Sicher haben viele vor ein paar Tagen den Dokumentarfilm „Die Biosprit-Lüge“ gesehen. Er zeigt in erschütternden Bildern, wie sich die von den Grünen angefachte Begeisterung für „Energiepflanzen“ (Ölpalme, Zuckerrohr, Jatropha u.a.) dort auswirkt, wo sie angepflanzt werden. Der Film ist zwei Jahre alt, die Lage ist seither noch viel, viel schlimmer geworden. Die grüne Idee, Pflanzen für die Energiegewinnung anzubauen, hat global zu einer Naturzerstörung geführt, die ohnegleichen ist. Und diese Zerstörung geht immer noch weiter, ja sie beschleunigt sich noch.
Da möchte man doch meinen, daß die Grünen zu ihrer Mitschuld stehen und sich wenigstens zu einem pater peccavi aufraffen. Aber keine Spur davon – trotzig und ohne jede Nachdenklichkeit bleiben sie bei ihren ideologisch verfestigten Auffassungen. Trittin etwa fällt zum Biosprit nur ein, daß seine Einführung (als E10) schlecht organisiert war. Und er ist sich nicht zu schade, dem deutschen Autofahrer das brasilianische Beispiel lobend vor Augen zu führen:
Der deutsche Autofahrer steht plötzlich mit Schaudern vor der Zapfsäule mit E10 – und weiß nicht einmal, dass die Autofahrer in Brasilien seit Jahren mit 25 Prozent Ethanol fahren.
Die Grünen applaudieren also, wenn ein Land Monokulturen (Zuckerrohr, Ölpalmen) in einem gigantischen Ausmaß anlegt? Es ist unfaßbar.
Aber ehe wir voreilig urteilen, wollen wir hören, was Frau Künast zu diesem Thema sagt. Sie hat sich schon als Landwirtschaftsministerin vehement für den Biosprit eingesetzt und den Bauern versprochen, sie würden durch den Anbau von Energiepflanzen „die Ölscheichs von morgen“. Ist ihr das heute peinlich? Ganz und gar nicht! In einem Interview mit der Badischen Zeitung vom 11. März 2011 bekräftigt sie sogar die alte liebgewordene Idee. Wie ein Mantra betet sie die alten, längst widerlegten Sätze immer und immer wieder nach: daß „nachwachsende Rohstoffe“ (auch so ein Unwort!)
als Energielieferanten immer wichtiger werden,
daß damit „ein neues Geschäftsfeld für Bauern“ entsteht usw. Das ist ein Zynismus, der angesichts der massenhaften Vetreibung von Kleinbauern in Asien, Afrika und Südamerika kaum mehr zu überbieten ist.
Die grüne Vorstellung von den „Energiepflanzen“ mag einmal eine sympathische Idee gewesen sein. Inzwischen klebt an ihr Blut. Man kann es nicht mehr abwaschen. Aber man kann, wie man sieht, die Augen davor verschließen.
Die Liebe zur Natur (wie ich es ganz altmodisch nenne) hat bei den Grünen keine Heimat mehr. Sie mag an der Basis als Antriebskraft noch da sein, aber in der Politik ihrer Führung hat ein dramatischer und verhängnisvoller Paradigmenwechsel stattgefunden – weg von der lebendigen Natur, hin zu einem nur noch technisch und ökonomisch geprägten Naturverständnis. Auch deshalb ist die Energiefrage bei den Grünen zum Fetisch geworden. Sie kennen fast nichts anderes mehr.
Am Anfang der grünen Bewegung in Deutschland war der Kampf gegen die Monokulturen in Land- und Forstwirtschaft eines der wichtigsten Motive für das politische Engagement. Monokulturen (etwa artenarme Fichtenwälder, große, maschinengerechte Getreideflächen ohne Hecken usw.) verlangen einen hohen Pestizideinsatz und reduzieren die Artenvielfalt auf ein Minimum.
Und heute? Überall auf der Welt entstehen Monokulturen schlimmster Art – aber jetzt unter dem lebhaften Beifall der Grünen! Wie konnte es soweit kommen? Wie ist der Niedergang der grünen Bewegung in Deutschland zu erklären?
Ich weiß es nicht. Die heutige Führung der Grünen jedenfalls kommt, wie man auch an den Lebensläufen von Künast und Trittin sieht, eher aus der linken, durch die Sozialwissenschaft geprägten Ecke. Da ist – was die Bewahrung der natürlichen Vielfalt betrifft – wenig zu erwarten.
Von der Liebe zur Natur ganz zu schweigen.