Unweit des Städtchens, in dem wir wohnen, gibt es eine kleine Gemeinde, die wir um des lieben Friedens willen einfach nur E. nennen wollen. Dort leben rechtschaffene Menschen, und manche von ihnen sind sogar fromm. Das aber behagt nicht jedem.
Irgendwann im Herbst letzten Jahres hatten Kinder in einer evangelischen Ferienfreizeit drei Kreuze gebaut und bunt bemalt. Sie wurden mit Erlaubnis der Stadtverwaltung an verschiedenen Stellen der Gemarkung aufgestellt, und niemand nahm Anstoß daran. Bis vor einiger Zeit.
Da wurde nämlich ein Bürger von E. – wir wollen ihn A. nennen, denn er ist offenbar ein eingefleischter Atheist – sehr, sehr böse. Diese Kreuze waren ihm ein Ärgernis. Es handele sich um stark frequentierte Plätze, die durch die Kreuze auf einmal einen religiösen Anstrich bekämen. Im Rahmen einer offenen, freizügigen und multikulturellen Nutzung dieser Plätze, so Herr A., sei es kontraproduktiv, sie „einseitig religiös zu markieren“. Außerdem sei das Kreuz
aufgrund zahlreicher Ereignisse der Kirchengeschichte sowie jüngerer Enthüllungen ein Symbol, das mittlerweile für viele Menschen negativ besetzt ist.
Er fordert die sofortige Entfernung der garstigen Symbole, und obwohl er fast ganz allein ist, beruft der Bürgermeister von E. eine Podiumsdiskussion ein, um die Wogen (die ja eigentlich gar nicht da sind!) zu glätten, und auch der evangelische Pfarrer will auf einmal über das Für und Wider der Kreuze diskutieren.
Der Drachentöter, der einsame Kämpfer gegen das Kreuz, hat es also geschafft – er ist in aller Munde. Und wenn er schon in E. recht einsam ist – die internationale Solidarität ist auf seiner Seite, und zwar in Gestalt des mächtigen Internationalen Bundes der Konfessionslosen und Atheisten, von dem man freilich vor den Ereignissen in E. noch nie etwas gehört hat. Die „provokanten christlichen Symbole“ müßten weg, sagt dieser internationale Bund und gratuliert Herrn A. aus E. zu seinem Mut.
Ja, so geht es zu in der Provinz, denn die Engstirnigkeit und Provinzialität ist ja nicht schon dadurch überwunden, daß man sich aufbläht und mit einem internationalem Namen schmückt.
Herr A. aus E. – das steht fest – wird weiter für eine schöne neue Welt ohne Gott und ohne Kreuz kämpfen, und wenn er nicht gestorben ist, dann kämpft er auch morgen und übermorgen noch.