Das Bayerische Fernsehen nimmt seinen Kulturauftrag ernst

Das sieht man auch heute abend wieder, wenn zur besten Sendezeit in der Reihe „Heimat der Rekorde“ eine neue Folge gesendet wird. In unserer Programmzeitschrift heißt es dazu:

Claudia Pupeter entdeckt wieder beeindruckende Bestleistungen, darunter ein Weltrekordversuch: Oliver Strümpfel aus Freising hält bereits den Weltrekord im Maßkrug-Tragen auf 40 Meter. Nun möchte er auch im Maßkrug-Tragen mit Berglauf Weltbestleistung erbringen.

Da wird man dann nicht nur dem Herrn Strümpfel gratulieren dürfen, sondern auch dem Bayerischen Fernsehen für sein Qualitätsprogramm.

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Das Zitat des Tages – Über das Gendern in der CDU

Obwohl in allen Umfragen die große Mehrheit der Bevölkerung das Gendern ablehnt, laviert die CDU in dieser Sache seit Jahren in Merkelscher Manier – und überläßt damit das Feld ausgerechnet der AfD. Ein Musterbeispiel dafür ist der christdemokratische Ministerpräsident des Saarlandes, Tobias Hans. In einem Interview der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung sagte er auf die Frage nach dem Gendern:

Ja, ich bemühe mich darum, beide Geschlechter gleichzeitig anzusprechen, und mache das auch, wann immer es möglich ist. Ich finde es in der Regel schöner, beide Formen zu verwenden. Aber manchmal ist es auch praktisch, Lehrer*innen zu sagen, um etwas Zeit zu sparen. Das Wichtigste ist jedenfalls, den Menschen nicht vorzuschreiben, wie sie reden sollen.

Ist das nicht wunderbar? Da tut einer, als ob die Menschen aus freien Stücken dem Aufruf zum Gendern folgten – nach dem Motto aus der Feuerzangenbowle „Da stelle mer ons emal janz domm“. Den Menschen nicht vorschreiben, wie sie reden sollen? Ja, die Menschen können reden, wie sie wollen, aber nur noch daheim im Wohnzimmer. Wenn sie eine Schule besuchen, studieren, in einem Büro arbeiten, wenn sie in einer Zeitung oder in einem Rundfunksender beschäftigt sind – also praktisch überall außer in den eigenen vier Wänden, werden sie von Schulen, Universitätsleitungen, Vorgesetzten und von Gleichstellungsbeauftragten, die allesamt kein Fünkchen Sprachverstand und noch weniger Interesse an unserer Kultur haben, auf administrativem Wege und unter Androhung von Sanktionen gezwungen, diesen Unsinn mitzumachen.

Mit den lächerlichen und völlig überflüssigen Doppelformen („Schülerinnen und Schüler“) hat es angefangen, inzwischen wollen grüne und postfeministische Aktivisten die deutsche Sprache bis in die Syntax hinein verstümmeln und uns damit zum Gespött der ganzen Welt machen. Ich wundere mich immer wieder, daß man von Deutschlehrern und Germanisten kaum ein Gegenwort hört, auch unter den Schriftstellern äußern sich nur wenige. Andere Berufsgruppen, von denen man es gar nicht erwartet hätte, sind da viel beredter: die Ingenieure etwa, die auf der von mehr als 40.000 Bürgern unterschriebenen Liste „Rettet die deutsche Sprache vor dem Duden!“ weit überdurchschnittlich vertreten sind (hier nachzulesen).

Als denaturiert kann man den Zustand unserer Geisteswissenschaftler nicht beschreiben, aber dekultiviert in ihrem Desinteresse an der deutschen Sprache und damit am Wesensinhalt unserer Kultur sind sie allemal.

Sie sollten sich schämen.

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Da hat er aber viel zu tun, der Blasius!

Wer einmal in der prächtig barocken Basilika Vierzehnheiligen bei Bad Staffelstein war, hat ihn zumindest im Vorbeigehen gesehen: den Heiligen Blasius. Er ist nämlich einer der Vierzehn Nothelfer, die dort dargestellt werden. Blasius war Bischof von Sebaste, dem heutigen Sivas in der nordöstlichen Türkei. Der Legende nach war er Arzt und half Tieren und Menschen, bis er während einer römischen Christenverfolgung um 316 gemartert und enthauptet wurde.

Heute, am 3. Februar, gedenkt man seiner in der katholischen Kirche. Angerufen wird der Heilige u.a. bei Halskrankheiten, er gilt aber auch, wie man hier nachlesen kann, als „Schutzpatron gegen das verletzende Wort“.

Ob er da nicht überfordert ist in der heutigen Zeit? Und ob er wirklich hilft? Renate Künast hat sich wohl nicht auf ihn verlassen, aber sie hat heute – womöglich doch mit seiner Hilfe? – vor dem Bundesverfassungsgericht einen großen Sieg gegen die Haßprediger im Internet errungen. Die ersten Instanzen hatten noch für Recht befunden, daß man die Politikerin ungestraft als „Stück Scheisse“, „Schlampe“ und „Drecksfotze“ bezeichnen darf – das sei Politikern zuzumuten. Auch das Kammergericht Berlin befand, daß Facebook in zehn von 22 Fällen den Klarnamen der Beleidiger für sich behalten darf. Dem hat das Bundesverfassungsgericht jetzt einen Riegel vorgeschoben.

Ein guter Tag für die Demokratie und für den menschlichen Anstand – Blasius sei Dank!

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„Der Papst ist ein Lügner! Emeritierter Pontifex gibt Falschaussage zu“

Das schreibt in großen Lettern – nicht etwa BILD, sondern der Nachrichtensender WELT. Ein für diese Überschrift verantwortlicher Redakteur wird auf der Seite nicht genannt. Wer so eine infame Überschrift fabriziert, sollte dafür auch mit seinem Namen einstehen.

Wenn man die Reaktion der Presse auf das Gutachten über den sexuellen Mißbrauch im Bistum München betrachtet, könnte man zu dem Schluß kommen, daß der Hauptschuldige an den Mißbrauchsfällen und ihrer Vertuschung der emeritierte Papst ist – eben der „Lügner“. Ein paar Beispiele von vielen:

Papst Benedikt in Münchner Missbrauchsgutachten schwer belastet
Bilanz des Schreckens
Das Schweigen des Papstes
Kirchenskandal um Papst Benedikt
Ex-Papst-Benedikt gibt Falschaussage zu: Keine Einsicht, keine Reue, ein moralischer Bankrott!
Dunkler Fleck auf dem weißen Gewand von Papst Benedikt
Benedikt XVI. sollte um Entschuldigung bitten
Missbrauch: Papst Benedikt „hat eindeutig gelogen“
Das Benedikt-Beben
Was wusste Benedikt?
Missbrauchsgutachten belastet Benedikt XVI.
Ratzingers dunkles Erbe
Half Papst Benedikt XVI. beim Vertuschen?
Benedikts eigene Wahrheit
Der „Mythos Benedikt“ bröckelt.

Dabei waren wir doch einmal Papst! Und jetzt überlegen mehrere bayerische Städte, Benedikt die Ehrenbürgerschaft zu entziehen. Was für ein elendes Schauspiel! Daß sich daran nicht nur „fortschrittliche“ Journalisten beteiligen, die mit Kirche und Religion eh nix am Hut haben, sondern auch Bischöfe wie etwa Georg Bätzing, der Benedikt aufgefordert hat, ihm den Satz „Ich habe Schuld auf mich geladen“ nachzusprechen, ist besonders beschämend, denn zumindest die Bischöfe müßten es besser wissen. Es war Benedikt, der schon als Präfekt der Glaubenskongregation gegen erbitterten Widerstand in den eigenen Reihen mit der Aufarbeitung des Mißbrauchs in der katholischen Kirche begonnen hat. Ihn trafen in seinem Pontifikat dann mit voller Wucht die Enthüllungen aus Irland, den USA und danach auch aus Deutschland. Er tat, was in seinen Kräften war – allein in den beiden letzten Jahren seines Pontifikats hat er 400 pädophile Priester entlassen. Wer darüber mehr erfahren möchte, der sei auf die entsprechenden Kapitel in Peter Seewalds umfangreicher Benediktbiographie (Droemer Verlag 2020) verwiesen. Jetzt soll der emeritierte Papst also zum Sündenbock für die Untaten der ganzen Kirche gemacht werden. Ein gebrechlicher alter Mann von 94 Jahren eignet sich dazu ja auch ganz wunderbar.

Aber woher kommt dieser jedes Maß übersteigende Haß, der dem Papst aus der Presse entgegenschlägt? Könnte es sein, daß schon in vielen Redaktionen eine neue Generation von „Journalisten“ sitzt – Journalisten, die mit den sozialen Medien und deren großmäuliger Arroganz großgeworden sind und nie ihr Handwerk von der Pike auf gelernt haben? Denen kein Chefredakteur je auf die Finger geschaut hat? Die nicht einmal den Unterschied zwischen redaktionellem Inhalt und Kommentar kennen? Das, was da im Internet unter dem Namen „Journalismus“ verkauft wird, ist zu einem großen Teil von einer so erbärmlichen Qualität, und zwar vom Inhalt über die dahingeschluderte Sprache bis zu den peinlichen Twitter-Zitaten („was sagt das Netz dazu?“), daß einem angst und banhe wird.

Der WELT-Nachrichtensender hat inzwischen, vielleicht auf den Rat seiner Justitiare, die Überschrift leicht geändert, jetzt heißt es statt „Der Papst ist ein Lügner“:

Der Papst hat wohl gelogen! Emeritierter Pontifex gibt Falschaussage zu.

Dafür steht jetzt auf dem Videobild in fetter Schrift:

Ex-Papst Benedikt XVI. – gefangen im Lügengespinst.

Eine so ekelhafte Art von Journalismus hat man lange nicht mehr erlebt.

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Latein in der Kirche? Weg damit!

Die katholische Kirche ist mit ihrem Latein am Ende. Das Desinteresse von Papst Franziskus an der lateinischen Sprache (und an Sprachen überhaupt) ist im Laufe seines Pontifikats immer deutlicher geworden. Man denke nur an den abgespeckten Segen Urbi et Orbi – da hat der Papst gleich zu Beginn seines Pontifikats mit der jahrzehntealten Tradition gebrochen, den Menschen auf dem Petersplatz und an den Bildschirmen die Osterwünsche in ihrer eigenen Sprache auszusprechen. Johannes Paul II. hat es noch im hohen Alter gemacht, als er wegen seiner Krankheit kaum noch sprechen konnte, Benedikt hat die Tradition weitergeführt. Franziskus hat sie sang- und klanglos beendet.

Sicher, das gehörte nicht zum Wesenskern des Glaubens, es war nur eine freundliche Geste. Aber solche Gesten sind wichtig, im Leben der Menschen und auch im Leben der Kirche. Und was Franziskus vernachlässigt und offenbar geringschätzt, sind ja nicht nur solche Gesten. Es ist etwas, das seit anderthalb Jahrtausenden die römische Kirche geprägt und die ganze europäische Kultur zusammengehalten hat: die lateinische Sprache. Diese Abwärtsspirale hat natürlich nicht erst mit Franziskus begonnen, sie nahm schon Fahrt auf, als das Zweite Vatikanische Konzil verkündete, daß die Heilige Messe auch in der Landessprache gefeiert werden durfte. In der Liturgie-Konstitution, die im Dezember 1963 feierlich verkündet wurde, heißt es freilich in Artikel 36:

Der Gebrauch der lateinischen Sprache soll in den lateinischen Riten erhalten bleiben, soweit nicht Sonderrecht entgegensteht.

Da bei der Messe, bei der Sakramentenspendung und in den anderen Bereichen der Liturgie nicht selten der Gebrauch der Muttersprache für das Volk sehr nützlich sein kann, soll es gestattet sein, ihr einen weiteren Raum zuzubilligen, vor allem in den Lesungen und Hinweisen und in einigen Orationen und Gesängen […] Im Rahmen dieser Regeln kommt es der für die einzelnen Gebiete zuständigen kichlichen Autorität zu […] zu bestimmen, ob und in welcher Weise die Muttersprache gebraucht werden darf. Die Beschlüsse bedürfen der Billigung. das heißt der Bestätigung durch den Apostolischen Stuhl.

Was in den Beschlüssen des Konzils eher noch als Ausnahme galt, wurde dann ganz schnell zur Regel. Man überließ die Entscheidung über den Gebrauch der Muttersprache letzlich den Bischofskonferenzen eines Landes, und die Bischöfe, die immer seltener das Lateinische wirklich beherrschten, waren froh, darauf verzichten zu können.

Papst Benedikt XVI. hat noch einmal gegengesteuert. In seinem Motu Proprio „Summorum Pontificum“ von 2007 erlaubte er die lateinische Messe als „außerordentliche Form der Liturgie“, und im Jahr 2012 gründete er die Päpstliche Akademie für die lateinische Sprache (Pontificia Academia Latinitatis). Vergebens: die Akademie besteht zwar noch, aber die lateinische Messe hat Franziskus an so hohe Bedingungen geknüpft, daß es faktisch einem Verbot gleichkommt.

Welche Bedeutung Papst Franziskus dem Lateinischen, also der alten Sprache der Kirche, beimißt, kann man an Fratelli Tutti ablesen, seiner jüngsten Enzyklika vom Oktober 2020. Sie liegt inzwischen in 12 Sprachen vor:

Arabisch, Chinesisch (China), Chinesisch (Taiwan), Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Niederländisch, Polnisch, Portugiesisch, Spanisch und Ukrainisch.

Latein ist nicht dabei.

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Drohnen, überall Drohnen!

Könnte mal jemand unseren Filmemachern und Drehbuchautoren sagen, daß es allmählich ein bißchen langweilig wird mit diesen ewigen Drohnenaufnahmen?

Wir wissen ja, daß ihr es könnt, aber das müßt ihr doch nicht bei jeder Gelegenheit unter Beweis stellen! Ist es wirklich nötig, daß im Krimi, immer wenn der Täter oder der Kommissar mit dem Auto von A nach B fährt und dabei einen Wald durchquert, die Drohne aufsteigt und uns – in immer der gleichen Einstellung – die Fahrt ein paar Sekunden lang von oben zeigt?

Es ist ja verständlich, daß ihr am Anfang berauscht wart von den neuen Möglichkeiten, und im Dokumentarfilm hat die Arbeit mit der Drohne auch viele neue Perspektiven eröffnet. Aber im Spielfilm sollte man sie sparsam einsetzen – und nur da, wo es dramaturgisch sinnvoll ist.

Und bitte mit ein bißchen mehr Raffinesse!

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„Signifikant erhöhtes Tötungsrisiko“ – Wie die Grünen den Artenschutz aushebeln und den Menschen die Mitspracherechte nehmen

Ich weiß, es hat einen Hautgout, sich selbst zu zitieren, aber in diesem Fall möchte ich eine Ausnahme machen. Im August 2015 habe ich in dem Artikel Die gute Windkraft und das böse, böse Atom – ein deutsches Märchen folgendes geschrieben:

Der Widerstand gegen die Windkraftmonster wird immer stärker: selbst im grün-roten Baden-Württemberg ist im ganzen ersten Halbjahr 2014 nur ein einziges (!) Windrad neu dazugekommen. Auch die erheblichen Eingriffe in den Naturhaushalt etwa durch Pumpspeicherkraftwerke werden von der Bevölkerung weitgehend abgelehnt: ein Bürgerentscheid über ein solches Kraftwerk am Osser im Bayerischen Wald brachte über 85% Nein-Stimmen. Dagegen hat sich der Anteil der Kohleverstromung in den Zeiten der Merkelschen Energiewende sogar noch erhöht: er stieg zwischen 2010 und 2014 von 41,5 auf 43,2%. Der Ausbau der Windenergie, soviel scheint festzustehen, kann nur noch durch einen radikalen Abbau demokratischer Mitspracherechte, also quasi durch eine Ökodiktatur, durchgesetzt werden.

Diese düstere Prophezeiung ist nun Wirklichkeit geworden. Die linksgrüne Regierung Scholz bekennt sich ganz offen zur brutalen Durchsetzung ihrer Ziele durch einen noch nie dagewesenen Abbau demokratischer Rechte. Und ausgerechnet die Grünen, die einmal die „Basisdemokratie“ einführen wollten, stehen dabei an vorderster Front. Da sie aber inzwischen gewiefte Berufspolitiker geworden sind, formulieren sie es in ihrem Regierungsprogramm so, daß alles ganz harmlos klingt.

Der Bund soll also künftig „kurze Fristen zum Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vorsehen“. Am besten so kurz, daß die Betroffenen gar keine Zeit mehr haben, sich dagegen zu wehren – aber es klingt wohltuend nach Abbau von Bürokratie und einer „schlankeren Verwaltung“. Wer möchte das nicht? Die Märchenstunde geht weiter:

Wir wollen klarstellen, dass wiederholte Auslegungs-, Einwendungs- und Erwiderungsschleifen vermieden werden können, indem bei Planänderungen nach Bürgerbeteiligung nur noch neu Betroffene zu beteiligen und Einwendungen nur mehr gegen Planänderungen zulässig sind.

Wunderbar! Alte Zöpfe werden abgeschnitten, alles wird besser! Aber wenn man weiter liest, merkt man schnell, daß dieser Plan nur die Kulisse bildet, hinter der aus ideologischer Borniertheit dem Natur- und Artenschutz der Garaus gemacht werden soll:

Wir wollen die Rechtssicherheit im Artenschutzrecht durch bundeseinheitliche gesetzliche Standardisierung (insb. Signifikanzschwellen) erhöhen, ohne das Schutzniveau insgesamt abzusenken.

Immer noch ein wenig verschwurbelt, aber da wird schon deutlicher, daß es darum geht, den Naturschutz auszuhebeln, um den Bau von Windkraftanlagen und gigantischen Stromtrassen ohne großen Widerstand zu ermöglichen. Der Artenschutz, der am Anfang der grünen Bewegung im Mittelpunkt der politischen Ziele gestanden hat, ist für diese „Grünen“ nur noch ein lästiges Hemmnis, das man so schnell wie möglich loswerden möchte. Kalte Technokraten der „Transformation“ und des „Fortschritts“ führen jetzt die Partei, und allein schon der Gedanke, wie dürftig es um die Kenntnis von Tier- und Pflanzenarten in deren Führungselite bestellt sein mag, zeigt den moralischen Niedergang der Grünen an. Dazu gehören auch Formulierungen wie die von der Signifikanzschwelle, die drastisch erhöht werden soll, damit auch Flächen, in denen bedrohte Tier- und Pflanzenarten vorkommen, mit Windkraftanlagen bestückt werden können. Wenn nur ein paar Rotmilane zerfetzt werden, dann soll das in Zukunft unterhalb der Signifikanzschwelle liegen; erst wenn die gesamte Population bedroht ist, wären die Windkraftanlagen zu verhindern. Das ist praktisch das Ende des Naturschutzes zugunsten eines hypertroph ausgelegten, sinnlosen und ganz auf die Windkraftlobby zugeschnittenen „Klimaschutzes“.

Vollends deutlich wird das Vorhaben der linksgrünen Regierung im folgenden Absatz:

Zur Erreichung der Klimaziele liegt die Errichtung von Anlagen zur Erzeugung oder zum Transport von Strom aus Erneuerbaren Energien sowie der Ausbau elektrifizierter Bahntrassen im öffentlichen Interesse und dient der öffentlichen Sicherheit. Dies werden wir gesetzlich festschreiben und für solche Projekte unter gewissen Voraussetzungen eine Regelvermutung für das Vorliegen der Ausnahmevoraussetzungen des Bundesnaturschutzgesetzes schaffen. […] Ähnliche Prüfungen im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens wollen wir, wo möglich, in einer integrierten Prüfung zusammenführen, ohne das Schutzniveau abzusenken. Wir wollen, gegebenenfalls durch Öffnungsklauseln, dafür sorgen, dass das Zusammenwirken zwischen Gemeinden und Ländern bei der Sicherstellung der Versorgung mit Erneuerbaren Energien gelingt.

Wer Augen hat zu lesen, der lese! Mit der (absurden!) Behauptung, daß die „Errichtung von Anlagen zur Erzeugung oder zum Transport von Strom aus Erneuerbaren Energien“ im öffentlichen Interesse liege und (noch absurder!) der „öffentlichen Sicherheit“ diene, hat sich die Regierung Scholz selbst eine Generalvollmacht erteilt. Nicht die Sicherstellung der Versorgung mit Strom wird gefordert (die würde tatsächlich der öffentlichen Sicherheit dienen), sondern die – so wörtlich – „Sicherstellung der Versorgung mit Erneuerbaren Energien“. Da freut sich die personell schon länger mit grünen Persönlichkeiten verbandelte Windkraftlobby ganz besonders.

Die „Regelvermutung für das Vorliegen der Ausnahmevoraussetzungen des Bundesnaturschutzgesetzes“, die gesetzlich festgeschrieben werden soll, bedeutet den Versuch, in Deutschland das Ende des Natur- und Artenschutzes in seiner gewohnten (und weltweit vorbildlichen) Form herbeizuführen. Welches Gericht, welche Behörde wird es da noch wagen, ein für Vögel oder Fledermäuse „signifikant erhöhtes Tötungsrisiko“ (ein ausgerechnet von der Umweltministerkonferenz gern im Mund geführtes Unwort) festzustellen, wenn es um die Sicherheit des Landes geht?

Grün ist bei den Grünen nur noch eine Tarnfarbe.

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„Kafka in Action“ – War Kafka ein Apache?

Kafka ist vieles zuzutrauen, aber seine Beziehung zu den Apachen (Winnetou!) wirft denn doch einige Fragen auf. Ich war jedenfalls gespannt, ob nach der vorbildlichen und umfassenden Kafkabiographie von Reiner Stach (3 Bde., Frankfurt am Main 2002-14) überhaupt noch etwas Neues ans Licht kommen würde.

Es geht hier um ein Buch von Dylan Scott, das laut WorldCat im Jahr 2020 bei O’Reilly Media unter dem Titel Kafka in Action erschienen ist. Ein seltsamer Titel – aber das war Kafka am Strand von Haruki Murakami schließlich auch. In der englischsprachigen Verlagsbeschreibung heißt es unter der Überschrift „In Kafka in Action you will learn“ unter anderem:

Understanding Apache Kafka concepts
Using Kafka as part of a large data project team
Working with Kafka from Java applications
Implementing Kafka as a message queue.

Das ist schwer verdauliche Kost und will auch stilistisch nicht so recht zu einem Buch über Kafka passen, auch wenn der Verlag meint, daß man es ohne Vorkenntnisse verstehen könne:

No prior knowledge of Kafka required.

Die Wikipedia hat zwar einen Eintrag mit dem Titel Apache Kafka, geht aber weder auf den Dichter noch auf die Native Americans ein und verfehlt damit ihr Thema vollständig. Das scheint auch auf das Buch Kafka: The Definitive Guide – Real-time data and stream processing at scale (Sebastopol 2017) zuzutreffen, das vorgibt, der „definitive Führer“ zu Kafka zu sein, aber von der ersten bis zur letzten Seite nur aus Computer-Kauderwelsch besteht.

In beiden Fällen handelt es sich offenbar um einen ausgemachten Etikettenschwindel. Der wißbegierige Kafkaleser sei vor solchen Machwerken gewarnt!

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Johann Gottlieb Fichte und das „heitere Wehen des Alterthums“

In seinen Aphorismen über Erziehung aus dem Jahre 1804 schreibt der deutsche Philosoph Johann Gottlieb Fichte (1762-1814):

Einen Menschen erziehen heisst: ihm Gelegenheit geben, sich zum vollkommenen Meister und Selbstherrscher seiner gesammten Kraft zu machen. Der gesammten Kraft, sage ich; denn die Kraft des Menschen ist Eine und ist ein zusammenhängendes Ganze. Sogleich in der Erziehung einen abgesonderten Gebrauch dieser Kraft als Ziel ins Auge fassen, — den Zögling für seinen Stand erziehen, wie man dies wohl genannt hat, würde nur überflüssig seyn, wenn es nicht verderblich wäre. Es verengt die Kraft und macht sie zum Sklaven des angebildeten Standes, da sie doch sein Herrscher seyn sollte. Der völlig und harmonisch ausgebildeten Kraft kann man es überlassen, von welcher Seite her sie sich der Welt und der Praxis in ihr nähern werde […] Wer überhaupt nur wirklich ist, ein vernünftiges und in jedem Augenblicke selbstthätiges Wesen, wird immer mit Leichtigkeit sich zu dem machen, was er in seiner Lage seyn soll. Wer aber durch irgend eine äusserliche Einübung (Dressur) den leider ermangelnden Thierinstinct ersetzt hat, der bleibt eben in dieser Schranke befangen, die ihn wie eine zweite, ihm undurchdringliche Natur umgiebt, und die Erziehung, der Unterricht hat ihn gerade beschränkt, getödtet, statt ihn zu befreien und zum lebendigen Fortwachsen aus sich selbst fähig zu machen.

Umfassende Bildung und nicht Dressur und Einengung auf ein vorgegebenes Ziel – das wäre eine moderne, der Aufklärung verpflichtete Erziehung, dürfte aber heute, so wie es an unseren Schulen zugeht, nicht einmal im Ansatz zu erreichen sein.

Dann fährt Fichte fort:

Für Entwickelung der Geisteskraft in diesem allgemeinsten Sinne haben wir Neueren nichts Zweckmässigeres, als die Erlernung der alten klassischen Sprachen. Ob man fürs Leben jemals dieser Sprachen bedürfen werde, davon sey nicht die Frage: ja sogar davon werde abgesehen, ob es dem aufkeimenden Geiste räthlicher sey, in der gepressten Luft der modernen Denkart, oder in dem heiteren Wehen der Schriftsteller des Alterthums zu athmen.

Das ist natürlich „tiefstes 19. Jahrhundert“, schon wenige Jahrzehnte später, als Wissenschaft und Technik immer mehr das Leben bestimmten, ging man daran, die alten Sprachen im Stundenplan zu dezimieren. Mittlerweile erleben wir einen Kahlschlag ohnegleichen: immer mehr Studienfächer verzichten darauf, wenigstens das Latinum noch als Voraussetzung für das Studium beizubehalten. Juristen und Mediziner (!) brauchen in Deutschland kein Latinum mehr, und in NRW verzichtet man darauf sogar bei Lehramtsstudenten der romanischen Sprachen. Selbst ein Bachelorstudium in Philosophie und Geschichte – man höre und staune! – ist an einigen Universitäten ohne lateinische Grundkenntnisse möglich. Österreich und die Schweiz sind übrigens beim Raubbau an den Grundlagen der eigenen Kultur wesentlich zurückhaltender.

Heute redet man wieder gern vom „christlichen Abendland“, von den Werten und Grundlagen der europäischen Kultur, vom griechisch-römischen und christlichen Fundament Europas, das man entschlossen verteidigen will, aber zugleich macht man es den Schülern immer leichter, sich ohne jede Kenntnis dieser Grundlagen (und mit viel „Internet-Recherche“) durch die Schulzeit zu mogeln. Man will ihnen möglichst alles ersparen, was für eine gelungene Bildung notwendig ist: Ausdauer beim Lernen, Hartnäckigkeit und die eigene Anstrengung beim Lösen von Aufgaben. Und schon hört man auch wieder aus „fortschrittlichen“ Kreisen das dumme Wort von den „Arbeiterkindern“, denen man auf dem Weg zum Studium keine zu großen Steine in den Weg legen dürfe.

Wer Kindern keine Steine in den Weg legt, verhindert, daß sie wachsen und ihre geistigen Kräfte entwickeln können.

So bleiben viele, um noch einmal Fichte zu zitieren, in jener „Nebelwelt halbverstandener, nie bis auf ihren Kern untersuchter Vorstellungen, in der das gewöhnliche Bewusstseyn, auch der sogenannten Gebildeten, lebt“.

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Die Wowser sind wieder groß im Kommen!

Kennen Sie H.L. Mencken? Nein? Da geht es Ihnen wie den den meisten Menschen außerhalb der USA.

Mencken (1880-1956) war ein unerschrockener Journalist, der keiner Konfrontation aus dem Wege ging. Er war oft bitterböse, auch ungerecht, aber er hatte Mut, viel Mut. Ein Beispiel. Da gab es in Boston eine Niederlassung der New England Watch and Ward Society, die sich die Ausrottung des Lasters auf die Fahnen geschrieben hatte – ihr Gründungsname war deshalb auch Society for the Suppression of Vice („Gesellschaft zur Unterdrückung des Lasters“). Ihr Ziel war es, in Theaterstücken, Büchern und vor allem in Zeitungen nach „anstößigen“ Wörtern zu fahnden. Der New Yorker Ableger hatte auf seinem Siegel links eine Festnahme, rechts die Abbildung einer Bücherverbrennung – es ging hier also keineswegs um ein harmloses Kuriosum. Anthony Comstock, ihr Gründer, behauptete, offenbar nicht ohne Stolz, er habe „4000 Verhaftungen und 15 Selbstmorde verursacht“. Ein lupenreiner Christenmensch!

Der Sekretär der Bostoner Abteilung der Gesellschaft war ein frommer Reverend namens Frank Chase. Er sorgte als selbsternannter und bestens vernetzter Zensor dafür, daß Zeitungen mit unzüchtigen Wörtern gar nicht erst verkauft wurden. Auch Menckens Monatszeitschrift The American Mercury fiel 1926 in Boston der Zensur durch den Reverend zum Opfer, weil in einem völlig harmlosen Artikel über eine Prostituierte das Word „damned“ vorkam. Mencken hatte eine tiefe Verachtung für die bigotten Kleingeister, die ihre Mitmenschen schon bei der Polizei denunzierten, wenn die am Sonntagmorgen an ihrem Auto hantierten. Besonders ärgerte es ihn, daß durch diese fanatischen Puritaner und ihre zum Teil ungesetzlichen und heimlich durchgeführten Aktionen ein Klima der Drohung und Einschüchterung (threat and intimidation) entstanden war. Mencken ging zum Angriff über. Unterstützt von einem Anwalt der American Civil Liberties Union fuhr er nach Boston und verkaufte seinem Erzgegner Chase inmitten einer riesigen Menschenmenge, die zum Teil auf Bäume und Balkone geklettert war, ein Exemplar seines Mercury.

Der folgende Dialog ist überliefert:

“Are you Chase?” fragte Mencken.
“I am”.
“And do you want to buy a copy of the Mercury?”
“I do”.

Chase bezahlte, nahm die Zeitung in Empfang und befahl dann einem Polizisten, der ihn begleitete: „Officer, arrest that man!“

Mencken wurde durch die Menschenmenge zur Wache geführt und gegen eine Kaution von 500 $ auf freien Fuß gesetzt. Am nächsten Morgen stand er wegen „Verbreitung von Obszönitäten“ vor Gericht – eine riskante Sache, denn im Fall eines Schuldspruchs drohten ihm zwei Jahre Gefängnis, und alle waren sich einig, daß es dazu kommen würde. Aber der Richter, James P. Parmenter, überraschte alle: Mencken wurde freigesprochen. Es handle sich bei Menckens Artikel, so sagte er in seiner Urteilsbegründung, um eine „zwar freizügige, aber zugleich intellektuelle Beschreibung der Prostitution“, und er könne darin nichts entdecken, was „zu sexuellen Anwandlungen oder lasziven Gedanken“ anregen würde.

Mencken hatte einen unerwarteten Sieg über die Wowser errungen.

Die Wowser? Das ist ein Wort, das man in jenen Jahren häufig bei Mencken findet. Es stammt aus dem australischen Slang und bezeichnet im englischen Sprachraum im engeren Sinne einen fanatischen Puritaner, im weiteren einen scheinheiligen und bösartigen Moralisten, der anderen seine Meinung aufzwingen will. Der australische Schriftsteller C.J. Dennis (1876-1938) hat Wowser einmal so definiert:

An ineffably pious person who mistakes this world for a penitentiary and himself as a warder.

Ein unsagbar frommer Mensch, der diese Welt für ein Zuchthaus hält und sich selbst für einen der Wärter.

Mir scheint, daß es an solchen Wowsern auch heute nicht fehlt, ja daß sie viel häufiger als noch vor ein paar Jahrzehnten auch in Deutschland ihr Unwesen treiben. Sie sind überall: sie wollen, daß ich mich vegan ernähre, daß ich meiner Impflicht nachkomme, daß ich keine Plastiktüten benutze, daß ich auf meinen CO2-Fußabdruck achte, daß ich Frauen nicht mit altmodischen Komplimenten belästige – nur eines wollen sie nicht: daß ich mich des Daseins freue und das Leben genieße. Denn – um noch einmal Mencken zu zitieren: diese Moralisten treibt „die quälende Angst, daß irgendwo irgendjemand glücklich sein könnte“ (the haunting fear that someone, somewhere, may be happy).

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