Die Preisdifferenz zwischen konventionellen und biologischen Nahrungsmitteln ist immer noch so groß, daß sie zum Betrug förmlich auffordert. Dazu kommt freilich eine in der Gesellschaft weitverbreitete Geldgier. Vor allem in der Wirtschaft (nicht nur im Bankenbereich) ist diese Gier auf einem unverändert hohen Niveau.
Als wir noch nicht so herrlich säkular waren wie heutzutage, galt die Gier – sie heißt lateinisch avaritia – als eine der sieben Todsünden. Heute wird sie eher als Kavaliersdelikt angesehen (von den Tätern sowieso).
Da hilft dann weder die Verdoppelung der Kontrolleure (die es sowieso nicht geben wird) noch eine strengere Bestrafung. Es ist die Hoffähigkeit, die Gesellschaftsfähigkeit der Geldgier, die alle Bemühungen zunichte machen wird.
Dabei müßte gar kein „Ruck“ durch Deutschland gehen, damit sich etwas ändert, aber der lange Prozeß zu einem anderen Wertesystem sollte in Gang gesetzt werden. Da kann (und muß!) jeder bei sich selbst anfangen. Man sollte dem Geld, dem Besitz und der unaufhörlichen Steigerung der materiellen Ansprüche einfach ein bißchen weniger Bedeutung zuzumessen. Es gibt doch wahrhaftig Wichtigeres und Schöneres und Aufregenderes im Leben als die ständige Vermehrung des Besitzes – zumal man nichts von alledem mit ins Grab nehmen kann.
Was den konkreten Fall betrifft, so wird man bald sehen, wie die neue niedersächsische Regierung damit umgehen wird. Der Betrug mit den Bio-Eiern ist ja nur möglich, weil sich (trotz vieler rot-grüner Regierungen in Bund und Ländern) an der Massentierhaltung kaum etwas geändert hat. Und Massentierhaltung heißt nicht nur, daß Tiere in Massen gehalten werden, es heißt auch, daß sie in Massen gequält und am Fließband geschlachtet werden. Von der „Ehrfurcht vor dem Leben“, wie sie der große Albert Schweitzer angemahnt hat, ist man nirgendwo auf der Welt so weit entfernt wie in den niedersächsischen Tierfabriken.