Freundschaft, schöner Götterfunken! – oder: Merkels Bub hält die Werte hoch

Das Interview des Bundespräsidenten (man kann es hier im Wortlaut nachlesen) ist schon Geschichte. Es wird ihm beim Publikum, auf das es (fast schon zu perfekt!) zugeschnitten war, ein paar Sympathiepunkte einbringen, aber viel helfen wird es ihm letztlich nicht – das zeigen die ersten kritischen Zusammenfassungen in der Presse:

Ich bin klein, mein Herz ist rein (Financial Times)
Habt Nachsicht, ich bin Anfänger (Süddeutsche Zeitung)
Ich bin ein Anfänger, lasst mich da drin! (Stern)

Erinnern Sie sich noch, wie Angela Merkel ihren Wunschkandidaten damals gepriesen hat? Wulff, sagte sie, sei einem „Wertesystem verhaftet, das Orientierung gibt“. Und der zentrale Wert im Leben unseres Bundespräsidenten ist – die Freundschaft.

An die 20 Mal hat er, wenn ich richtig gezählt habe, dieses Wort im Interview gebraucht, und wenn man den Text nachliest, wird einem ganz schwummerig vor soviel Freundschaft: da gibt es den väterlichen Freund („seit dem 14. Lebensjahr!“), es gibt Urlaub bei Freunden, Geld von Freunden, und es gibt diesen einen Satz, der so falsch und hohl ist, daß Wulff schon seinetwegen zurücktreten müßte:

Ich möchte nicht Präsident in einem Land sein, wo sich jemand von Freunden kein Geld mehr leihen kann.

Ansonsten gleicht er in seiner Verteidigungsstrategie dem berüchtigten Vorgänger wie ein Guttenberg dem andern. Selbst jetzt behauptet er noch, er habe die BILD-Veröffentlichung nicht verhindern, sondern nur aufschieben wollen. Die Redaktion, die den Drohanruf auf Band hat, widerspricht energisch.

Natürlich ist auch ein Bundespräsident nur ein Mensch, natürlich darf er Fehler machen – und natürlich gelten die Menschenrechte auch für ihn. Aber er sollte sich – wie Guttenberg und all die andern, von denen man am liebsten nichts mehr sehen und hören möchte – ein Beispiel an der Bischöfin Käßmann nehmen. Ihre Schuld war – verglichen mit dem Versuch des höchsten Repräsentanten unseres Staates, einen unbequemen Artikel zu verhindern – fast schon läppisch (läßlich auf jeden Fall), aber mit ihrem Rücktritt, und noch mehr mit ihrer schonungslosen, ehrlichen Erklärung hat sie moralische Maßstäbe gesetzt.

Dagegen wirkt Wulffs fast weinerliche Rechtfertigung einfach nur peinlich.

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