Man kennt es von vielen Gemeinden, wo die Damen und Herren offenbar hinter ihren aufgeräumten Amtsschreibtischen sitzen und überlegen: was könnten wir jetzt einmal tun, um unsere amtliche Existenz zu rechtfertigen? Dann kommen die tollsten Straßen- und Baupläne zutage, die man eigentlich nur Schildbürgern zugetraut hätte. Und sagen Sie jetzt bitte nicht, das sei ein böswilliges Zerrbild, sonst schildere ich Ihnen einmal, wozu allein in unserem kleinen Städtchen die Stadtverwaltung schon fähig war.
Aber es gibt auch Ministerinnen und Minister, die offenbar gar nicht wissen, wohin mit ihrer gutbezahlten Zeit.
Nehmen wir einmal Lucia Puttrich. Sie ist die hessische Umweltministerin, und da hätte sie wirklich viel zu tun. Zum Beispiel könnte sie die ausgedehnten und immer noch wunderschönen hessischen Wälder vor der Verschandelung durch 200 m hohe Betonwindräder bewahren. Das will sie aber nicht, im Gegenteil: sie verlangt sogar, daß die Höhen des Rheingaus, also einer altehrwürdigen Natur- und Kulturlandschaft, so schnell wie möglich mit diesen Betondingern bestückt werden sollen. Aber damit ist sie noch nicht ausgelastet, denn sie hat ein neues Arbeitsfeld entdeckt: die Radler im hessischen Wald.
Nun kommt es sicher hie und da zu Konflikten zwischen Wanderern und Mountainbikern. Rüpel gibt es schließlich in allen gesellschaftlichen Gruppen. Wenn wir im Odenwald oder an der Bergstraße wandern, kann es schon einmal vorkommen, daß so ein Biker von hinten wie ein Geschoß auf einen zukommt, aber das ist doch eher die Ausnahme. Meistens hört man ihn von weitem, man macht ihm Platz, er bedankt sich – und das war es schon. Braucht man denn dafür allen Ernstes Gesetze und Verordnungen? Soll man den Rüpel festhalten, die Polizei rufen, die Personalien feststellen lassen?
Aber, wie gesagt, manche Ministerinnen haben viel freie Zeit. Also hat Frau Puttrich mit tatkräftiger Unterstützung ihrer Ministerialbeamten festgelegt, daß Radler im hessischen Wald künftig nur noch auf genau definierten Waldwegen fahren dürfen.
Und zwar sind das
befestigte oder naturfeste Wege, die von nicht geländegängigen, zweispurigen Kraftfahrzeugen ganzjährig befahren werden können.
Was über die Ministerin (zurecht!) hereingebrochen ist, kann man sich vorstellen, aber statt ihre Dummheit sang- und klanglos wieder abzuschaffen, hat sie einen langen Frage- und Antwortkatalog ins Netz gestellt und etwa die Kraftfahrzeuge im Sinne ihres Gesetzentwurfs als „Kleinstwagen wie ein Smart oder ein Polo“ näher beschrieben.
Ich habe jetzt zwar in meinen ganzen Leben noch nie einen Smart oder einen Polo auf einem hessischen Waldweg gesehen, aber – rein theoretisch – könnte es ja vorkommen!
Aber, um die Sache kurz zu machen, selbst eine hessische Ministerin merkt irgendwann, was für einen bescheuerten Mist sie gebaut hat.
Sie hat sich also mit verschiedenen Verbänden zusammengesetzt, und nach vielen, vielen Stunden „Textarbeit“ ist man zu einer sensationellen Erkenntnis gekommen:
Es gilt immer das Prinzip der gegenseitigen Rücksichtnahme. Der Schwächere hat Vorrang.
Und für diese Erkenntnis, die ja unter höflichen Menschen schon ein paar Jahrhunderte vor Frau Puttrichs Geburt bekannt war, haben
erstens: eine Ministerin
zweitens: zahlreiche Ministerialbeamte, und
drittens: (unfreiwillig) etliche Natur- und Sportverbände
viel kostbare Zeit vergeudet.
Solche Ministerinnen braucht das Land!