In einer Gemeinde in unserer Nähe gibt es einen großen Supermarkt, bei dem wir an die 30 Jahre eingekauft haben. Dabei war ein Phänomen zu beachten, das Freud vielleicht der Psychopathologie des Alltagslebens zugerechnet hätte. In mehr oder weniger regelmäßigen Abständen wird nämlich die gesamte Anordnung von Regalen und Abteilungen innerhalb des Marktes auf den Kopf gestellt. Kein Stein bleibt auf dem anderen. Dieser Umbau zieht sich über Wochen und Monate hin und wird von vollmundigen Versprechungen der Werbeabteilung begleitet: „Noch schöner, noch größer, noch kundenfreundlicher!“
Wenn man dann nach langer Leidenszeit das Ergebnis betrachtet, glaubt man sich zum Narren gehalten. Es wurde nämlich gar nichts verändert – und kundenfreundlich war man schon gar nicht. Nein, man hat einfach die Abteilungen ausgetauscht. Wo früher die Gemüseabteilung war, ist jetzt also die Tiefkühlkost, die Kleidung ist von der Peripherie in die Mitte gerückt, die Gänge verlaufen jetzt quer statt längs usw.
Na bravo.
Die Kunden irren hilflos und mit suchendem Blick durch die Gänge. Nichts steht mehr am alten, gewohnten Platz. Manche sind der Verzweiflung nah. Man braucht Wochen und Monate, bis man sich wieder einigermaßen zurechtfindet.
Dieser Drang, alle paar Jahre die Waren von A nach B und dann wieder von B nach A zu schieben, ohne Grund, ohne Sinn und Verstand, und gegen den Willen der eigenen Kunden, müßte einmal psychopathologisch untersucht werden.