Alte, kranke Menschen – für Anleger eine Goldgrube!

Wir wohnen in einer Kleinstadt im Rhein-Main-Gebiet, der Anteil der betagten (oder hochbetagten) Bürger dürfte hier in etwa dem deutschen Durchschnitt entsprechen. Ich kann mich noch gut erinnern, wie schwer es vor ein paar Jahrzehnten noch war, einen Pflegeplatz für einen Angehörigen zu finden. Und heute?

Überall wo in unserer Stadt noch größere Grundstücke unbebaut sind, reißen sich die Anleger darum – jeder will unbedingt Alten- und Pflegeheime aus dem Boden stampfen. Merkwürdig!

Aber wenn man ein bißchen im Internet stöbert, wird manches klarer. Da liest man zum Beispiel Angebote wie diese:

Fondsanbieter und Investoren entdecken Pflegeheime als Geldanlage
Sicher – rentabel – werthaltig
Finanzierung zu historisch niedrigen Zinssätzen
Eine „Rundum – Sorglos“-Immobilie
Nachsteuerrenditen von über 8%
6,5% jährliche Ausschüttung bei monatl. Auszahlung
Investition in einem der stärksten Wachstumsmärkte Deutschlands
Investitionen in Pflegeimmobilien sind für jedes Portfolio eine ideale Beimischung
Kapitalanlage in einem der letzten Wachstumsmärkte für Immobilien

Viele weisen auf die demographische Entwicklung hin und fügen hinzu:

In Zeiten von Finanzkrisen, Umweltkatastrophen und politischen Umbrüchen schaffen Sie sich mit dem vollständigen oder anteiligen Erwerb eines Pflegeheimappartements oder einer Pflegeheimwohnung eine börsenunabhängige, inflationsgeschützte und krisensichere Kapitalanlage, aus der Sie regelmäßige, monatliche Einnahmen bei vollständigem Kapitalerhalt beziehen.

Die geburtenstarke Jahrgänge der Generation um 1960, die so genannten “Baby Boomer“ werden, wenn sie in den kommenden Jahren in Rente gehen, einen Bedarf wecken, den man sich heute noch gar nicht vorstellen kann. Damit wird der Wohnbedarf für ältere, pflegebedürftige Mitbürger der Markt, der sich als einer der wenigen in Deutschland expansiv entwickelt.

Und ich dachte in meiner Naivität, es ginge da um die Betreuung alter Menschen! Nein, da ist wohl inzwischen eine ganze Anlagebranche entstanden, die ein wunderbares Auskommen hat. Und damit die Rendite so groß wie möglich wird, muß man natürlich die Kosten begrenzen. Das heißt zum Beispiel, daß man die Zahl der Pflegekräfte so weit reduziert, daß man manchmal im Heim am Wochenende weit und breit niemanden sieht – von viel schlimmeren Zuständen wie Wundliegen usw. ganz zu schweigen.

Also: ich möchte meinen Lebensabend, wenn ich einmal pflegebedürftig sein werde, nicht als Kostenfaktor in der Bilanz eines Kapitalanlegers zubringen. Da wäre mir ein ganz traditionelles, von der katholischen oder der evangelischen Kirche geführtes Heim lieber, in dem man trotz der Hinfälligkeit noch als Mensch behandelt wird.

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