Die Macht des Vorurteils ist groß – vor allem, wenn hinter dem Vorurteil eine Ideologie steht. Das zeigt sich geradezu beispielhaft in der Diskussion um das Betreuungsgeld.
Nehmen wir Cornelia Pieper. Sie ist für die FDP Staatsministerin im Auswärtigen Amt und will im Bundestag gegen das Betreuungsgeld stimmen (hier nachzulesen). Und warum? Jetzt kommt die ganze Litanei der „fortschrittlichen“ Menschheit: das Betreuungsgeld sei eine „doppelte Rolle rückwärts in alte Zeiten“ und – natürlich! – „eine Rückkehr zum alten Familienmodell Kinder, Küche, Kirche“.
Dabei kämpfe sie seit 1990 konsequent für frühkindliche Bildung und einen Rechtsanspruch auf Betreuungsplätze. „Das Betreuungsgeldgesetz entspricht einfach nicht der Lebenswirklichkeit“, betonte die FDP-Politikerin.
Das muß man sich einmal vorstellen: bei ein- und zweijährigen Kindern fällt Frau Pieper nichts anderes als „frühkindliche Bildung“ ein. Wo es erst einmal darauf ankommt, ein tiefes (Ur-) Vertrauen zwischen Kind und Eltern herzustellen, damit aus dem Kind später eine selbstbewußte, ichstarke Persönlichkeit wird, sucht sie verzweifelt nach Rechtfertigungen für eine außerhäusliche Betreuung, die gar nicht früh genug anfangen kann.
Der alte feministische Schlachtruf gegen „Kinder, Küche, Kirche“ wirkt da besonders peinlich. Da faßt die säkulare Frau von heute zusammen, was für sie der Leibhaftige ist.
Kinder?
Die machen Schmutz, sie schreien und stören enorm bei der Karriereplanung. Man kann sie gar nicht früh genug in geeignete Einrichtungen geben, zumal sie dort auch noch wunderbar frühkindlich gebildet werden.
Küche?
Auch das scheint, den tausend Kochsendungen zum Trotz, für die moderne Frau eher etwas Unappetitliches sein. Man kann doch zum Italiener oder zum Chinesen gehen!
Kirche?
Damit kann die Frau von heute – und erst recht die FDP-Frau von heute mit DDR-Sozialisation! – am allerwenigsten anfangen. Da ist es nur konsequent, daß Cornelia Pieper Mitte der 90er Jahre als Geschäftsführerin dem durch und durch atheistischen Humanistischen Verband Deutschlands angehört hat.
Ihr fortschrittliches Weltbild gerade über das Wesen von Frauen und Männern faßt Frau Pieper (hier nachzulesen) so zusammen:
Während die Frau sich ständig weiterentwickelt, heute alle Wesenszüge und Rollen in sich vereint, männliche und weibliche, und sich in allen Bereichen selbst verwirklichen kann, blieb der Mann auf seiner Entwicklungsstufe stehen. Als halbes Wesen.
Da zeigt sich, daß auch ein frühkindlich gebildeter Mensch am Ende zu einem sehr schlichten Weltbild kommen kann.