Obama, Pofalla und Muttis Handy

Als ans Tageslicht kam, daß ihre Untertanen flächendeckend und 24 Stunden am Tag von den US-Geheimdiensten ausspioniert werden, gab sich die Kanzlerin erst empört („das geht gar nicht“), um dann nur kurze Zeit später durch ihre Hofschranzen (Pofalla wieder mal allen voran) mitteilen zu lassen, daß die Sache jetzt erledigt sei. Als sei sie nicht von dieser Welt, als habe sie noch nie eine Zeitung gelesen oder von ihrem Verstand Gebrauch gemacht, sagte sie allen Ernstes:

Ich habe keinen Grund daran zu zweifeln, dass die Fragen, die aufgeworfen wurden, geklärt sind.

Mama locuta, causa finita – so dachte sie sich das. Aber es war wohl wieder Edward Snowden, der nicht nur Präsident Hollande, sondern auch der Kanzlerin zeigte, daß die USA gar nicht daran denken, ihre schändliche Spionage „unter Freunden“ einzustellen. Da handelt Obama wie jeder, der etwas auf dem Kerbholz hat: wenn die Sache ans Licht kommt, wird einfach alles abgestritten. So hat er es im Telefonat mit Merkel gemacht, so macht es sein Botschafter in Berlin, und auch seine Sprecher in den USA folgen ihm auf dieser Verteidigungslinie.

Es ist die arrogance of power, die Arroganz der Macht, die aus dieser Reaktion spricht. Schon Senator Fulbright hatte diese Arroganz vor langer Zeit an seiner eigenen Regierung in einem aufsehenerregenden Buch kritisiert. Leider hat sich auch unter der „Lichtgestalt“ Obama daran nichts geändert.

Jeder großen Macht müssen – im ihrem eigenen Interesse! – Grenzen gesetzt werden. Im besten Fall übernehmen das die eigenen Staatsbürger, aber wenn die Amerikaner die kriminellen Praktiken ihrer Geheimdienste, die nicht nur gegen das Völkerrecht, sondern auch und vor allem gegen die guten Sitten verstoßen, gleichgültig hinnehmen, dann müssen eben die ausgespähten Staaten diesem Treiben selbst Grenzen setzen.

Es soll niemand sagen, die USA würden den entschlossenen Widerstand der Europäer einfach von sich abperlen lassen, nur: dieser Widerstand kommt gar nicht – jedenfalls nicht aus Europa. Man scheut sich hier immer noch, die übermächtige Schutzmacht des Westens krimineller Taten zu bezichtigen, obwohl die durch die veröffentlichten Snowdenschen Dokumente als bewiesen gelten können. Warum traut sich niemand (die Kanzlerin schon gar nicht!), dieses schäbige Ausspionieren von Verbündeten als das zu bezeichnen, was es doch offensichtlich ist: schäbig!?

Daß man feindlich gesinnte Regierungen ausspioniert, ist normal und verständlich. Man will sich vor feindseligen Aktionen schützen, das ist das gute Recht jedes Landes. Aber warum spioniert Obamas Administration das Handy der Kanzlerin aus? Warum die Telefonate und E-Mails der Deutschen, die ihm doch angeblich so wichtig sind? Und warum leugnet er das alles? Die Antwort kann nur lauten: das noch nie dagewesene, jedes Maß überschreitende, gesetzlose Treiben dieser Dienste wird von ihm in vollem Umfang gebilligt.

Nixons Watergate (das aber nur nebenbei) war – verglichen mit diesem Obamagate – geradezu eine Petitesse. Damals gab es nur eine kleine Verschwörung einer Handvoll halbkrimineller Politiker und einiger Ganoven, mit Nixon an der Spitze. Unter Obama und ganz offensichtlich mit seiner Zustimmung wird das in den Verfassungen garantierte Recht auf eine geschützte Privatsphäre von Millionen Menschen dauerhaft und ohne Skrupel gebrochen. Es ist ein millionenfacher Verfassungsbruch, gegen den, um es noch einmal zu sagen, das gute alte Watergate nur eine Lappalie war.

Dem unverfrorenen Ausspionieren ausgerechnet durch einen Verbündeten muß man entschlossen und rabiat begegnen. Diplomatische Formulierungen, bei denen die Kritik an den USA allenfalls zwischen den Zeilen zu lesen ist, sind da wirkungslos. Das zeigen, erst recht im nachhinein, die grotesk beschwichtigenden Äußerungen von Unionspolitikern nach Bekanntwerden der NSA-Affäre (dankenswerterweise von der Süddeutschen hier zusammengestellt).

Man muß nicht gleich die Kavallerie schicken, aber angesichts dieses ungeheuren Bruchs unserer verfassungsmäßig garantierten Bürgerrechte weiter zu lavieren und sich künstlich klein zu machen, als seien wir auch heute noch die immer brave, bescheidene und machtlose Bonner Republik, das ist nichts anderes als – Feigheit vor dem Freund.

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