Antiamerikanismus, Wiedergänger und ein ASTA-Vorsitzender

Wiedergänger – das sind gewissermaßen Untote. Sie haben einmal im Leben gestanden, aber sie kehren als Gespenster zu uns zurück.

An dieses Wort muß ich oft denken, wenn ich die Kommentare junger User im Internet lese. Da finde ich zum Beispiel denselben rabiaten – und vor allem blinden! – Antiamerikanismus, der mir aus den 60er und 70er Jahren wohl vertraut ist, nur daß er heute etwas Unwirkliches, Gespenstisches hat. Damals besaß er immerhin noch Wurzeln in der Wirklichkeit: der Vietnamkrieg, die Zusammenarbeit mit verbrecherischen Regimen in Mittel- und Südamerika, die Unterstützung der Militärjunta in Griechenland, das waren schändliche Taten, gegen die (auch das darf man nicht vergessen) die jungen Amerikaner selbst am heftigsten protestierten.

Der heutige Antiamerikanismus ist von jeder Wirklichkeit weit entfernt, da werden die USA ohne Federlesens zur Verkörperung des Bösen gemacht. So eine Dämonisierung ist aber nicht nur – wie alle Dämonisierungen – dumm, sie birgt auch eine große Gefahr in sich: daß man nämlich die bedenklichen Seiten der amerikanischen Kultur, die es natürlich auch gibt, nicht mehr wahrnimmt. Wo alles böse ist, muß man nicht mehr differenzieren.

Wie kommt es – gerade bei jüngeren Menschen – zu einem solchen Verzicht, sich des eigenen Verstandes zu bedienen? Wie hat diese Ideologie die Jahrzehnte überdauern können, um jetzt stärker als je wieder zum Vorschein zu kommen? Die Wahrheit ist: ich weiß es nicht. Es ist mir ein Rätsel – auch deshalb der Begriff des Wiedergängers, der freilich nichts erklärt, sondern dieses Aufblühen der Dummheit nach langer Überwinterung nur in einem Bild beschreibt.

Darf ich noch ein Beispiel anführen? Auf dem neuen Campus der Goethe-Universität in Frankfurt am Main kommt es in letzter Zeit immer wieder zu Vandalismus. Allein durch zerstörte Fensterscheiben ist ein Schaden von 160.000 Euro entstanden. Schmierereien an den schönen Fassaden sind an der Tagesordnung. Auch Aufzüge sind beschädigt worden.

Dieser Campus, das muß man dazusagen, ist für deutsche Verhältnisse fast idyllisch. Auch wenn noch nicht alles perfekt ist (einige überfüllte Hörsäle usw.), bietet er doch die Chance, wirklich in Ruhe zu studieren. Vorher waren die Institute rund um die Bockenheimer Warte völlig vereinzelt und über den ganzen Stadtteil verstreut, oft beengt oder in die scheußliche Betonarchitektur der 60er Jahre gezwängt.

Jetzt also zum ersten Mal in Frankfurt ein richtiger Campus (der übrigens viel Geld aus Steuermitteln gekostet hat), urban, aber doch im Grünen, und schon sind sie wieder da: die Chaoten der 60er Jahre bzw. ihre gespenstischen Wiedergänger, die wie damals „Gewalt gegen Sachen“ gutheißen.

Nehmen wir nur einmal den ASTA-Vorsitzenden, David Malcharczyk. Er ist  Mitbegründer der Fachschafteninitiative Demokratische Hochschule und studiert Politik. Zu den Zerstörungen meint er nur zynisch, das sei eine „nachrangige Angelegenheit“. Scheiben einzuwerfen sei zwar „kein produktiver Umgang mit den derzeitigen Problemen“ (!), aber er lehnt es ab, sich grundsätzlich von jeder „Gewalt gegen Sachen“ zu distanzieren. Und dann sagt er (nachzulesen in einem Artikel der F.A.Z. vom 26. April):

Solange für Studenten auf dem Westend-Campus keine Möglichkeit bestehe, „sich zu entfalten“, werde es dort Graffiti und Ähnliches geben.

Was für ein dummer, was für ein lächerlicher, in seiner Konsequenz aber auch: was für ein gefährlicher Satz!

Sehen Sie: genau solche Menschen sind es, die ich als Untote, als Wiedergänger bezeichne. Sie steigen aus den Gräbern, und sie haben nichts aus der Geschichte gelernt. Deshalb können sie die „aufmüpfigen Studenten“ auch nur wie schlechte Schauspieler verkörpern.

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