Noch’n Gedicht – von Günter Grass

Si tacuisses, philosophus mansisses – wenn du geschwiegen hättest, wärst du (vielleicht) ein Philosoph, oder doch zumindest ein politisch kluger Kopf geblieben. Das nämlich muß jeder bezweifeln, der das neue Gedicht von Günter Grass mit dem Titel „Was gesagt werden muß“ (hier veröffentlicht) gelesen hat.

Welcher Teufel hat ihn geritten, ein so schlechtes Gedicht zu schreiben? Er kann es doch viel besser. Wenn man auf Reim und festes Metrum verzichtet, also in freien Versen schreibt, braucht man ein besonders feines Gefühl für den Rhythmus der Sprache. Davon ist hier nichts zu spüren.

Hier hat, so scheint mir, die Botschaft, die verbreitet werden sollte, die Form völlig überwältigt. Was er der Welt verkünden wollte, war für ihn so groß und mächtig, daß für eine präzise, wohlüberlegte Sprache kein Raum mehr war.

Aber auch inhaltlich ist hier wirklich nichts wohlüberlegt.

Das Gedicht stellt die Wirklichkeit völlig auf den Kopf. Es ist demagogisch und undifferenziert, und die scheinbar nachdenklichen Zwischentöne, in denen der Autor so tut, als reflektiere er kritisch über seine eigene Haltung, dienen nur der Verstärkung der Botschaft. Und die heißt, ganz explizit: Israel gefährdet den Weltfrieden. Ahmadineschad ist nur ein „Maulheld“, aber Israel mit seiner Atombombe ist brandgefährlich. Da wird das kleine Land Israel, das seit seiner Gründung von Feinden umzingelt ist, zum Dämon gemacht, zum bösen Brandstifter, und das Regime im Iran, wahrscheinlich das gefährlichste der Welt, wird fast verniedlicht, denn „im Machtbereich“ des Maulhelden wird der Bau einer Atombombe ja nur „vermutet“.

Die Reaktion auf das Gedicht von Grass ist vernichtend. Dabei gehen mit manchem Kritker die Gäule durch, vielleicht werden auch – man hat das schon bei der SS-Diskussion sehen können – alte Rechnungen beglichen. Der lästige Schriftsteller ist angeschlagen, da haut man einfach drauf.

Aber Grass ist sicher kein Antisemit. Eher schon hält er mit einer unverständlichen, fast trotzigen Hartnäckigkeit an einigen Bestandteilen der lange obsoleten linken Ideologie fest, zu der leider schon immer eine überkritische Haltung zu Israel und eine romantisierende Vorstellung von den Palästinensern gehört hat. Daß diese linke Haltung alle Schandtaten der Palästinenser – von München 1972 über die Flugzeugentführungen bis hin zu den Foltergefängnissen der Hamas – relativiert oder völlig ignoriert, kennzeichnet sie vollends als ideologisch. Die Palästinenser bleiben für die Linke, egal was sie tun, die edlen Wilden. In dieses geistige Spektrum ist auch das Gedicht von Günter Grass einzuordnen, mit dem er sich wirklich keinen Gefallen getan hat.

Trotz alledem: Grass ist, allein schon durch die Blechtrommel, einer der großen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Das kann (und darf!) ihm keiner nehmen – auch wenn er hin und wieder Dinge sagt, die er besser nicht gesagt hätte.

Und auch das wollen wir nicht vergessen: daß er ein alter, ein sehr alter Mann ist.

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1 Antwort zu Noch’n Gedicht – von Günter Grass

  1. gunti sagt:

    Schön, dass Günter Grass eine Steilvorlage für jede Art von Satire geliefert hat:
    Es wäre ja wirklich eine Ironie des Schicksals, wenn es den “Juden” (Israelis) gelänge, die ersten und letzten Arier dieser Welt (Iraner = “Arier”) mit Atombomben auszulöschen (oder umgekehrt: wenn die Iraner Hitler zu Ende führen würden).
    Mein Gott, in was für einer primitiven Welt überall (mit Begriffen wie “Juden”, “Deutschen”, “Arier”, “Iraner”, etc.) muss ich denn überhaupt leben?
    Schafft endlich alle Nationen und “Rassen” ab (sowie jegliches Denken, das mit Begriffen wie “Juden”, “Arier”, “Deutschen” etc. zu tun hat!).
    Aber leider schafft es keiner dieser “Neger” (von den “Juden” bis zu den “Iranern”), einen IQ von über 200 zu erreichen.
    Da waren die wirklichen “Buschneger” wirklich noch sehr viel intelligenter (denn die mussten ja auch noch im Dschungel überleben).

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