du mußt nicht allzusehr durch den Komfort der »großen Touren« verwöhnt und verweichlicht sein. Es wird einem selten das Schlimmste zugemutet, aber es kommt doch vor, und keine Lokalkenntnis, keine Reiseerfahrung reichen aus, dich im voraus wissen zu lassen, wo es vorkommen wird und wo nicht. Zustände von Armut und Verwahrlosung schieben sich in die Zustände modernen Kulturlebens ein und während du eben noch im Lande Teltow das beste Lager fandest, findest du vielleicht im »Schenkenländchen« eine Lagerstätte, die alle Mängel und Schrecknisse, deren Bett und Linnen überhaupt fähig sind, in sich vereinigt. Regeln sind nicht zu geben, Sicherheitsmaßregeln nicht zu treffen. Wo es gut sein könnte, da triffst du es vielleicht schlecht und wo du das Kümmerlichste erwartest, überraschen dich Luxus und Behaglichkeit.

„Sorglos“, schreibt Fontane, habe er seine Eindrücke und Beobachtungen gesammelt,

nicht wie einer, der mit der Sichel zur Ernte geht, sondern wie ein Spaziergänger, der einzelne Ähren aus dem reichen Felde zieht.

Und zum Schluß heißt es:

Es ist ein Buntes, Mannigfaches, das ich zusammengestellt habe: Landschaftliches und Historisches, Sitten- und Charakterschilderung, – und verschieden wie die Dinge, so verschieden ist auch die Behandlung, die sie gefunden. Aber wie abweichend in Form und Inhalt die einzelnen Kapitel von einander sein mögen, darin sind sie sich gleich, daß sie aus Liebe und Anhänglichkeit an die Heimat geboren wurden. Möchten sie auch in andren jene Empfindungen wecken, von denen ich am eignen Herzen erfahren habe, daß sie ein Glück, ein Trost und die Quelle echtester Freuden sind.

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Nen indischeskoch buch

Wenn man im Internet stöbert, stellt man immer wieder mit Erstaunen fest, wie kreativ viele Menschen mit der deutschen Sprache umgehen – diese junge Frau zum Beispiel, die von einem Kochrezept so begeistert ist, daß sie alles vergißt (auch die Satzzeichen):

Dieses rezept ist sehr lecker hab es schon mal gegessen und nen indischeskoch buch hab ich auch das kommt sofort in das koch buch und 5sterne lass ich da aber am liebsten würd ichdir dafür 50 geben liebe grüße.

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Bismarck: „Darf man so einen ehren? Geht das noch?“

Das fragt, in scheinheiliger Unschuld, der taz-Redakteur Alexander Diehl. Der wollte, wie sein Blatt schreibt, „irgendwann mal Geisteswissenschaftler werden“, habe sich dann aber „vom Journalismus ablenken“ lassen. Wenn man seine Artikel liest, weiß man: ein großer Verlust für die Geisteswissenschaften ist das nicht.

Heutzutage – man verzeihe mir die drastische Sprache – kann sich jeder Depp zum Historiker aufspielen. Dazu braucht es kein Quellenstudium mit Latein- und Griechischkenntnissen mehr, es genügt eine fortschrittliche Gesinnung, ein bißchen „Recherchieren“ im Internet – und eine linke Redaktion, die so einen Schmarrn druckt. Das alles steht Diehl zur Verfügung. Wenn dann noch ein paar unbedarfte Aktivisten dazukommen, die ein Denkmal beschmieren – umso besser.

So tobt also jetzt in Hamburg der Streit um ein Bismarckdenkmal. Es gibt da, um die Verrücktheiten aus der linken Provinz erst einmal aufzuzählen, eine (sie heißt wirklich so!) „Initiative Decolonize Bismarck“. Ein gewisser Kodjo Gläser, offenbar ein profunder Bismarck-Kenner und zugleich Mitglied der „Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland“, fordert unter der Überschrift „Vor allem Schwarze Menschen sollen entscheiden“ kategorisch, die deutschen Schul- und Geschichtsbücher müßten umgeschrieben werden, und zwar „unter Federführung der durch Kolonialismus Betroffenen bzw. von deren Nachfahren“ (hier nachzulesen). Und Hannimari Jokinen vom „Arbeitskreis Hamburg postkolonial“, eine bildende Künstlerin, die sich selbst als als „Stadtraumforscherin“ bezeichnet und „mit Historikern zusammenarbeitet“, wittert überall in Hamburg eine „Herrenmenschenkultur“ und ist entsetzt, daß in der Hafencity

Gebäude nach einstmals gewinnbringenden Kolonialwaren und Plätze nach Wegbereitern für koloniale Eroberungen benannt werden: Magellan-Terrassen, Marco Polo-Terrassen, Vasco da Gama-Platz. Nach hanseatischer Lesart sind diese Namensgeber euphemistisch »Erkunder weltweiter Handelswege« – oder der Letztgenannte schlicht ein »portugiesischer Seefahrer«.

Die Entscheidungsstrukturen in Hamburg seien „immer noch weiß“, bedauert sie.

Man könnte über solche Kindereien lachen, wenn nicht – ja, wenn nicht genauso unbedarfte Politiker der Grünen, der SPD und der Linken sich eilfertig diesen selbsternannten Historikern als politischer Arm zur Verfügung stellten. Auf eine Reaktion der akademischen Geschichtswissenschaft zu warten, dürfte vergebens sein: wie die Jagdszenen an der Humboldt-Universität belegen, wo anonyme trotzkistische Gruppen versucht haben, renommierte Historiker wie Herfried Münckler und Jörg Baberowski durch Denunziation zum Schweigen zu bringen, wird es an den Universitäten immer schwerer, einen freien Diskurs zu führen.

Daran sind nicht zuletzt die Universitätsleitungen schuld, die sich oft nur halbherzig für ihre Professoren einsetzen. Warum? Fürchten sie den Druck linker Studentengruppen?

„Forschung und Lehre sind frei“, heißt es in Art. 5 GG. Niemand darf das freie Wort an den Universitäten einschränken oder gar die Vertreter unbequemer Meinungen durch Druck einschüchtern. Niemand! – und schon gar nicht kleine Grüppchen von Ideologen, deren schlichtes Weltbild für sich spricht.

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Trumps Geist wird noch lange spuken

Trump ist ein kranker Mann. Selbst wenn man ihn wegen Hochverrats vor Gericht stellen könnte, würde man ihn aufgrund seiner schweren narzißtischen Persönlichkeitsstörung vermutlich in die Psychiatrie und nicht in ein Gefängnis einweisen.

Aber wie steht es mit seiner Entourage? Wie steht es mit Ted Cruz, Rudy Giuliani und all den anderen Hofschranzen? Und vor allem: wie steht es mit der Republikanischen Partei, die Trump ins Amt gebracht und vier Jahre lang (mit nur ganz wenigen Ausnahmen wie dem ehrenwerten John McCain) seine Lügen und sein großmäuliges Geschwätz mitgetragen hat? Erst jetzt, da Senatoren und Abgeordnete von schwerbewaffneten Polizisten durch die unterirdischen Gänge geschubst wurden, um sie vor Trumps Mob zu schützen, erst jetzt, da sie in Safe Rooms und verbarrikadierten Sitzungssälen hilflos auf den Ausgang der Erstürmung warteten – erst jetzt begriffen viele Republikaner, was für eine Büchse der Pandora sie selbst da geöffnet hatten.

Besser spät als nie, könnte man sagen. Aber die Umfragen nach den Ereignissen in Washington lassen nicht wirklich Freude aufkommen. Immerhin: 63% der Befragten verurteilten den Überfall (hier nachzulesen), aber 21% fanden ihn gut. Bei den Anhängern der Republikanischen Partei war sogar eine knappe Mehrheit (45%) auf der Seite der Aufständischen, 43% verurteilten die Aktion.

Es wird wahrscheinlich noch Jahre oder Jahrzehnte dauern, bis die Folgen der Ära Trump überwunden sind. Um die Last, die sich Joe Biden aufgebürdet hat, kann man ihn nicht beneiden.

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Lesbische Sichtbarkeit

Man hat in siebzig Lebensjahren ja schon viel erlebt, aber daß vom Land Hessen, also von Amts wegen, ein mit 10.000 Euro dotierter „Preis für lesbische Sichtbarkeit“ ausgelobt wird, zeigt mir, daß das Leben immer noch für eine Überraschung gut ist.

Manchmal ist man im übrigen froh, daß man über eine Nachricht hinweggelesen hat, so auch hier, denn die Übergabe des Preises „im Rahmen eines feierlichen Festakts“ an die Sozialpädagogin Veronica King fand schon im Oktober statt – und ist spurlos an mir vorübergegangen. Der Hessische Minister für Soziales und Integration, Kai Klose (Die Grünen), hat es sich natürlich nicht nehmen lassen, den Preis persönlich zu überreichen. Eine „sehr würdige Preisträgerin“ sei Veronica King, sie sei

als schwarze lesbische Frau erkennbar, teile ihre Erfahrungen und arbeite mit viel Energie daran, Strukturen zu öffnen und weiterzuentwickeln.

„Den lesbischen Aktivismus verknüpft sie dabei gekonnt mit Antirassismus- und Bildungsarbeit.“

Nun muß man zwei Dinge voneinander trennen. Die Diskriminierung von Homosexuellen ist in einer liberalen Demokratie (und die liegt mir sehr am Herzen!) unannehmbar, sie verstößt nicht nur gegen unsere Verfassung, sie muß auch in der Gesellschaft, also im gewöhnlichen Alltag, bekämpft werden. Das ist freilich weithin schon erreicht, wenn man von ein paar sehr ländlichen und sehr frommen Gegenden absieht.

Etwas anderes ist die Überschwemmung der ganzen Gesellschaft mit Lobpreisungen eines spezifisch schwulen oder lesbischen Lebensstils, den viele (wenn nicht die meisten!) homosexuellen Menschen gar nicht teilen. Mit der jeweiligen sexuellen Orientierung ist man auf die Welt gekommen, es ist also keine Leistung, und wenn man hin und wieder liest, jemand sei stolz, schwul zu sein, dann ist das völlig absurd, denn stolz kann man nur auf etwas sein, das man durch eigene Leistung erreicht hat. Die sexuelle Orientierung gehört gewiß nicht dazu – sie ist einfach gegeben. Und was die Sichtbarkeit in der medialen Öffentlichkeit angeht, so sind Schwule und Lesben dort inzwischen wirklich nicht mehr unter-, sondern im Verhältnis zu ihrer Zahl überrepräsentiert. Wer Fernsehkrimis schaut, weiß, daß praktisch kein einziger Film mehr ohne Schwule, Lesben oder Transen auskommt. Drehbücher ohne Rollen aus dem LGBT-Milieu werden vermutlich gar nicht mehr angenommen. Das gilt auch für Farbige: muß ein Kommissar oder ein Staatsanwalt ersetzt werden, dann ist die Rollenbeschreibung Frau/jung/farbig ideal, während Mann/alt/weiß gänzlich chancenlos ist.

Hier hat ein ideologisch begründeter Proporz- und „Gerechtigkeits“-Fanatismus eingesetzt, über den man nur den Kopf schütteln kann. Er betrifft ja nicht nur die Homosexualität. Nehmen wir die Veganer, die (im Unterschied zu den Vegetariern!) eine verschwindend kleine Minderheit bilden, aber in den Medien mit einer Ehrfurcht behandelt werden, als handele es sich bei ihnen um Vertreter der heiligsten und moralischsten aller denkbaren Lebensformen. Fast niemand, der auf Straßenumfragen interviewt wird, traut sich noch, etwas gegen sie zu sagen. Oder die (Sprach-) Feministinnen: auch sie eine kleine Minderheit, die es aber geschafft hat, ihren unheilvollen Einfluß auf die deutsche Sprache weit in die Medien und in die Gesellschaft hineinzutragen. Obwohl diese Minderheiten, jede für sich, sehr unterschiedliche Ziele haben, ist ihnen strukturell eines gemeinsam: sie begnügen sich nicht damit, ihre selbstverständlichen Rechte wahrzunehmen, sie wollen mit ihren Themen und Zielen der Mehrheitsgesellschaft – und ich gebrauche dieses Wort sehr bewußt – die Show stehlen. Ihr (nicht nur medialer) Herrschaftsanspruch geht weit über die eigene Klientel hinaus. Deshalb werden Vertreter der Mehrheit oft herablassend behandelt. Die oft unflätige Beschimpfung der „Fleischfresser“ durch rabiate Veganer (man besuche ein beliebiges Internetforum!) ist ein trauriges Beispiel dafür. Und Veronica King etwa, die oben genannte Preisträgerin, übernimmt kritiklos den feministischen Begriff der „Heteronormativität“, der in der (politisch immer einseitigeren) Wikipedia so definiert wird:

Heteronormativität bezeichnet eine Weltanschauung, welche die Heterosexualität als soziale Norm postuliert.

Falsch: Heterosexualität wird nicht als soziale Norm postuliert, sie ist die biologische und soziale Norm. Wenn je nach Definition an die 90% der Menschen heterosexuell sind, dann ist das ja wohl die Norm. Da helfen keine Sophismen.

Zugrunde liegt eine binäre Geschlechterordnung … Das heteronormative Geschlechtermodell geht von einer dualen Einteilung in Mann und Frau aus, wobei es als selbstverständlich angesehen wird, dass eine heterosexuelle Entwicklung vorgesehen ist und damit der „normalen“ Verhaltensweise entspricht.

Wieder falsch: nicht die Anschauung von der Welt ist binär oder dual, sondern die Welt selbst. Wer die „Einteilung in Mann und Frau“ nicht der Natur, sondern einem „Geschlechtermodell“ zuschreibt, hängt einer pseudowissenschaftlichen Ideologie nach, die sich nur deshalb an den Universitäten hat ausbreiten können, weil sie auf allen Ebenen politisch vom linken und grünen Lager unterstützt und mit Professuren überhäuft wird. Eine wirklich freie Diskussion darüber ist kaum mehr möglich, weil man sich Andersdenkende vom Leibe hält (d.h. von Diskussionen auslädt oder einfach nicht zu Wort kommen läßt).

Der Vergleich mit den rabiaten marxistischen Studenten der 68er-Bewegung ist daher mehr als gerechtfertigt. Die feministischen Frauennetzwerke sind freilich viel besser organisiert, und sie haben es, anders als die vergleichsweise plump agierenden (und agitierenden) Studenten damals, geschafft, tief in die Medien einzudringen, die ihre pseudowissenschaftlichen Begriffe fast kritiklos übernehmen und sich den feministischen Sprachvorschriften beugen.

PS: Gerade lese ich auf einer Genderseite von der im Alltag leider immer noch verbreiteten

Annahme, es gäbe zwei gegensätzliche Geschlechter und diese seien sexuell aufeinander bezogen.

Zwei gegensätzliche Geschlechter? Und die auch noch sexuell aufeinander bezogen? Ja, wer glaubt denn noch an so etwas!

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Fu tian qu sha tou jie dao tai ran liu lu

Bei Amazon nach einem neuen Teppich gesucht und fündig geworden. Bei der Herstelleradresse aber doch etwas ins Grübeln gekommen:

fu tian qu sha tou jie dao tai ran liu lu
xue song da sha A zuo 8 A
shen zhen shi
518000
CN

Der Google-Translator übersetzt die erste Zeile mit „Tairan 6th Road, Shatou Street, Futian District“. Aber wer weiß schon, was wirklich da steht? Ein unanständiges Schimpfwort vielleicht? Oder ein Loblied auf Xi Jinping?

Die Globalisierung wirft auch Fragen und Rätsel auf.

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Ein gutes, friedliches und gesundes Neues Jahr

wünsche ich allen meinen Lesern – so wie es Wilhelm Busch 1886 seinem Freund Franz von Lenbach gewünscht hat:

Ein neues Jahr ist angezapft. Mögen dir die anmuthig dahin schwebenden Horen mit ihrem süßesten Lächeln manch guten Trunk daraus kredenzen!

Und Theodor Fontane schreibt in seinem Gedicht „Unterwegs und wieder daheim“ (1895):

Und wieder hier draußen ein neues Jahr –
Was werden die Tage bringen?!
Wird’s werden, wie es immer war,
Halb scheitern, halb gelingen?

Wird’s fördern das, worauf ich gebaut,
Oder vollends es verderben?
Gleichviel, was es im Kessel braut,
Nur wünsch‘ ich nicht zu sterben.

Ich möchte noch wieder im Vaterland
Die Gläser klingen lassen
Und wieder noch des Freundes Hand
Im Einverständnis fassen.

Ich möchte noch wirken und schaffen und tun
Und atmen eine Weile,
Denn um im Grabe auszuruhn,
Hat’s nimmer Not noch Eile.

Ich möchte leben, bis all dies Glühn
Rückläßt einen leuchtenden Funken
Und nicht vergeht wie die Flamm‘ im Kamin,
Die eben zu Asche gesunken.

In diesem Sinn: Prosit Neujahr!

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Alles Pfuscherey

Am 19. August 1788, als sein Romaufenthalt schon zu Ende ging, schrieb Goethe einen Brief an Charlotte von Stein. Die Freundin hatte ihm von ihren Zahnschmerzen berichtet, und er schreibt ihr:

Wenn ich von deinen Übeln, von deinem Zahnweh höre, wird mir’s im Gemüthe wie ich dirs nicht ausdrucken kann, daß dir unter dem unglücklichen Himmel das Leben unter Schmerzen hingehn soll. Ich habe doch diese ganze Zeit keine Empfindung aller der Übel gehabt die mich in Norden peinigten und lebe mit eben derselben Constitution hier wohl und munter, so sehr als ich dort litt. Ich habe manche Anzeigen daß ich dieses Wohlseyn, wie manches andre Gute, in Italien zurücklassen werde.

Man sieht: da hatte ihn nach gut anderthalb Jahren unter römischer Sonne der Abschiedschmerz ergriffen.

Still und ohne weiter zu dencken und zu grübeln benutz ich jeden Tag und eile mir die nötigsten Kenntnisse zu erwerben, suche ein wenig mich in Übung zu setzen.

Und er fügt hinzu:

Doch ist das alles nichts. Wer Rom verläßt muß auf Kunst Verzicht thun, ausserhalb ist alles Pfuscherey.

Wer einmal in Rom war – wir haben einmal eine ganze Woche lang von morgens bis abends die antiken und die päpstlichen „Altertümer“ der Stadt besichtigt -, der kann die Goethesche Wehmut gut verstehen.

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Republikaner:innen, Demokrat:innen und eine wolkenkuckucksgerechte Sprache

Delia Friess von der Frankfurter Rundschau schrieb vor einigen Tagen (hier nachzulesen, leicht gekürzt) einen Artikel mit der Überschrift

Donald Trump droht Republikanern an Weihnachten auf Twitter.

Dagegen wäre sprachlich nichts einzuwenden, wenn es nicht so weiterginge (nur ein paar Beispiele, Hervorhebungen von mir):

Donald Trump droht illoyalen Republikaner:innen auf Twitter

Seine straffällig gewordenen loyalen Anhänger:innen zu begnadigen und Republikaner:innen unter Druck zu setzen …

Den Rest seiner Zeit nutzt Donald Trump offenbar dazu, Republikaner:innen auf Twitter zu drohen.

Donald Trumps Berater:innen sollen illoyale Republikaner:innen beobachten.

Eine entscheidende Rolle bei der Diskreditierung von Republikaner:innen könnte das Great America PAC spielen.

Der Verteidigungshaushalt war von Republikaner:innen wie Demokrat:innen ausgehandelt worden.

Stellen sich Republikaner:innen beim Verteidigungshaushalt hinter Trumps Veto?

John Bolton hat die Republikaner:innen dazu aufgefordert, das Veto von Donald Trump zu überstimmen.

Wie kann, so frage ich mich, eine Zeitung, die einmal ein Karl Gerold gegründet und zwei Jahrzehnte geführt hat (ich war selbst jahrelang FR-Leser), wie kann eine solche Zeitung ihren Lesern eine derartige Orgie an Sprachdummheit, an gedankenloser Sprachvernichtung zumuten? Wie können sich überhaupt gelernte Journalisten dem Diktat einer kleinen, aggressiven Minderheit von Aktivistinnen beugen und, statt sprachliche Vorbilder zu sein, aus der deutschen Sprache ein unlesbares Gestammel aus Sternchen, Doppelpunkten und anderen Lächerlichkeiten machen? Alles soll nach Ansicht dieser Minderheit gerecht werden: das Grundgesetz, in dem auch noch die letzte Minderheit (Linkshänder? Fleischereifachverkäuferinnen?) als schützenswerte Gruppe ausdrücklich erwähnt werden muß, vor allem aber die Sprache, dieser wunderschöne, buntwuchernde Wildwuchs, den sie, die von ihrer eigenen Sprache nichts, aber auch gar nichts verstehen, in das Korsett ihrer schlichten Ideologie zwängen wollen. Niemals hat es eine gerechte Sprache gegeben, und es wird auch nie eine geben. Die Sprache ist nur ein Instrument, und man kann auf ihr, wie auf jedem Instrument, betörende, aber auch gräßliche Lieder spielen.

Aber die Sprache ändert sich doch ohnehin ständig! rufen die Ideologen. Ja, das stimmt. Aber noch nie – außer in fiktiven Dystopien wie Brave New World oder in totalitären Regimen – sind die Menschen administrativ gezwungen worden, sich dem schlechten Geschmack und der Dummheit einer politischen Minderheit unterzuordnen. Nur im privaten Bereich, da wo ich das Hausrecht habe, darf ich noch reden und schreiben, wie ich will. An den Universitäten, in den Verwaltungen, an den Schulen, in Unternehmen und vor allem in Rundfunk- und Fernsehanstalten sieht es schon heute ganz anders aus. Hier sitzen – mit Verlaub: wie die Spinnen im Netz – die Gleichstellungs- und Frauenbeauftragten, die ihre Macht gerade bei Einstellungen und Sprachregelungen dazu mißbrauchen, ihre Ideologie dem ganzen Land aufzuzwingen. Sie erinnern mich sehr an die „Tanten“ in Margaret Atwoods Roman Der Report der Magd.

Die unkritische Übernahme unnötiger englischer Ausdrücke, die vor einiger Zeit (auch von mir) kritisiert worden ist, schrumpft angesichts dieser immer dreisteren Eingriffe bis hinein in die Morphologie und Syntax unserer Sprache fast zu einer Petitesse. Hier wird nämlich aus niedrigen Beweggründen, nämlich zur Durchsetzung der feministischen Minderheitenideologie, und politisch abgesichert durch das linke und grüne politische Milieu, etwas Kostbares, historisch Gewachsenes mit voller Absicht zerstört: die deutsche Sprache.

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Frohe Weihnachten

wünsche ich allen meinen Lesern – und allen Menschen, die guten Willens sind!

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