Ein Plädoyer zur Öffnung der Fernseharchive

Jeder weiß, daß in den Kellern unserer Museen wahre Schätze schlummern. Aber der Platz in den Ausstellungsräumen ist begrenzt, deshalb kann den Besuchern immer nur ein kleiner Teil der Kunstwerke gezeigt werden. Selbst die Angestellten der Museen sind manchmal überrascht, was ihr Haus alles besitzt. Das Problem ist nicht lösbar, denn man wird immer nur Teile der Sammlung ausstellen können; alles andere wird im Depot verwahrt.

Bei den Rundfunk- und Fernsehanstalten sieht es ganz anders aus. Sie hätten – rein theoretisch – genug Sendezeit für ihre Schätze.

In der Nacht von Donnerstag auf Freitag zum Beispiel hat das Hessische Fernsehen „Eine Nacht für Frankfurt“ gesendet – mit alten Filmen über Frankfurt, meist aus den 60er Jahren. Es waren einmalige Dokumente einer Zeit, die heute beinahe so fremd anmutet wie ein Film über die Himba oder die Yanomami. Immer hat man sich gefragt: Haben wir damals wirklich so ausgesehen? Haben wir so geredet? Hatten die Männer damals wirklich so schreckliche Anzüge, die Frauen so komische Frisuren?

Gerade weil es in den Filmen um den ganz normalen Alltag ging, waren diese Filme so lehrreich. Es war ein Blick in eine untergegangene Welt.

Die Rundfunk- und Fernseharchive unserer Sender sind voll von solchen Filmen. Warum zeigt man uns nicht mehr davon?

Ich meine nicht irgendwelche Super 8-Schnipsel à la Pleiten, Pech und Pannen, wie sie jetzt überall auftauchen, sondern typische Dokumentarfilme aus der damaligen Zeit. So viel Sendezeit haben die Dritten Programme, und was machen sie damit?  Sie füllen von den 24 Stunden, die sie senden, den größten Teil schlicht mit – Schrott. Das Hessische Fernsehen beobachte ich nun schon sehr lange, und es stimmt mich traurig und wütend zugleich, wenn ich sehe, wie seit zwei, drei Jahren das allgemeine Niveau immer weiter sinkt – fast ins Bodenlose. Manchmal füllt der Hessische Rundfunk ganze Tage mit unsäglichen Rankingshows („Die ungewöhnlichsten Spektakel der Hessen“ o.ä.) und kindischen Spielen auf dem Niveau eines Kindergartens. Was ist das? Ein Virus? Ist der Sender von Aliens übernommen worden? Oder beleidigt er etwa vorsätzlich den Verstand seiner Zuschauer? Will er uns zeigen, daß es immer noch seichter, noch schlimmer kommen kann?

Es ist ein Programm zum Gotterbarmen.

Eine „Kehre“, von der im allerletzten Philosophischen Quartett immer wieder die Rede war, wäre dringend geboten. Aber sie wird nicht kommen.

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