Eins ist sicher: die Rente!

Wer sein Leben lang – also über 45 Jahre – mit einem durchschnittlichen Gehalt gearbeitet hat und dann, wenn er sich endlich seine Wünsche erfüllen möchte, nicht einmal 1.200 Euro im Monat bekommt, fühlt sich zurecht betrogen – auch von Norbert Blüms Zitat (siehe Titel). Wenn man dann auch noch 750 Euro davon an den Vermieter zahlen muß (und das für eine frühere Sozialwohnung, also nicht gerade eine Luxuswohnung!), dann bleibt über das bloße Überleben hinaus kaum etwas übrig.

Das ist eine Schande.

Und es ist auch eine Schande, daß jetzt auch noch 70jährige Zeitungen austragen und im Supermarkt Regale einräumen müssen. Wenn man die Meldungen der letzten Tage liest, bekommt man freilich einen anderen Eindruck. Unsere Senioren, liest man da, fit und gesund wie nie, möchten doch arbeiten. Sie wollen ihre Erfahrungen weitergeben, ihren Lebensabend sinnvoll verbringen usw. So wird der wahre Zustand verfälscht, es wird gelogen, daß sich die Balken biegen.

Denn hier werden zwei Dinge durcheinandergebracht, die nichts miteinander zu tun haben (und das ist durchaus so gewollt).

Natürlich gibt es Rentner, die ihr Leben lang in einem Beruf gearbeitet haben, der sie ausgefüllt und befriedigt hat. Das wünscht man jedem Menschen, aber jeder weiß doch: die Regel ist das nicht.

Der Anteil der Rentner, die aus freien Stücken weiterarbeiten, weil sie schon immer einen Beruf hatten, der ihnen Spaß gemacht hat, ist sehr klein. Die meisten Rentner müssen arbeiten, weil die Rente nicht zum Leben reicht, und die Jobs, die sie machen, sind alles andere als spaßig. Wer zum Beispiel schon einmal Prospekte oder kostenlose Zeitungen ausgetragen hat, weiß, daß man da für Hungerlöhne schuftet. Viele machen das nur, weil sie den erniedrigenden Gang zum Arbeitsamt vermeiden wollen. Die große Masse der Rentner, die schon jetzt aus purer Not für Billiglöhne arbeiten, hat mit den gutverdienenden Rentner und Pensionären, die aus Freude an der Arbeit weitermachen, nichts, aber auch gar nichts zu tun.

Im Jahr 2030, so liest man, wird ein Arbeitnehmer, der 35 Jahre lang bei einem Gehalt von 2.500 Euro werktätig war, gerade mal auf die durch Hartz 4 garantierte Grundsicherung kommen. Wie soll er da seine Miete zahlen? Wie  soll er da seinen Kindern und Enkeln noch etwas zukommen lassen? Wie soll er in den Zoo oder ein Museum  gehen oder gar Urlaub machen können?

Ja, aber die Alterspyramide!

Die ist auf einmal an allem schuld. Zuviele von uns werden einfach zu alt. Das will man uns jedenfalls einreden, aber die Wahrheit ist: wenn es in unserer Gesellschaft nicht so viele Schmarotzer gäbe, wenn die Manager, die Banker, die Politiker, die Fußballer, die Großverdiener aus dem Showbusiness auch nur auf einen Teil ihrer außer Rand und Band geratenen Einkommen verzichten würden, müßten Rentner, die ein Leben lang gearbeitet haben, nicht Zeitungen austragen oder Supermarktparkplätze fegen, um ihre Miete zahlen zu können.

Wenn ein Fußballer wie jetzt Martinez für 40 Millionen Euro den Verein wechselt, dann ist die Grenze zur Obszönität überschritten. Die Alterspyramide verändert sich, natürlich, aber es ist letztlich die Einkommensverteilung, die Arme immer ärmer und Reiche immer reicher macht. Wir haben es hier mit einer maßlosen Gier zu tun, die keine Schranken, keine Pietät und kein Gewissen mehr kennt.

Ich glaube überhaupt nicht daran, daß die Alterspyramide schuld an allem Ungemach ist. Sie ist so ungünstig, weil die jungen Frauen partout keine Kinder haben möchten. Die Karriere steht an erster Stelle, Partnerschaft und Kinder kommen weit dahinter. Das kann (und wird!) sich wieder ändern. Aber selbst unter so ungünstigen demographischen Bedingungen, wie wir sie heute haben, könnten in einem so reichen Land wie Deutschland alle Menschen gut leben – und ihren Lebensabend in Würde zubringen.

Die Demütigung von alten Menschen, die ein Leben lang gearbeitet und (übrigens auch für die Jungen!) in die Versicherungkassen eingezahlt haben, ist – ich sage es noch einmal – eine Schande für unsere Gesellschaft. Wenn eine kleine Gruppe in Saus und Braus lebt und sich – wenn überhaupt – allenfalls vor einer Daten-CD aus der Schweiz fürchtet, während viele alte Menschen nicht mehr wissen, wie sie ein Geburtstagsgeschenk für ihre Enkel bezahlen können, dann ist etwas faul im Staate Deutschland.

Auf die Demographie und die Alterspyramide kann man nicht alles schieben. Hier geht es  – auch wenn die Wirtschaftliberalen à la Rösler jetzt aufschreien – letztlich um die soziale Gerechtigkeit. Es ist genug Geld für alle da – die ungerechte Verteilung ist das Problem.

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