Das ist schon merkwürdig: je säkularer die Gesellschaft wird, umso mehr redet sie von Gott.
Ein gutes Beispiel sind die aggressiven Atheisten à la Dawkins. Sie merken gar nicht, wie absurd ihr Kampf ist, denn ihre ganze Existenz gründet sich auf Gott – nur eben auf den (wie sie glauben) nicht vorhandenen Gott. Ohne ihn wären sie geistig und argumentativ – nichts.
Daß Gott nur eine Funktion des Schläfenlappens ist, meinen die besonders radikalen Atheisten (ich habe an dieser Stelle darüber berichtet). Da weiß man nun wirklich nicht mehr, ob man lachen oder weinen soll.
Das gilt auch für den amerikanischen Molekularbiologen Dean Hamer. Spiritualität sei ein grundlegender Bestandteil unseres genetischen Erbes, sagt er, „ein biologischer Mechanismus wie Vogelgesang“. In seinem Buch „The God Gene“ will er das „Gottesgen“ sogar lokalisiert haben. Die Welt hat den Inhalt damals so zusammengefaßt:
Bei seinen Studien will der Forscher das erste „Gottes-Gen“ lokalisiert haben: VMAT2, bekannt dafür, daß es die Produktion so genannter Monoamine mitsteuert. Das sind Hirnbotenstoffe wie Dopamin, Serotonin oder Noradrenalin, die für gute Laune sorgen, Depressionen bescheren, Bewegungskontrolle ermöglichen. Hamer fand heraus, daß das VMAT2-Gen bei den Menschen unterschiedlich gestrickt ist, und zwar abhängig vom Ausmaß ihrer „Selbsttranszendenz“: Personen, die für Mystik empfänglich sind, zur Selbstvergessenheit neigen und sich als Teil eines großen Ganzen begreifen, haben im mittleren Abschnitt des „Gottes-Gens“ ein anderes Muster der Aminosäuren als Menschen, die zu solchen Empfindungen keinen Zugang haben.
So ist das also!
Und jetzt – die Menschheit hat darauf gewartet! – das „Gottesteilchen“. Es heißt zwar korrekt Higgs-Teilchen und ist einfach nur ein Elementarteilchen, von dessen Existenz die Teilchenphysik schon bisher ausging, ohne seine Existenz beweisen zu können, aber ein „Higgs-Teilchen“ macht natürlich nicht viel her, das klingt nach trockener Wissenschaft. Also macht man, marketingmäßig geschickt, daraus flugs ein „Gottesteilchen“, und schon ist man in aller Munde. Der Focus meint, mit dem Nachweis dieses Teilchens „ließe sich endlich erklären, warum sich Galaxien und Sterne zusammenballen, warum es Planeten gibt, letztlich auch den Menschen.“
Also ein veritables Wunder-Teilchen. Da hätte der alte Faust, lebte er noch, tatsächlich erfahren, „was die Welt im Innersten zusammenhält“ – es ist das Higgs-Teilchen!
Und gar ein Gottes-Teilchen, das kann ja wirklich nicht mehr getoppt werden. Jedenfalls marketingmäßig.