Ratko Mladic, der „vermeintliche“ (so muß man das aus rechtlichen Gründen immer noch ausdrücken) Massenmörder von Srebrenica, ist gefaßt worden. Das ist eine gute Nachricht. Und es ist ein Signal, das die Massenmörder von heute warnt: wer auch immer solche Verbrechen begeht, wird nach dem Abschluß eines rechtsstaatlichen Verfahrens den Rest seines Lebens in einer Zelle verbringen. Sicher nicht gleich, manchmal dauert es erbärmlich lange, bis es so weit ist. Aber jedem wird irgendwann der Prozeß gemacht werden – das ist die Botschaft, die von diesem Tag ausgeht.
Die Festnahme erinnert aber auch an einen der Tiefpunkte der europäischen Moral – und an ein Foto, das dieses Debakel symbolisieren wird für alle Zeit. Es zeigt Mladic und Thomas Karremans, den holländischen Chef der UNO-Blauhelme, die für den Schutz der Einwohner von Srebrenica sorgen sollten, bei einem gemütlichen Umtrunk am 12. Juli 1995, mit dem Glas in der Hand. Da hatten die Deportationen und die Selektionen der männlichen Bewohner schon begonnen. Zwei Tage später war alles Leben in Srebrenica ausgelöscht.
Es mag sein, daß die Blauhelme keine Möglichkeit hatten, den Massenmord zu verhindern. Aber mit Mladic auch noch anzustoßen, dazu hätte sie keine Macht der Welt zwingen können.
Es ist eines der obszönsten Bilder der letzten Jahrzehnte.
PS: Im Jahr 2006 wurden 500 der holländischen Blauhelme von ihrem Verteidigungsminister feierlich geehrt, weil sie in Srebrenica einen „außerordentlich schwierigen Auftrag“ hatten und „jahrelang falschen Anschuldigungen ausgesetzt“ gewesen seien. Angehörige der Ermordeten sprachen von „Genozid-Orden“.