„Der Papst ist ein Lügner! Emeritierter Pontifex gibt Falschaussage zu“

Das schreibt in großen Lettern – nicht etwa BILD, sondern der Nachrichtensender WELT. Ein für diese Überschrift verantwortlicher Redakteur wird auf der Seite nicht genannt. Wer so eine infame Überschrift fabriziert, sollte dafür auch mit seinem Namen einstehen.

Wenn man die Reaktion der Presse auf das Gutachten über den sexuellen Mißbrauch im Bistum München betrachtet, könnte man zu dem Schluß kommen, daß der Hauptschuldige an den Mißbrauchsfällen und ihrer Vertuschung der emeritierte Papst ist – eben der „Lügner“. Ein paar Beispiele von vielen:

Papst Benedikt in Münchner Missbrauchsgutachten schwer belastet
Bilanz des Schreckens
Das Schweigen des Papstes
Kirchenskandal um Papst Benedikt
Ex-Papst-Benedikt gibt Falschaussage zu: Keine Einsicht, keine Reue, ein moralischer Bankrott!
Dunkler Fleck auf dem weißen Gewand von Papst Benedikt
Benedikt XVI. sollte um Entschuldigung bitten
Missbrauch: Papst Benedikt „hat eindeutig gelogen“
Das Benedikt-Beben
Was wusste Benedikt?
Missbrauchsgutachten belastet Benedikt XVI.
Ratzingers dunkles Erbe
Half Papst Benedikt XVI. beim Vertuschen?
Benedikts eigene Wahrheit
Der „Mythos Benedikt“ bröckelt.

Dabei waren wir doch einmal Papst! Und jetzt überlegen mehrere bayerische Städte, Benedikt die Ehrenbürgerschaft zu entziehen. Was für ein elendes Schauspiel! Daß sich daran nicht nur „fortschrittliche“ Journalisten beteiligen, die mit Kirche und Religion eh nix am Hut haben, sondern auch Bischöfe wie etwa Georg Bätzing, der Benedikt aufgefordert hat, ihm den Satz „Ich habe Schuld auf mich geladen“ nachzusprechen, ist besonders beschämend, denn zumindest die Bischöfe müßten es besser wissen. Es war Benedikt, der schon als Präfekt der Glaubenskongregation gegen erbitterten Widerstand in den eigenen Reihen mit der Aufarbeitung des Mißbrauchs in der katholischen Kirche begonnen hat. Ihn trafen in seinem Pontifikat dann mit voller Wucht die Enthüllungen aus Irland, den USA und danach auch aus Deutschland. Er tat, was in seinen Kräften war – allein in den beiden letzten Jahren seines Pontifikats hat er 400 pädophile Priester entlassen. Wer darüber mehr erfahren möchte, der sei auf die entsprechenden Kapitel in Peter Seewalds umfangreicher Benediktbiographie (Droemer Verlag 2020) verwiesen. Jetzt soll der emeritierte Papst also zum Sündenbock für die Untaten der ganzen Kirche gemacht werden. Ein gebrechlicher alter Mann von 94 Jahren eignet sich dazu ja auch ganz wunderbar.

Aber woher kommt dieser jedes Maß übersteigende Haß, der dem Papst aus der Presse entgegenschlägt? Könnte es sein, daß schon in vielen Redaktionen eine neue Generation von „Journalisten“ sitzt – Journalisten, die mit den sozialen Medien und deren großmäuliger Arroganz großgeworden sind und nie ihr Handwerk von der Pike auf gelernt haben? Denen kein Chefredakteur je auf die Finger geschaut hat? Die nicht einmal den Unterschied zwischen redaktionellem Inhalt und Kommentar kennen? Das, was da im Internet unter dem Namen „Journalismus“ verkauft wird, ist zu einem großen Teil von einer so erbärmlichen Qualität, und zwar vom Inhalt über die dahingeschluderte Sprache bis zu den peinlichen Twitter-Zitaten („was sagt das Netz dazu?“), daß einem angst und banhe wird.

Der WELT-Nachrichtensender hat inzwischen, vielleicht auf den Rat seiner Justitiare, die Überschrift leicht geändert, jetzt heißt es statt „Der Papst ist ein Lügner“:

Der Papst hat wohl gelogen! Emeritierter Pontifex gibt Falschaussage zu.

Dafür steht jetzt auf dem Videobild in fetter Schrift:

Ex-Papst Benedikt XVI. – gefangen im Lügengespinst.

Eine so ekelhafte Art von Journalismus hat man lange nicht mehr erlebt.

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