Ach, Griechenland!

Es war im Jahr 1977. Wir waren zum ersten Mal in Griechenland. Mit unserem Käfer und einer bescheidenen Campingausrüstung kamen wir auf einer Rundreise auch an die Westküste des Peloponnes. Ein paar Tage lang blieben wir auf dem Campingplatz von Kyllini – und wenn es damals etwas gab, was dem Paradies nahekam, dann war es dieser Ort.

Zwei Jahre später kamen wir wieder nach Kyllini und blieben dort drei Wochen.

Abends fuhren wir immer nach Vartholomion. Dieses kleine Städtchen wurde zu einer Heimat für uns – und fast zu einem wirklichen Utopien. Jeden Abend saßen wir auf der Platia, knabberten an unseren souvlakia und tranken dazu einen köstlichen Retsina. Wir waren meist die einzigen Touristen. Allein unter Griechen – das war das eigentliche Geschenk dieses Urlaubs (aber das begriffen wir erst, als schon alles verloren war).

Die Platia war kein locus amoenus. Sie war staubig und laut, Motorroller und LKWs knatterten an den Tischen vorbei, und aus dem Kafenion nebenan drangen die lautstarken politischen Diskussionen der Griechen zu uns herüber. Abends hielt am Rand ein Wagen mit karpousi, süßen Wassermelonen, so schwer, daß man sie kaum tragen konnte.

Wir bestellten unser Essen immer auf griechisch – das war Ehrensache. Nach ein paar Tagen war auch das nicht mehr nötig. Der kleine Junge, der die Tische deckte, breitete das weiße Tuch aus, und schon kam alles, was wir brauchten. Ich glaube, wir haben uns nie irgendwo so wohl gefühlt wie damals in Vartholomion.

Aber der Mensch will alles noch und noch einmal erleben. Er will das Glück wiederfinden, um jeden Preis.

Also sind wir ein paar Jahre später wieder nach Kyllini gefahren. Der Campingplatz war so schön wie beim ersten Mal, aber dann – Vartholomion. Kaum mehr Griechen auf der Platia, nur Touristen, alles war sauber, adrett, die alten Schilder mit Aufschriften wie „ESTIATORION“ oder „PSISTARIA“ waren verschwunden. Trotzig setzten wir uns an unseren alten Tisch, aber es kam kein Junge mehr, um den Tisch zu decken. Als wir auf griechisch unsere choriatikes bestellen wollten, sagte die Dame mit breitem texanischem Akzent: „Ah, you want Greek salad …“

Nein, einen Greek salad wollten wir nun wirklich nicht. Und all das, was aus unserem guten alten Vartholomion inzwischen geworden war, wollten wir auch nicht. Wir waren wirklich den Tränen nahe – und wir sind seitdem nie wieder in Vartholomion gewesen.

Sind wir ungerecht? Ist es nicht mehr als bilig, wenn auch die Griechen ein wenig vom Wohlstand durch den Tourismus profitieren wollen? Natürlich dürfen sie das, und doch: es ist dann nicht mehr dasselbe Griechenland, das wir – doxa to theo – noch erlebt haben.

Griechenland war nämlich viel mehr als nur ein Land, in dem man seinen Urlaub verbringt. Es war ein Ort der vollkommenen Lebensfreude, der Harmonie von Mensch, Landschaft und Klima. Himmel und Erde waren unter der griechischen Sonne eins.

So etwas sollte man nicht preisgeben für eine Handvoll Euros.

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