Julia Timoschenko – eine rechtskräftig verurteilte Straftäterin?

Man kann sich nur wundern, wenn man liest, was manche geschichtslosen oder geschichtsvergessenen Menschen – sogenannte User – unter dem Deckmantel der Anonymität für einen Quark verzapfen (in diesem Fall auch noch auf der Seite der Tagesschau).

Sehen wir uns einmal zwei dieser User genauer an, die sich die schönen Namen fairfax bzw. blackteckel gegeben haben. Hören wir zuerst, was fairfax sagt (im Wortlaut):

Eine Wahl ist undemokratisch ein eine verurteilte Straftäterin die ihre Haftstrafe absitzt nicht an der Wahl teilnehmen kann? Ok wenn man in Deutschland oder sonst irgendwo Europa extra zur Wahl wieder freigelassen wird, würden sich wohl alle Knackies aufstellen lassen.

Man sieht, hier ist ein lustiger Mensch am Werke. Für ihn ist Frau Timoschenko ein Knacki wie ein beliebiger deutscher Autodieb.

Und blackteckel? Er hat bis in die Wortwahl hinein einen ganz ähnlichen Humor:

Die OSZE beklagt, dass eine rechtskräftig verurteilte Straftäterin, gegen die auch in anderer Hinsicht ermittelt wird, nicht zur Wahl antreten durfte.  Laßt sie klagen, die Bevölkerung in der Ukraine weiß besser, wen sie für fähig erachtet, das zweigeteilte Land zu regieren.

So, jetzt will ich diesen beiden Helden der anonymen Netzdemokratie mal etwas sagen. Ihr lebt in einem Land, in dem ihr ungestraft jede Dummheit sagen könnt, die euch in den Sinn kommt. Aber ihr redet über ein Land, in dem ein autoritärer Herrscher Justiz, Presse und Wirtschaft praktisch wie sein Eigentum behandelt. Für eine lustige Bemerkung würdet ihr da schnell selbst zum „Knacki“ werden.

Und Julia Timoschenko ist eine „rechtskräftig verurteilte Straftäterin“? Die Männer des 20. Juli (falls ihr überhaupt wißt, wer das war) sind alle rechtskräftig verurteilt worden. Alle Urteile von Freislers Volksgerichtshof waren rechtskräftig. Rechtskräftig waren die Urteile der DDR-Gerichte, mit denen jeder Widerstand im Keim erstickt wurde – bis hin zu Hinrichtungen durch Genickschuß. Auch die chinesischen Schandurteile gegen Künstler, Blogger, Schriftsteller sind „rechtskräftige Urteile“.

Niemand, der in einem Land wie der Ukraine mit ihren korrupten Strukturen aufwächst, kommt unbeschadet davon, auch Julia Timoschenko nicht. Aber darum geht es hier nicht. Es geht darum, daß sich ein autoritärer Herrscher, der sich – die F.A.Z. hat es vor einiger Zeit minutiös beschrieben – schon in seiner Jugend im kriminellen Milieu bewegt hat, planmäßig und geschickt das Land untertan macht, um sich und die Seinen zu bereichern.

Wenn die führenden Köpfe der Opposition unter fadenscheinigen Gründen ins Gefängnis geworfen werden, kann es keine freien Wahlen geben. Wenn die Richter zu Marionetten des Herrschers werden (das war im Prozeß gegen Timoschenko deutlich genug), dann haben wir es nicht mehr mit einem Rechtsstaat zu tun. Da wo es willkürliche Verhaftungen gibt und Folter und Mißhandlungen in den Gefängnissen, kann niemand von „rechtskräftigen Urteilen“ sprechen, der einigermaßen bei Verstand ist.

Gegen die „Straftäterin“ Timoschenko, schreibt blackteckel, werde auch „in anderer Hinsicht ermittelt“. Natürlich! Solange sie noch am Leben und schon allein dadurch eine Gefahr für den allmächtigen Herrscher ist, werden immer neue Anklagen gegen sie nachgeschoben werden. Sie soll buchstäblich im Gefängnis verrecken.

Aber auch wenn ich schon etwas älter bin, möchte ich auf jeden Fall noch erleben, daß der feine Herr Janukowitsch in genau die Zelle gesteckt wird, in der jetzt Julia Timoschenko sitzt.

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