Ich weiß, es hat einen Hautgout, sich selbst zu zitieren, aber in diesem Fall möchte ich eine Ausnahme machen. Im August 2015 habe ich in dem Artikel Die gute Windkraft und das böse, böse Atom – ein deutsches Märchen folgendes geschrieben:
Der Widerstand gegen die Windkraftmonster wird immer stärker: selbst im grün-roten Baden-Württemberg ist im ganzen ersten Halbjahr 2014 nur ein einziges (!) Windrad neu dazugekommen. Auch die erheblichen Eingriffe in den Naturhaushalt etwa durch Pumpspeicherkraftwerke werden von der Bevölkerung weitgehend abgelehnt: ein Bürgerentscheid über ein solches Kraftwerk am Osser im Bayerischen Wald brachte über 85% Nein-Stimmen. Dagegen hat sich der Anteil der Kohleverstromung in den Zeiten der Merkelschen Energiewende sogar noch erhöht: er stieg zwischen 2010 und 2014 von 41,5 auf 43,2%. Der Ausbau der Windenergie, soviel scheint festzustehen, kann nur noch durch einen radikalen Abbau demokratischer Mitspracherechte, also quasi durch eine Ökodiktatur, durchgesetzt werden.
Diese düstere Prophezeiung ist nun Wirklichkeit geworden. Die linksgrüne Regierung Scholz bekennt sich ganz offen zur brutalen Durchsetzung ihrer Ziele durch einen noch nie dagewesenen Abbau demokratischer Rechte. Und ausgerechnet die Grünen, die einmal die „Basisdemokratie“ einführen wollten, stehen dabei an vorderster Front. Da sie aber inzwischen gewiefte Berufspolitiker geworden sind, formulieren sie es in ihrem Regierungsprogramm so, daß alles ganz harmlos klingt.
Der Bund soll also künftig „kurze Fristen zum Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vorsehen“. Am besten so kurz, daß die Betroffenen gar keine Zeit mehr haben, sich dagegen zu wehren – aber es klingt wohltuend nach Abbau von Bürokratie und einer „schlankeren Verwaltung“. Wer möchte das nicht? Die Märchenstunde geht weiter:
Wir wollen klarstellen, dass wiederholte Auslegungs-, Einwendungs- und Erwiderungsschleifen vermieden werden können, indem bei Planänderungen nach Bürgerbeteiligung nur noch neu Betroffene zu beteiligen und Einwendungen nur mehr gegen Planänderungen zulässig sind.
Wunderbar! Alte Zöpfe werden abgeschnitten, alles wird besser! Aber wenn man weiter liest, merkt man schnell, daß dieser Plan nur die Kulisse bildet, hinter der aus ideologischer Borniertheit dem Natur- und Artenschutz der Garaus gemacht werden soll:
Wir wollen die Rechtssicherheit im Artenschutzrecht durch bundeseinheitliche gesetzliche Standardisierung (insb. Signifikanzschwellen) erhöhen, ohne das Schutzniveau insgesamt abzusenken.
Immer noch ein wenig verschwurbelt, aber da wird schon deutlicher, daß es darum geht, den Naturschutz auszuhebeln, um den Bau von Windkraftanlagen und gigantischen Stromtrassen ohne großen Widerstand zu ermöglichen. Der Artenschutz, der am Anfang der grünen Bewegung im Mittelpunkt der politischen Ziele gestanden hat, ist für diese „Grünen“ nur noch ein lästiges Hemmnis, das man so schnell wie möglich loswerden möchte. Kalte Technokraten der „Transformation“ und des „Fortschritts“ führen jetzt die Partei, und allein schon der Gedanke, wie dürftig es um die Kenntnis von Tier- und Pflanzenarten in deren Führungselite bestellt sein mag, zeigt den moralischen Niedergang der Grünen an. Dazu gehören auch Formulierungen wie die von der Signifikanzschwelle, die drastisch erhöht werden soll, damit auch Flächen, in denen bedrohte Tier- und Pflanzenarten vorkommen, mit Windkraftanlagen bestückt werden können. Wenn nur ein paar Rotmilane zerfetzt werden, dann soll das in Zukunft unterhalb der Signifikanzschwelle liegen; erst wenn die gesamte Population bedroht ist, wären die Windkraftanlagen zu verhindern. Das ist praktisch das Ende des Naturschutzes zugunsten eines hypertroph ausgelegten, sinnlosen und ganz auf die Windkraftlobby zugeschnittenen „Klimaschutzes“.
Vollends deutlich wird das Vorhaben der linksgrünen Regierung im folgenden Absatz:
Zur Erreichung der Klimaziele liegt die Errichtung von Anlagen zur Erzeugung oder zum Transport von Strom aus Erneuerbaren Energien sowie der Ausbau elektrifizierter Bahntrassen im öffentlichen Interesse und dient der öffentlichen Sicherheit. Dies werden wir gesetzlich festschreiben und für solche Projekte unter gewissen Voraussetzungen eine Regelvermutung für das Vorliegen der Ausnahmevoraussetzungen des Bundesnaturschutzgesetzes schaffen. […] Ähnliche Prüfungen im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens wollen wir, wo möglich, in einer integrierten Prüfung zusammenführen, ohne das Schutzniveau abzusenken. Wir wollen, gegebenenfalls durch Öffnungsklauseln, dafür sorgen, dass das Zusammenwirken zwischen Gemeinden und Ländern bei der Sicherstellung der Versorgung mit Erneuerbaren Energien gelingt.
Wer Augen hat zu lesen, der lese! Mit der (absurden!) Behauptung, daß die „Errichtung von Anlagen zur Erzeugung oder zum Transport von Strom aus Erneuerbaren Energien“ im öffentlichen Interesse liege und (noch absurder!) der „öffentlichen Sicherheit“ diene, hat sich die Regierung Scholz selbst eine Generalvollmacht erteilt. Nicht die Sicherstellung der Versorgung mit Strom wird gefordert (die würde tatsächlich der öffentlichen Sicherheit dienen), sondern die – so wörtlich – „Sicherstellung der Versorgung mit Erneuerbaren Energien“. Da freut sich die personell schon länger mit grünen Persönlichkeiten verbandelte Windkraftlobby ganz besonders.
Die „Regelvermutung für das Vorliegen der Ausnahmevoraussetzungen des Bundesnaturschutzgesetzes“, die gesetzlich festgeschrieben werden soll, bedeutet den Versuch, in Deutschland das Ende des Natur- und Artenschutzes in seiner gewohnten (und weltweit vorbildlichen) Form herbeizuführen. Welches Gericht, welche Behörde wird es da noch wagen, ein für Vögel oder Fledermäuse „signifikant erhöhtes Tötungsrisiko“ (ein ausgerechnet von der Umweltministerkonferenz gern im Mund geführtes Unwort) festzustellen, wenn es um die Sicherheit des Landes geht?
Grün ist bei den Grünen nur noch eine Tarnfarbe.