Der Fürst zu Schwarzenberg

Zehn Jahre lang war Václav Klaus Präsident der Tschechischen Republik. Er war immer ein Hardliner – mit vielen Ressentiments gegen Europa, Homosexuelle und – natürlich! – gegen die Deutschen. Die ethnischen Säuberungen nach dem Krieg, die auf den verhängnisvollen Beneš-Dekreten beruhen und bis heute mit dem Wort „Vertreibung“ verharmlost werden, rechtfertigt er ohne Einschränkung.

Jetzt muß Klaus nach zwei Amtszeiten abtreten. Die beiden Kandidaten für seine Nachfolge könnten unterschiedlicher nicht sein.

Auf der einen Seite steht Miloš Zeman, 68, der bis heute in der Vertreibungsfrage zu keinem versöhnlichen Wort gefunden hat – im Gegenteil. Für ihn war die sudetendeutsche Minderheit im damaligen Tschechien immer nur die „fünfte Kolonne Hitlers“, und voller Häme meinte er, die Sudetendeutschen hätten doch froh sein können, „heim ins Reich“ zu dürfen, statt „an die Wand gestellt“ zu werden. Das klingt fast so, als hätte Zeman es vorgezogen, sie an die Wand zu stellen.

Sein Gegenkandidat ist Karl Fürst zu Schwarzenberg, 73, der in Tschechien nach Abschaffung aller Adelstitel natürlich nur Karel Schwarzenberg heißt. Er ist zur Zeit Außenminister und entstammt dem Geschlecht der Fürsten zu Schwarzenberg, die sich immer in Wort und Tat als Europäer, aber durchaus auch als tschechische Patrioten verstanden haben. Ihr Besitz wurde deshalb von den Nazis eingezogen. Das hilft dem Kandidaten aber nicht. Der scheidende Präsident macht bösartige Andeutungen über ihn: er sei kein „authentischer Tscheche“ und:

Präsident sollte ein Mensch werden, der zu diesem Land gehört, der Teil dieses Landes ist, der sein Leben hier verbracht hat.

Da kann man schon a bisserl Rassismus heraushören, nicht wahr? Vor allem hört man beim amtierenden Präsidenten die Angst heraus, daß Schwarzenberg und nicht der stramm nationalistische Kandidat Zeman die Wahl gewinnen könnte. Deshalb läßt er seinen Sohn nachtreten: Schwarzenberg könne nicht einmal richtig Tschechisch, und seine Familie – auch das eine lang widerlegte Verleumdung der streng „antifeudalen“ tschechischen Kommunisten – habe mit den Deutschen kollaboriert.

Am Donnerstag, in einer Fernsehdiskussion, sagte Schwarzenberg zur Vertreibung der Deutschen ein paar Sätze, die für einen normalen Menschen im 21. Jahrhundert eigentlich selbstverständlich sind, die aber im Klima des heutigen Tschechiens fast wie ein Licht in der Dunkelheit wirken.

Die Vertreibung, sagte er, müsse man aus heutiger Sicht als „grobe Verletzung der Menschenrechte“ ansehen (hier nachzulesen).

Dafür müßten sich heute die damalige Regierung und ihr Präsident Edvard Beneš in Den Haag verantworten. Die damalige tschechische Gesellschaft sei „vom Bazillus des Nazismus angesteckt“ gewesen, als sie nach dem Prinzip der Kollektivschuld auch jene Deutsche vertrieben habe, die sich loyal zum tschechoslowakischen Staat verhalten hatten.

Ich finde es außerordentlich mutig und sympathisch, das – als Tscheche! – so deutlich zu sagen, und ich wünsche Schwarzenberg von Herzen, daß er die Wahl gewinnen möge.

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