China – ein gewöhnlicher Schurkenstaat?

Wie soll man einen Staat nennen, in dem es kein Recht, keine Freiheit gibt? In dem jeder Bürger zu jeder Zeit von einer angeheuerten Lumpenbande – im Auftrag des Staates! – verprügelt oder verschleppt werden kann?

Ein solcher Staat hat den Namen „Schurkenstaat“ mehr als verdient. China, das doch eine geistige Tradition aufweisen kann, die Jahrtausende zurückreicht, ist unter der kommunistischen Partei zu einem elenden Unrechtsstaat verkommen. Die Partei, die den Staat von der Hauptstadt bis in das letzte Dorf regiert und kujoniert, hat in China nichts hervorgebracht außer einer Diktatur, in der niemand seines Lebens und seiner Gesundheit sicher sein kann.

Aber, wird man jetzt einwenden – die wirtschaftlichen Erfolge! Der neue Mittelstand! Die freimütigen Diskussionen im Internet! Es ist doch für den kleinen Mann auf der Straße in China alles besser geworden. Oder?

Ja, die chinesischen Kommunisten sind ein bißchen klüger als die Betonköpfe aus der guten alten DDR – sie schaffen für die Sehnsüchte ihres Volkes ein Ventil: das Streben nach Wohlstand, nach Besitz, nach Profit. In der Wirtschaft öffnen sie alle Schleusen, damit das Volk ein Gefühl von Freiheit, ein Gefühl von Demokratie bekommt. Aber bei diesem Gefühl bleibt es.

Die Partei hält weiter alle Fäden in der Hand: auf allen Ebenen beschäftigt sie offenbar ganze Horden von Verbrechern und Totschlägern, die mit unliebsamen Personen umgehen, wie es ihnen beliebt. Wer gegen die geistig eher einfach strukturierten Funktionäre der Partei aufbegehrt, dem nutzt in China kein Recht, kein geschriebenes Gesetz, er muß damit rechnen, verprügelt, verschleppt und mundtot gemacht zu werden. Es sind immer gerade die künstlerischen, die geistigen, die mutigen Menschen, die den primitiven Parteifunktionären ein Dorn im Auge sind, denn sie halten diesen Dumpfbacken einen Spiegel vor, in dem sie ihre ganze Erbärmlichkeit sehen können.

Ich möchte in einem solchem Land nicht leben – aber ich möchte auch nicht, daß die Chinesen in einem solchen Zustand der Rechtlosigkeit leben müssen. Es ärgert mich zum Beispiel, nein: es empört mich, daß Geschäftemacher aus aller Welt, vor allem aber auch in Deutschland, mit diesem chinesischen Regime einen gewissenlosen Handel treiben. Ein großer Teil der importierten chinesischen Waren entpuppt sich, sobald man sie wirklich benutzen will, als wertloser Schrott. Küchengeräte, Maschinen jeder Art, Elektronik – alles übersteht in vielen Fällen nicht einmal die Gewährleistungszeit. Man reklamiert immer wieder – und gibt endlich auf. Die Importeure verdienen offenbar gut an diesem Schrott, und die Chinesen, von denen einige zu Milliardären werden, erst recht.

Aber wie sieht es denn mit den mutigen Chinesen aus, die gegen dieses System protestieren? Einer von ihnen, der blinde Bürgerrechtler Chen Guangcheng, hat sich, obwohl er zu den am schärfsten bewachten chinesischen Bürgern gehörte, in die amerikanische Botschaft in Peking geflüchtet. Das war für die chinesischen Parteifunktionäre, die von ihrer Allmacht fast berauscht sind, eine tiefe Demütigung. Jetzt ist es zu einer Art Agreement zwischen den USA und Peking gekommen, und Chen Guangsheng hat sich in eine chinesische Klinik begeben. In einem Telefonat hat er angedeutet, daß ihm die chinesischen Behörden damit gedroht hätten, seine Frau totzuschlagen, wenn er die US-Botschaft nicht verlasse. Jeder, der die chinesischen Zustände kennt, weiß, daß eine solche Drohung sehr ernst gemeint ist.

Die Rolle der USA, die den armen Mann mit seiner Familie wieder in die zweifelhafte „Obhut“ der chinesischen Parteidiktatur entlassen haben, wird man noch prüfen müssen. Ich hoffe nicht, daß auch hier wirtschaftliche Kriterien eine Rolle gespielt haben. Cheng jedenfalls hat soeben in einem CNN-Interview gesagt, er fühle sich von den USA „in Stich gelassen“ (hier nachzulesen).

Das kommunistische Kuba, das ökonomisch völlig unbedeutend ist, wird von den USA seit Jahrzehnten mit einem fast vernichtenden Boykott bestraft, aber mit den viel, viel schlimmeren Machthabern in Peking macht man gute Geschäfte.

Das sind die Feinheiten der politischen Ethik.

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