Ratingagenturen – eine feine Gesellschaft

Ratingagenturen haben eine fast schon monströse Macht aufgehäuft. Wir sind selbst daran schuld. Die Meldung, daß Moody’s gestern erneut sechs europäische Staaten herabgestuft hat, steht auch heute wieder überall auf Seite eins. Auch in den Nachrichten ist es die erste Meldung. Die Politiker – aber auch die Journalisten! – behandeln diese Wirtschaftsunternehmen, als seien sie das Delphische Orakel.

Dabei sind sind sie doch nicht einmal auf ihrem ureigenen Gebiet, der Einschätzung der Kreditwürdigkeit, verläßlich.

Viele haben es vielleicht nicht mitbekommen: im vergangenen November hat das Oberlandesgericht Frankfurt die Klage eines deutschen Anlegers gegen die Ratingagentur Standard & Poor’s angenommen. Was war geschehen? Der Kläger hatte im Mai 2008 im guten Glauben für 30.000 Euro Lehman-Zertifikate gekauft – und er fühlte sich sicher, weil Standard & Poor’s Lehman eine gute Bonität bescheinigte. Und das, obwohl das Investmentunternehmen da schon in Schwierigkeiten war!

Die US-Börsenaufsicht SEC ist übrigens bereits im Oktober (hier nachzulesen) zu dem Ergebnis gekommen, diesen Agenturen

unterliefen mitunter Fehler in der Methodik, aber auch bei der internen Kontrolle des Rating-Prozesses und der Bewältigung von Interessenkonflikten.

Soviel zum Sachverstand und zur Objektivität von Ratingagenturen. Daß ihre Urteile durch eigene wirtschaftliche Interessen mitbestimmt werden, wird immer wieder einmal gemunkelt. Die Zeit berichtete im August 2011:

US-Börsenaufsicht ermittelt gegen Rating-Agentur
Mitarbeiter von S&P sollen vor der Herabstufung der US-Kreditwürdigkeit illegale Börsengeschäfte gemacht haben. Dabei sollen sie Insiderwissen genutzt haben.

Aber die europäischen Regierungen werden auch jetzt wieder, wie nach jeder Herabstufung, nach demselben Ritual handeln. Sie schimpfen, sie sagen, man müsse die Macht der Agenturen auf jeden Fall beschneiden, und dann – tun sie nichts.

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