Mit dem Unwesen dieser „Agenturen“ habe ich mich, gerade im Hinblick auf Griechenland, schon ein paarmal beschäftigt. Wer meint, ich hätte übertrieben, sollte in der heutigen Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung unbedingt den Artikel „Die Diktatur der Notengeber“ von Christian Siedenbiedel und und Winand von Petersdorff lesen.
„Halb Europa zittert“ vor den Ratingagenturen, heißt es da. Die Agentur Fitch zum Beispiel ist so mächtig, daß sie kürzlich mit Merkel und Sarkozy darüber verhandeln konnte, unter welchen Bedingungen sie auf eine Herabstufung Griechenlands verzichten würde. Diese Agenturen fühlen sich ganz offensichtlich auf Augenhöhe mit den demokratisch gewählten Regierungen – und die Politik läßt es zu.
Oft ist dann vom Sachverstand, von der Kompetenz der Ratingagenturen zu lesen, auf die heute niemand verzichten könne. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Die Agenturen hatten in der Finanzkrise
nicht nur die Sprengkraft der heiklen Wertpapiere von ABS bis CDO nicht erkannt. Sie hatten an der Entstehung der Finanzkrise sogar maßgeblich Anteil, weil sie dieselben Wertpapiere konstruieren halfen, die sie dann später positiv bewerteten. Der Verdacht lautet: Die Schiedsrichter haben mit den Spielern unter einer Decke gesteckt. Jetzt prüft die amerikanische Börsenaufsicht SEC Klagen wegen offensichtlich fehlerhafter Einstufungen von Wertpapieren vor dem Platzen der Immobilienblase 2007.
Und diese Unternehmen, die in keiner Weise demokratisch legitimiert sind, sollen jetzt über das Schicksal von halb Europa entscheiden? Die Agenturen selbst stapeln tief: was sie tun, sei doch nur „eine Einschätzung zur Zahlungsfähigkeit“.
Wie heißt es so schön in der Feuerzangenbowle? „Dann stelle mer ons emal janz domm …“
Denn jede Herabstufung, ob sie ein Unternehmen oder ein ganzes Land betrifft, führt den Betroffenen näher an den Abgrund – das Rating wird so unabhängig von seiner sachlichen Richtigkeit zu einer self-fulfilling prophecy. Mit der Entschuldigung, es sei doch nur eine Einschätzung gewesen, darf man die Agenturen nicht davonkommen lassen.
Wer so eine Macht aufgehäuft hat, muß für das, was er sagt und tut, auch haften. Insofern sind die Ermittlungen der amerikanischen Börsenaufsicht ein richtiger erster Schritt.
Vor allem aber müssen die europäischen Regierungen endlich aufhören, wie gebannt auf die nächste „Herabstufung“ zu warten – das haben sie, auch angesichts der zweifelhaften Kompetenz der Agenturen, wirklich nicht nötig.
Ich empfehle ihnen, den Spieß einfach umzudrehen und den Ratingagenturen selbst ein CCC zu geben – für „Ramschniveau“.
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