Die spinnen, die Intendanten! Diesen Stoßseufzer könnte man unaufhörlich ausstoßen, wenn man das Programm der öffentlich-rechtlichen Sender betrachtet. Nehmen wir den gestrigen Sonntagnachmittag: da schafft die ARD gerade noch den Presseclub und den Wochenspiegel, ab 13.15 Uhr gibt es nur noch Sport – bis 19.05 Uhr! Ich habe nun wirklich nichts gegen Sport, aber hier ist jedes Maß verlorengegangen. Wer einen von den beiden Tagen des Wochenendes fast komplett mit Sportberichterstattung füllt, sollte einmal seine geistige Gesundheit von einem guten Arzt überprüfen lassen (da könnte man sogar eine Dokusoap daraus machen: „Der große Intendanten-Psychocheck“).
Natürlich gibt es Sportereignisse, die man übertragen muß: Europa- und Weltmeisterschaften im Fußball, die Olympischen Spiele, auch die Leichtathletik und Wimbledon können spannend sein. Aber es muß doch alles ein vernünftiges Maß haben. Was hat zum Beispiel das „Deutsche Tourenwagen Masters“ zur besten Sendezeit am Sonntagnachmittag im Fernsehen zu suchen, wenn man alle guten Dokumentationen um Mitternacht sendet? Die Intendanten und Programmdirektoren machen ein billiges, populistisches Programm, und sie setzen eindeutige Prioritäten: für den Sport bricht man jedes Programmschema, die Kultur kann sehen, wo sie bleibt. Man sollte wirklich einmal einen dieser allmächtigen Herren (eine Dame ist ja auch dabei) vor Gericht zitieren, um – wenn nötig bis zur letzten Instanz – klären zu lassen, ob hier nicht die gesetzliche Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen Sender zu einer ausgewogenen Berichterstattung überhaupt noch gewährleistet ist.
Im Winter wird stundenlang jeder Skilauf, jedes Springen, jeder Biathlonwettbewerb übertragen, im Fußball inzwischen sogar drittrangige Freundschafts- und Abschiedsspiele. Auf die Spiele folgen dann stundenlange „Analysen“ und „Interviews“, oft an der Grenze des Schwachsinns. Weil die Sportereignisse – vor allem wegen der finanziellen Interessen der Verbände (oder wäre Habgier der bessere Ausdruck?) – immer häufiger werden und der Sportbetrieb vielleicht gerade noch an den drei Weihnachtstagen ruht, gibt es auch im Fernsehen keine Ruhezeiten mehr. Wenn kein Wintersport stattfindet, überträgt man eben stundenlang Hallenfußball oder Tennis oder Beachvolleyball von der südlichen Halbkugel. Da wird Sport gesendet, bis der Arzt kommt.
Und dann der ganze billige Schrott, der vor allem die Dritten Programme überschwemmt. Sogenannte Rankingshows (à la „Die beliebtesten Hausschweinrassen der Nordrhein-Westfalen“) mit Filmschnipseln und völlig sinnfreien Kommentaren von C-Prominenten. Kochshows bis zum Abwinken, mit immer noch steigender Tendenz. Volksmusikanten, die auch noch die schönsten Alpenlandschaften heimsuchen und so tun, als sängen sie dort. Boulevardsendungen, von Modepüppchen à la RTL2 moderiert.
Und dann Wiederholungen, Wiederholungen, Wiederholungen, den ganzen Sommer lang! Dokumentarfilme kommen zum Teil noch aus den 90er Jahren und werden zwischen den Dritten Programmen hin- und hergereicht, bis man halbe Sendungen auswendig kennt.
Das ist wirklich ein Niedergang, der durch nichts entschuldigt werden kann – auch nicht durch die Konkurrenz der Privaten. Gerade weil die Privatsender immer öfter nur noch an die niedersten Instinkte der Zuschauer appellieren („bringste Zoten, kriegste Quoten!“), wäre es doch die selbstverständliche Pflicht der gebührenfinanzierten Sender, durch Qualität zu überzeugen. Sie tun es nicht – im Gegenteil. Auch wenn es immer noch guten, überzeugenden Journalismus bei ARD und ZDF gibt, er wird fast erdrückt durch die Billigkeit des übrigen Programms.