Noch ein Bio-Schwindel – das „Biomasse-Kraftwerk“ an der Themsemündung

Wer etwas verkaufen will, muß kräftig werben – und wer Werbung und Marketing betreibt, muß sich nach dem Geist der Zeit richten. Deshalb ist heutzutage in der Werbung fast alles irgendwie „biologisch“ – oder doch wenigstens „nachhaltig“. Und wie in der Werbung nach Kräften geschwindelt und geschönt wird, weiß jedes Kind. Daß immer wieder im großen Stil Lebensmittel aus konventioneller Landwirtschaft (wie kürzlich in Italien) mit dem Etikett „Bio“ versehen werden, ist ein Betrug aus gewöhnlicher Geldgier. Man wird dadurch betrogen, aber nicht in seiner Gesundheit gefährdet.

Ganz anders sieht es schon mit dem aus, was man euphemistisch „Bio-Sprit“, „Bio-Diesel“ oder „Bio-Kraftstoff“ nennt. Wie verheerend sich die Begünstigung dieser Kraftstoffe auf die Landwirtschaft und die Wälder in vielen Teilen der Welt auswirkt, habe ich schon mehrfach beschrieben.

Heute soll es um einen fast noch dreisteren Betrug gehen: das sog. „Biomasse-Kraftwerk“ in Essex an der Themsemündung. (Wer möchte, kann die Geschichte auf der Seite von Rettet den Regenwald nachlesen.) Die britische RWE-Tochter RWE Npower betreibt dort seit 40 Jahren das Kohlekraftwerk Tilbury B. Es ist so ineffizient und „schmutzig“, daß es – wie einige andere englische Kraftwerke – bis 2015 geschlossen werden soll.

Jetzt ist der Konzern dabei, daraus ein gigantisches Biomasse-Kraftwerk zu machen.

Ist das nicht schön? Statt einer CO2-Dreckschleuder ein Biokraftwerk – ökologisch, natürlich, effizient. Also „Bio“ vom Feinsten!

Jetzt hab ich da mal eine Frage: glauben Sie das wirklich?

Dann sollten Sie einmal lesen, was Rettet den Regenwald herausgefunden hat. Das Kraftwerk soll einmal Energie für 1,5 Millionen Haushalte liefern. Dazu muß es 7 Millionen Tonnen Biomasse verbrennen, vor allem Holz. Und wo sollen diese ungeheuren Mengen herkommen? Aus England? Die notwendige Menge entspricht drei Vierteln des gesamten Holzeinschlags in Großbritannien, und die Förster fällen die Bäume ja nicht, damit RWE sie anschließend verbrennt.

Aber wozu hat das Kraftwerk wohl einen eigenen Hafen? Also, kurz und bündig: das benötigte Holz wird importiert, vor allem aus Kanada und den USA, aber auch aus Europa und von den Eukalyptusplantagen in Südamerika und Westafrika.

Ausgerechnet aus Kanada sollen 60% des benötigten Holzeinschlags kommen. Kanada, das kann man überall nachlesen, betreibt immer noch Raubbau an seinem kostbaren Urwald. Nach Angaben von Greenpeace sind inzwischen 80% der Urwälder vernichtet. Es ist ein Land des Kahlschlags, nur daß man die Bäume inzwischen in entlegeneren Gebieten abholzt, wo Touristen seltener hinkommen. Und diese wertvollen Hölzer werden per Schiff nach England transportiert – um dann im „Biomasse-Kraftwerk“ verbrannt zu werden. Daneben sollen auch Pflanzenöle, also Palm- und Sojaöl, verbrannt werden, die überall in den Tropen zum Abholzen von Regenwäldern und zur Vertreibung der Kleinbauern führen.

Ist das nicht wunderbar „bio“? Das Holz von Urwäldern per Schiff durch die halbe Welt fahren, um es dann für die britische Stromversorgung zu verbrennen?

Ich kann nur immer wieder sagen: benutzen Sie Ihren Verstand und fallen Sie nicht auf diese Bauernfänger herein – auch wenn sie einer grünen Partei angehören. Bleiben Sie mißtrauisch, wenn Ihnen hier eine Künast, dort ein Trittin etwas von Biomasse oder Nachhaltigkeit erzählen. Das ist inzwischen nur noch politische Ideologie oder dummes Marketinggeschwätz, das einer vernünftigen Prüfung nicht standhält.

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