Was um alles in der Welt hat Jan Ullrich dazu bewogen, jetzt in einem Interview ein solches „Geständnis“ zu machen? Und wer will das nach so vielen Jahren des Lügens und Lavierens noch hören? Er hatte hundert Gelegenheiten, reinen Tisch zu machen, und er hat nicht eine davon genutzt.
Und wie eine Beichte klingt das, was er sagt, nun wirklich nicht: das Eigenblut-Doping nennt er „Fuentes-Behandlungen“, die er „in Anspruch genommen“ habe. Außerdem, so fügt er trotzig hinzu, habe er nichts genommen, „was die anderen nicht auch genommen haben“. Und dann dieser Satz, der zeigt, wie wenig er bis heute begriffen hat:
Ich wollte für Chancengleichheit sorgen.
Da ist er wieder, der heilige Sünder. Hier dope ich, ich kann nicht anders … Ich habe ja nur um der Gerechtigkeit willen gedopt – aber nein, gedopt hat er ja nicht, er hat nur „Fuentes-Behandlungen in Anspruch genommen“.
Die Absolution erhält freilich nur, wer wirklich beichtet und wirklich bereut. Auf Jan Ullrich trifft weder das eine noch das andere zu.
Er war – das wollen wir nicht vergessen – ein großartiger Radsportler (auch ohne Doping!), und daß er in eine Szene der Illegalität hineingerutscht ist, das hätte ihm fast jeder von uns verziehen. Aber er hat noch starrsinnig alle Schuld von sich gewiesen, als die längst durch harte Fakten belegt war.
Ein großer Radfahrer – ja. Aber zu einem großen Sportler und erst recht zu einem großen Menschen gehört ein bißchen mehr.
Selbst Schweigen wäre besser gewesen als dieses Interview.