Man muß nicht gleich an den Drei-Schluchten-Staudamm in China denken, dessen ökologische Probleme schon jetzt unübersehbar sind.
Jede Aufstauung von Flüssen ist ein tiefer Eingriff in das Ökosystem.
Gerade die kleinen Wasserkraftanlagen, so konnte man heute morgen in der F.A.Z. lesen, sind für die Fische oft tödlich. Allein in Hessen werden in den 550 kleinen Anlagen jährlich hunderttausende Fische buchstäblich „gehäckselt“. Von den flußabwärts schwimmenden Fischen, die eine solche Anlage passieren wollen, sterben zwischen 30 und 100 %. So sind an der Fulda bei Wahnhausen unterhalb eines kleinen Wasserkraftwerks innerhalb von zwei Tagen 4.000 getötete Aale gefunden worden, bei Diez an der Lahn waren es an einem Tag 88 Aale. Selbst wenn die Gitter, wie bei neueren Anlagen, engmaschiger sind, verenden viele Fische durch den starken Sog.
Die Grünen können sich in ihrer Haltung zu Wasserkraftwerken offenbar nicht so richtig entscheiden. Gegen die ganz großen Staudämme ist natürlich jeder, aber bei kleineren und mittleren Vorhaben schlägt dann doch oft wieder die Priorität der Energiegewinnung durch, wie z.B. an der Kinzig in Gelnhausen, wo die Grünen die Einstellung der Staudammpläne ausdrücklich bedauert haben. Fast immer, wenn es einen Konflikt zwischen Naturschutz und Energiegewinnung gibt, schlagen sich die Grünen auf die Seite der Energie.
Alles, was die Grünen – als sie noch grün waren! – über die Renaturierung von Bächen und Flüssen gesagt haben, haben sie inzwischen vergessen. Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern!
Norwegen zum Beispiel hat seine Flüsse schon vor Jahrzehnten gestaut und damit für dramatische Veränderungen von Flora und Fauna gesorgt. Die Folgen (hier nachzulesen):
1000 Kilometer von Norwegens Flüssen sind so gut wie trocken gelegt, auf 4000 Kilometern ist die Wasserführung bedeutend reduziert. Aufgrund der ständigen Wasserpegelschwankungen, die normal sind für einen regulierten Fluss, hat der Fischbestand drastisch abgenommen.
Und ausgerechnet dieser Strom wird jetzt als „Ökostrom“ vermarktet. Tchibo zum Beispiel (hier nachzulesen) bietet „Ökostrom aus 100 % norwegischer Wasserkraft“ an, und natürlich ist der Strom „zertifiziert“! Auch das ist also, wenn es einem wirklich um die Natur und nicht nur um den Energiemarkt geht, ein Etikettenschwindel, denn niemand interessiert sich dafür, was man der Natur in Norwegen angetan, wieviele Flüsse man dort gestaut und denaturiert hat, um sie in einem kaum vorstellbaren Ausmaß für die billige Energiegewinnung zu mißbrauchen. Wer dieses Produkt allen Ernstes als „Ökostrom“ bezeichnet, dem ist nicht mehr zu helfen. Man kann nur froh sein, daß die Möglichkeiten zumindest für größere Wasserkraftwerke in Deutschland begrenzt sind.
Die „erneuerbaren Energien“, das wird zunehmend deutlich, sind Mogelpackungen. Egal, ob es sich um Wind, Wasser oder Sonne handelt, man zeigt uns nur die schöne Fassade. Die für die Natur oft katastrophalen Auswirkungen verschweigt man. Die Begeisterung gerade in Deutschland für diese „natürlichen“ Energien ist verständlich – wer würde sich nicht über Ökostrom freuen? Aber sobald man genauer hinschaut, gehen einem die Augen über.
Ich warte immer noch auf ein öffentliches Schuldbekenntnis der Grünen. Sie haben mit ihrer Propaganda die Euphorie in der Bevölkerung entscheidend angefacht – aber sie verschweigen uns bis heute die Kehrseite dieser fatalen Energiewende, die nicht nur den Menschen schadet, auf die bald drastische, wahrscheinlich fast unbezahlbare Energiepreise zukommen werden, sondern – und das ist noch viel wichtiger! – auch und gerade der Natur, die sich dagegen nicht wehren kann. Wenn in Kanada der Urwald gerodet wird, um die alten Baumstämme um die halbe Welt zu transportieren und schließlich in einem Biomasse-Kraftwerk zu „Ökostrom“ zu verbrennen, dann ist das nichts anderes als Wahnsinn.
Ich kann immer nur wieder vor jeder Art von Euphorie vor solchen Begriffen wie „erneuerbare Energie“ und „Ökostrom“ warnen. Es sind inzwischen nur noch ideologische, also politische Kampfbegriffe, und sobald man hinter die Kulissen schaut, sieht man, daß es hier auch nur – wie überall – um Gewinne und Subventionen geht, und das alles nicht etwa für die Natur, sondern zu ihren Lasten.