„Vor dem Richter*in“

Im Zusammenhang mit einem Vorfall bei den Johannitern schreibt ein Leser in einem Kommentar zu einem taz-Artikel folgenden gediegenen Satz:

„Ich hoffe doch das der Typ wg. schwerer Körperverletzung vor dem Richter*in kommt und eine Schmerzensund Verdienstausfall zu zahlen hat.“

Dieser Leser hat beim Internet-Dauerwettbewerb „Wem gelingt es, die meisten Fehler in einem einzigen Satz unterzubringen?“ gute Chancen auf einen der vorderen Plätze.

Aber die Konkurrenz ist groß.

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Putin, kleiner Gernegroß

Eine alte russische Volksweise, fürs 21. Jahrhundert von unbekannter Hand umgedeutet und ins Deutsche übertragen:

Putin, kleiner Gernegroß

Gestern noch ein kleines Licht,
In der Dresdener Zentrale,
Broiler essen mit der Stasi,
Nein, das reicht dem Kleinen nicht.

Putin, kleiner Gernegroß,
Springst der Mamutschka vom Schoß!

„Ja, allmächtig will ich werden,
Ganz wie einst der Dschugaschwili,
Und es soll vor mir auf Erden
Heulen sein und Zähneklappern!“

Putin, kleiner Gernegroß,
Hätt’st Dich nur gelegt ins Moos
Und den Sternen zugeschaut!

„Zittern soll der grause Westen,
Der verkomm’ne, vor dem Putin,
Und vor seiner Kraft und Schönheit
Soll die ganze Welt den Hut zieh’n.“

Putin, kleiner Gernegroß,
Putin, phantasierst doch bloß!

„Die Ukraine, spröde Schöne,
Wenn ich sie nicht haben kann,
Daß sie nie mehr mich verhöhne,
Schick ich ihr den Sensenmann,
Leg das Land in Schutt und Asche
Und vernichte und zermalme,
Was sich in den Weg mir stellt!“

Ach, du armer kleiner Putin,
Was sich in den Weg dir stellt,
Ist doch fast die ganze Welt!

Aber ja, du kannst zerstören,
Auf Kyrill, den dunklen bösen
Eitlen Höllenpriester hören,
Kannst mit deinen Wunderwaffen
Unheil ohnegleichen schaffen –

Und bleibst doch ein kleines Licht,
Denn ein Staatsmann bist Du nicht.
Soviel Blut an deinen Händen:
Putin, du wirst schrecklich enden.

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Jetzt gendert sogar der Kaiser!

Sein Name ist Kaiser, Roland Kaiser. Und er ist sichtlich begeistert vom Gendern. In einem Interview mit dem Rolling Stone (hier nachzulesen) sagt er diesen denkwürdigen Satz:

Man muss die Sprache korrigieren. Manche Begriffe und Redewendungen sind Hunderte von Jahren alt.

Ja, lieber Roland Kaiser, das stimmt – die ganze deutsche Sprache mit ihren alt-, mittel- und neuhochdeutschen Stufen ist allein schon in der Schriftform weit über tausend Jahre alt. Und nicht nur „manche Begriffe“ sind alt, die ganze Sprache ist es. Und eben deshalb sollte jeder, der beruflich mit der Sprache arbeitet, ganz besonders behutsam mit ihr umgehen.

Daß sich die Sprache verändert, ist ein Gemeinplatz, das weiß jeder, der einmal einen Blick in die Lutherbibel von 1545 geworfen hat. Und mancher Abiturient von heute hat selbst mit dem Deutsch der Goethezeit seine Probleme. Aber alle diese Veränderungen unserer Sprache sind langsam und organisch vor sich gegangen: Wörter sind nach und nach verschwunden, neue sind aufgetaucht und haben sich eingebürgert, Fälle (wie der Genitiv) halten sich nach einer langen Übergangszeit nur noch in der gehobenen Schriftsprache usw. Das alles ist normal. Aber noch nie ist es einer kleinen radikalen Gruppe gelungen, die deutsche Sprache allein aus ideologischen Gründen und durch administrativen Druck – z.B. in Schulen, Verwaltungen, Unternehmen und in Presse- und Funkhäusern – und gegen den Willen der großen Mehrheit der Bevölkerung bis zur Unkenntlichkeit zu verstümmeln.

Und wie ist der kaiserliche Blick aufs Gendern zustandegekommen? Schon der Zwischentitel im Interview verrät es: „Die eigenen Kinder als Jungbrunnen“:

Laut Kaiser prägen Kinder auch die sprachlichen Gepflogenheiten älterer Geburtenjahrgänge: „Wir Menschen, die wir seit vielen, vielen Jahrzehnten Sprachen und Umgangsformen haben, lernen durch Kinder, das Thema mit dem Gendern anders zu nehmen.“

Früher haben die Kinder von ihren Eltern gelernt, was gut und richtig ist. Heute ist es offenbar umgekehrt.

Wir leben in merkwürdigen Zeiten.

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Eine menschliche Revolution?

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So wird auf Twitter eine Meldung der F.A.Z. angekündigt. Man kommt aus dem Staunen nicht heraus. Eine Revolution aus medizinischer Sicht, mit dem Nobelpreis belohnt? Um welche Revolution geht es da? Aus psychologischer und psychiatrischer Sicht kann man fast jede Revolution beschreiben, und manche hätte es nicht gegeben, wenn sich die revolutionären Akteure rechtzeitig um therapeutische Hilfe bemüht hätten. Aber medizinisch?

Und „menschliche Revolution“ – das klingt ein bißchen nach Prag 1968. Angestaubt.

Auf die Begründung des Karolinska-Instituts darf man gespannt sein.

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Was passiert da im Gehirn aus?

Das Internet – man weiß es – ist eine Heimstatt vollendeter Sprachbeherrschung. Hier ein Beispiel auf der Seite von vital.de (eine Überschrift in fettgedruckten Riesenbuchstaben):

Im Gespräch mit Neurologin: Das passiert im Gehirn aus und diese 4 Störungen können auftreten.

Vielleicht hätte man – statt der Neurologin – erst einmal das Gespräch mit einer Deutschlehrerin suchen sollen?

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Männergeschenke

Es ist noch nicht so lange her, da habe ich zum Geburtstag ein „Männergeschenk“ bekommen: eine Art Kugelschreiber, der aber – praktisch unsichtbar – in zusammengeschraubten Teilen auch noch eine Trillerpfeife, einen Kompaß, einen Feueranzünder, einen Kapselheber und einen Schraubenzieher enthielt. Was will der Mann mehr?

Aber was macht so etwas zu einem Männergeschenk? Wenn man bei Google nach „Männergeschenken“ sucht, findet man fast nur folgendes:

Whisky
Messer
Bierbrau-Sets
Grillzubehör
Multifunktionswerkzeuge
Mützen mit LED-Leuchte.

Was macht den Mann also zum Mann? Erst einmal braut der Mann sein Bier. Dann bereitet er den Grill vor, legt das Grillzubehör zurecht und schneidet mit seinem Messer die Fleischstücke in die richtige Größe. Sein Multifunktionswerkzeug liegt bereit, falls am Grill etwas zu schrauben ist. Während das Fleisch brutzelt, schaltet er die LED-Leuchte seiner Mütze ein, und wenn ihm dann seine Frau einen Whiskey einschenkt, denkt er zufrieden:

Hier bin ich Mann, hier darf ich’s sein.

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Immer mehr Zeitgeistliche auch in der katholischen Kirche

Wer das nicht glaubt, lese den Artikel „Keine neue Sexualethik ohne Beschäftigung mit Geschlechtsidentitäten“ von Andreas Lob-Hüdepohl zur vierten Synodalversammlung (hier einzusehen). Darin geht es dem Professor für Theologische Ethik und Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken um den

Abbau von Ressentiments gegenüber queeren Menschen. Gegenüber Menschen also, die quer zu den üblichen „Normal“-Standards von männlich oder weiblich stehen; die als Trans*frau oder Intersex*Person um die gleiche Anerkennung ihrer Menschenwürde, ja ihrer Gottebenbildlichkeit kämpfen.

Er zitiert u.a. den Deutschen Ethikrat, der – „in breitgefächerter interdisziplinärer Besetzung und unter Beteiligung von katholischen Theologen“ – zu folgendem Schluß gekommen sei:

Das hormonale Geschlecht ist im Unterschied zum genetischen Geschlecht nicht typologisch binär (das heißt strikt männlich oder strikt weiblich), sondern prägt sich auf einer gleitenden Skala aus, bei der der individuelle Status auch zwischen den beiden Polen liegen kann.

Lob-Hüdepohls Fazit:

Eine „erneuerte“ Sexualethik, die Fragen der geschlechtlichen Identität ausklammern würde – womöglich sogar nur aus reiner kirchenpolitischer Opportunität –, eine solche Sexualethik würde die personale Identität des Menschen faktisch erneut halbieren. Dann lieber keine „erneuerte“ Sexualethik, deren „Neuigkeit“ weit hinter den seit langem allen zugänglichen Einsichten über Sinn und Gestaltung menschlicher Sexualität zurückbleibt.

Die katholische Kirche hat mit ihrer verqueren Sexualmoral tatsächlich eine große Bürde zu tragen. Sie hat jahrhundertelang Männer, die Männer lieben, und Frauen, die Frauen lieben, nach alttestamentarischer Art von ihrer Nächstenliebe ausgeschlossen. Sie weigert sich bis heute, solche Paare, die einander lieben und um den Segen ihrer Kirche bitten, zu segnen. Darum sollte es gehen. Lob-Hüdepohl geht es aber, das erkennt man man schon an seiner Sprache („queere Menschen“, „Trans*frau“, „Intersex*Person“), um die Durchsetzung der Forderungen einer kleinen Minderheit, die sich mit ihren halb- und unwissenschaftlichen Theorien ohne den kräftig wehenden Zeitgeist und ohne die blinde Unterstützung aus dem grünen Lager nirgendwo durchsetzen könnte.

Deshalb freue ich mich über die Ablehnung des enstsprechenden Antrags durch knapp 40% der Bischöfe. Geistliche können wir nicht genug haben – noch mehr Zeitgeistliche brauchen wir wirklich nicht.

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Robert Habeck – vielleicht doch besser „Hühner, Schweine, Kühe melken“?

Nach dem, was Habeck gestern bei Maischberger an wirtschaftspolitischem Sachverstand gezeigt hat, ist man fassungslos. Über die vielen kleinen Bäcker, Blumenhändler usw., die angesichts der Energiekosten um ihre Existenz bangen, sagte er:

Dann sind die nicht insolvent automatisch, aber sie hören vielleicht auf zu verkaufen.

Und auf die Frage, ob er mit einer Insolvenzwelle unter ihnen rechne:

Nein, das tue ich nicht. Ich kann mir vorstellen, dass bestimmte Branchen einfach erstmal aufhören zu produzieren.

Na, dann is ja gut.

PS: Vielleicht hätte Habeck ja wirklich in die Abteilung „Kühe melken“ gehört. Aber da sitzt ja schon der Cem Özdemir, von dem man freilich kaum mehr etwas hört – und wenn, dann nur enttäuschend Ideologisches.

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Ein zeitgemäßes Gedicht von Gottfried Keller

Karl Kraus hat das 1878 von dem Schweizer Schriftsteller Gottfried Keller verfaßte Gedicht „Die öffentlichen Verleumder“ 1926 in seiner Fackel in die kleine Rubrik „Zeitgemäßes von Gottfried Keller“ aufgenommen. Erschreckend zeitgemäß war es 1926, weil es präzise und bildgewaltig den Aufstieg eines „Schächers“ beschreibt, dem die Menschen in ihrer „Blödigkeit“ hinterherlaufen:

Ein Ungeziefer ruht
In Staub und trocknem Schlamme
Verborgen, wie die Flamme
In leichter Asche tut.
Ein Regen, Windeshauch
Erweckt das schlimme Leben,
Und aus dem Nichts erheben
Sich Seuchen, Glut und Rauch.

Aus dunkler Höhle fährt
Ein Schächer, um zu schweifen;
Nach Beuteln möcht er greifen
Und findet bessern Wert:
Er findet einen Streit
Um Nichts, ein irres Wissen,
Ein Banner, das zerrissen,
Ein Volk in Blödigkeit.

Er findet, wo er geht,
Die Leere dürft’ger Zeiten,
Da kann er schamlos schreiten,
Nun wird er ein Prophet!
Auf einen Kehricht stellt
Er seine Schelmenfüße
Und zischelt seine Grüße
In die verblüffte Welt.

Gehüllt in Niedertracht,
Gleichwie in einer Wolke,
Ein Lügner vor dem Volke,
Ragt bald er groß an Macht
Mit seiner Helfer Zahl,
Die hoch und niedrig stehend,
Gelegenheit erspähend,
Sich bieten seiner Wahl.

Sie teilen aus sein Wort,
Wie einst die Gottesboten
Getan mit den fünf Broten,
Das klecket fort und fort!
Erst log allein der Hund,
Nun lügen ihrer Tausend;
Und wie ein Sturm erbrausend,
So wuchert jetzt sein Pfund.

Hoch schießt empor die Saat,
Verwandelt sind die Lande,
Die Menge lebt in Schande
Und lacht der Schofeltat!
Jetzt hat sich auch erwahrt,
Was erstlich war erfunden:
Die Guten sind verschwunden,
Die Schlechten stehn geschart!

Wenn einstmals diese Not
Lang wie ein Eis gebrochen,
Dann wird davon gesprochen
Wie von dem schwarzen Tod;
Und einen Strohmann bau’n
Die Kinder auf der Haide,
Zu brennen Lust aus Leide
Und Licht aus altem Grau’n.

Daß dieses Gedicht aus dem 19. Jahrhundert „auf Hitler-Deutschland gemünzt scheint“ (Thomas Mann), ist erstaunlich genug. Für die heutige Zeit ist aber die Parallele zu den Zuständen in den „sozialen Netzwerken“ mindestens ebenso frappierend. Den einen großen Verführer gibt es dort (noch) nicht, aber sonst ist alles da, was so einer bräuchte: da wird gehaßt, gebrüllt, verleumdet und gelogen, daß sich die Balken biegen, und auf viele Foren trifft zu, was Keller schreibt: „Die Guten sind verschwunden, die Schlechten stehn geschart!“

Daß uns, wie Keller in einem Brief bemerkt, nur eine „dünne Kulturdecke von den wühlenden und heulenden Tieren des Abgrunds zu trennen scheint“, weiß eigentlich jeder Mensch, der mit offenen Augen durchs Leben geht.

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Besterntes Deppendeutsch auch bei der taz

Die mangelnde Bereitschaft des Putin-Regimes, Zugeständnisse zu machen, werde von Tag zu Tag deutlicher, schreibt das linke Zentralorgan taz:

Damit wird klar, dass russische politische Aktivist*innen, Journalist*innen, Men­schen­rechts­ak­ti­vis­t*in­nen und einfach russische Bürger*innen, die Putins Befehlen nicht Folge leisten, in naher Zukunft wohl kaum in ihre Heimat zurückkehren werden.

Zurückkehren in den Deutschunterricht, an dem sie wohl nur unregelmäßig teilgenommen haben, sollten aber erst einmal die taz-Redakteure, die sich ein dermaßen besterntes Deppendeutsch leisten.

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