Erdogan hat ein Herz für Kinder. Da alle seine strengen väterlichen Ermahnungen, der scharfe Strahl seiner Wasserwerfer und das überall wabernde Tränengas nichts bewirkten (außer daß einige der Demonstranten jetzt tot sind, im Koma liegen oder ihr Augenlicht verloren haben), richtete er einen flammenden Appell an die Eltern, sie sollten doch bitte, bitte ihre demonstrierenden Kinder endlich nach Hause holen. Schon zuvor hatte der Gouverneur von Istanbul, Mutlu, die Eltern aufgerufen, ihre Kinder abzuholen, denn – man höre und staune! – der Gezi-Park sei vollgestopft mit Kriminellen.
Die Eltern, gerührt über soviel Mitmenschlichkeit ihrer Regierenden, kamen sofort auf den Taksim-Platz – aber nicht etwa, um ihre Kinder abzuholen, sondern um ihnen Essen, Medikamente und Verbandsmaterial zu bringen. Sie unterstützen die Proteste und machen damit dem kleinen Mann aus Ankara das Leben noch schwerer.
Wie die causa Türkei einmal enden wird, kann niemand sagen. Aber eines schon: Erdogans Vision einer Türkei, die im Zeichen von Koran und Kopftuch steht, hat einen herben Rückschlag erlitten.
Und das ist gut so.