Über die aufrührerische Gefährlichkeit der uigurischen Sprachwissenschaft

Letztes Jahr ist der uigurische Sprachwissenschaftler Mutällip Sidiq Qahiri von den chinesischen „Sicherheitsbehörden“ (siehe unten) festgenommen worden. Erst jetzt wurde gegen ihn Anklage erhoben. Der Vorwurf:

Propaganda zur Spaltung des Staates mit Hilfe von Forschung.

Das ist einmal etwas ganz Neues – wann hat man von einem solchen Delikt je gehört? Über manches hat man sich schon wundern müssen: daß Staaten einen unliebsamen Mitbürger in der eigenen Botschaft zerstückeln lassen zum Beispiel; daß ein bekennender Mörder von seinem Volk zum Präsidenten gewählt wird; daß sich ein Mann, der angeblich der mächtigste der Welt ist, wie ein trotziges Kleinkind aufführt.

Aber eine Linguistik, die staatsgefährdend ist?

Vielleicht liegt dem ja das Verlangen vieler dummer Regime zugrunde: sie wollen, daß ihr Staat reinrassig wird. So hält es Erdogan mit seinem Türkentum, so will es Orbán mit seinen Ungarn, und so möchten wohl auch die Chinesen, daß es im Reich der Mitte bald nur noch Han-Chinesen gibt. Und träumen nicht auch die Anhänger der AfD von einem Land, in dem nur noch reinrassige Bio-Deutsche leben, alle blond und blauäugig und nicht von ekler Umvolkung bedroht?

Die Angst vor den Fremden, so scheint es, ist tief in die Hirne geistig schlichter Menschen eingebrannt.

PS: Über den Gebrauch der Wörter „Sicherheitskräfte“ und „Obhut“ habe ich an dieser Stelle schon einmal geschrieben.

Es geht nicht an, eine Polizei, die im Dienste des Rechtsstaats steht, sprachlich mit dem gleichen Wort zu bezeichnen wie die bewaffneten Kräfte unter dem Befehl eines Diktators. Die einen schützen den Bürger vor dem Verbrechen und sind dabei streng an die bestehenden, demokratisch zustandegekommenen Gesetze gebunden. Die anderen schützen den Diktator und sein unrechtmäßiges Regime gegen das eigene Volk.

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