Günter Grass und sein „tödlicher lyrischer Schlag gegen Israel“

Günter Grass hat sich heute bitter über die Kritik an seinem Gedicht beklagt. Man sei auf den Inhalt gar nicht eingegangen. Er spricht sogar von einer „Gleichschaltung der Meinung“.

Das ist absurd. Praktische alle Kommentare, die ich gelesen habe, sind ausschließlich auf den Inhalt des „Gedichts“ eingegangen, und da kann Grass noch froh sein, denn handwerklich, als ein literarisches Werk, ist dieses Gedicht von recht bescheidener Kunstfertigkeit.

Aber wir wollen doch auch einmal betonen, daß es lobende Stimmen für das Gedicht gegeben hat, und zwar – bitte korrigieren Sie mich, wenn ich einen übersehen habe! – insgesamt drei.

Der erste Lober war Wolfgang Gehrcke, der den Mut von Günter Grass herausstellte, „auszusprechen, was weithin verschwiegen wurde“. Gehrcke war Gründungsmitglied der Deutschen Kommunistischen Partei und ist später über die PDS zur Linken gekommen. Wenn man anhören muß, welchen Mut beim Aussprechen der Wahrheit sich Grass und Gehrcke selbst zuschreiben, glaubt man freilich, nicht recht zu lesen: in Israel selbst wird über diese Fragen so frank und frei (und so heftig!) diskutiert, daß das Gedicht von Grass daneben wie ein müdes Pamphlet wirkt.

Der zweite ist Klaus Staeck, ein alter SPD-Genosse, der Grass jetzt mit dem Satz beispringt, man müsse „ein klares Wort sagen dürfen“. Selbstverständlich – aber dann muß man auch die Antwort ertragen, ohne das schlimme Wort von der Gleichschaltung zu benutzen, das ja dem nationalsozialistischen Vokabular entspringt. Mit der groben Keule austeilen und dann dünnhäutig über die Reaktion jammern – das geht gar nicht.

Jetzt wollen wir aber den dritten Laudator nicht vergessen (die Meldung ist gerade über die Agenturen gekommen). Der iranische Sender Press TV berichtete begeistert, daß „nie zuvor im Nachkriegs-Deutschland ein prominenter Intellektueller Israel auf so mutige Weise angegriffen hat wie Günter Grass mit seinem umstrittenen Gedicht“. Grass sei „ein tödlicher lyrischer Schlag gegen Israel gelungen“.

Das sind also die Freunde, die ihn noch loben. Wäre ich Grass – es würde mich wenigstens ein bißchen nachdenklich machen.

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