Eben noch hatte unsere Kanzlerin – trotz einiger Skepsis – Fortschritte in den „ergebnisoffenen“ Beitrittsverhandlungen mit der Türkei eingefordert, da zeigte Erdogan (wie schon so oft), wes Geistes Kind er ist: Islamophobie, sagte er, sei ein ebenso großes Verbrechen wie „Zionismus, Antisemitismus und Faschismus“.
Zwei dieser vier Begriffe sind eindeutig und historisch verbürgt: „Antisemitismus“ und „Faschismus“. Wie aber steht es mit den anderen?
Der Zionismus ist ein aus arabischem oder türkischem Mund geläufig daherkommender und herabsetzender Kampfbegriff gegen die Juden. Jeder Jude ist nach dieser Lesart ein Zionist. So wie unsere geistig einfachen Mitbürger mit Migrationshintergrund „Du Opfer, du!“ grölen, so sagt der ebenso einfache Muslim zum Juden: „Du Zionist, du!“ Historische Kenntnisse sollte man da nicht voraussetzen, sie sind nicht vorhanden und auch nicht gemeint. Es ist ein einfaches Schimpfwort, und auch Erdogan meint es nicht anders.
Daß nach Jahrhunderten von Verfolgung, Pogromen und Erniedrigungen in Israel ein sicheres Asyl, ein Ort der Zuflucht entstehen sollte, interessiert Erdogan nicht im geringsten. Der Zionismus ist für ihn also ein „Verbrechen“. Und der Völkermord an den Armeniern? Die Pogrome gegen die Aleviten? Das sind natürlich keine Verbrechen, das sind alles Fragen, die noch historisch untersucht werden müssen, am besten am Sankt-Nimmerleins-Tag. Verbrechen, das weiß man, begehen ja immer die anderen, man selbst ist moralisch so „lupenrein“ wie der Genosse Putin.
Und dann die Islamophobie. Ist es nicht schön, daß man immer neue Wörter bilden kann, selbst wenn sie völlig inhaltslos sind? Unsere Renate Künast, die schon beim Wort „Kreuzzüge“ vor lauter Islamophilie zur Schnappatmung neigt, zeigt äußerste Entrüstung, wenn es um die in ihren Augen weitverbreitete Islamophobie geht. Die Islamophobie ist für sie, wie es der Wortteil Phobie schon andeutet, etwas zutiefst Krankhaftes. Sie breitet sich aus wie die Cholera. Und sie ist so etwas von irrational! Gut, fast alle Terroranschläge der letzten Jahrzehnte sind von Muslimen verübt worden, das stimmt schon, und ein durchschnittlich intelligenter Mensch könnte da zu der Auffassung kommen, daß hinter dem, was Künast und Erdogan „Islamophobie“ nennen, keine Krankheit steckt, sondern eine historisch und politisch korrekte Wiedergabe der Wirklichkeit. Aber das wäre ja viel zu einfach gedacht, viel zu einfach!
Also: ein Verbrechen ist die Islamophobie, sagt Erdogan. Dieser Mann ist vom Verbrechen sozusagen umzingelt – wir erinnern uns: auch Assimilation ist ja, wie er es in seiner berüchtigten Kölner Rede mit intellektueller Dezenz formuliert hat, ein Verbrechen.
Das Verbechen lauert überall, es folgt Erdogan sozusagen auf dem Fuße.
Wäre es nun auch ein Verbrechen, die Türkei in die Europäische Union einzulassen? Nein. Aber es wäre die größte Dummheit in ihrer Geschichte.