Agrippa von Nettesheim über die Jagd

Weil’s so schön war: noch eine Kleinigkeit von Agrippa von Nettesheim, wieder aus seiner Schrift „Die Eitelkeit und Unsicherheit der Wissenschaften“ – diesmal über die Jagd.

Die Jagd ist für Agrippa von Nettesheim

eine grausame und ganz traurige Kunst, welcher Blutvergiessen und Totschlag, davor die Menschlichkeit einen Abscheu haben soll, eine Lust ist.

Auch die Gewalt gegen Menschen (etwa im Krieg oder in der Tyrannei) beginnt für ihn – sozusagen als einer Vorstufe – mit dem Töten von Tieren.

Die Tyrannei hat von der Jägerei ihren Anfang, denn sie hat keine besseren Erfinder haben können, als welche mit Marter und Totschlag der wilden Tiere, und mit Blutpfützen Gott und die Natur verachten gelernet haben.

Die jägerischen Streite und Kriege haben was Grausames an sich, indem die Jäger an den räuberischen Hunden, an den preisgegebenen wilden Tieren, am Blutvergiessen und am Zerreissen der Kaldaunen ihre Lust büssen, und oftermals so einen schändlichen und harten Tod mit höchster Lust, als wann es nur ein Scherz wäre, anschauen. Der greuliche Weidmann lachet dazu und nimmet mit seinem Hundeheer und Jägernetzen den unglückseligen Raub, wie einen wahren Triumph, als wann er den grössten Teil der Welt überwunden hätte, mit nach Hause; und da gehet erst das rechte Schinden an, und da muss nun das arme wilde Tier mit sonderlichen Handgriffen, mit gewissen Weidsprüchen und mit vorgeschriebenen Worten ausgeweidet und geschunden werden.

Fürwahr eine schöne jägerische Torheit, und ein schöner Krieg; wer sich darinnen berühmt machet, und in demselbigen sich fleissig exerzieret, der kann die menschliche, angeborene Humanität leicht abziehen.

Ein erstaunliches Dokument aus dem frühen 16. Jahrhundert!

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