Kennen Sie Neelie Kroes? Nein?
Die Niederländerin Neelie Kroes, Jahrgang 1941, ist Vizepräsidentin der Europäischen Kommission und EU-Kommissarin für die Digitale Agenda. In ihrer Amtszeit als Verkehrsministerin war sie in die sog. TCR-Affäre verwickelt. Sie soll damals, wie man in der Wikipedia nachlesen kann,
beim illegalen Verkauf von Kriegsschiffen mitgewirkt und Beziehungen zu einer Tankerreinigungsfirma (TCR) unterhalten haben, der unerlaubt staatliche Zuschüsse gewährt wurden.
Das hat aber weder ihrer politischen noch ihrer privatwirtschaftlichen Karriere geschadet. Im Gegenteil – sie wurde danach Mitglied der Rotterdamer Handelskammer und war als Beraterin und Aufsichtsratmitglied in zahlreichen Unternehmen tätig. Und EU-Kommissarin wurde sie obendein.
Jetzt hat die „Beraterin“ ihrerseits einen „Berater“ eingestellt, der – was für ein lustiger Zufall! – ebenfalls eine Affäre hinter sich hat: Karl-Theodor zu Guttenberg. Nach seinem Rücktritt war Guttenberg vor allem als Denker und Schriftsteller tätig: als Denker und Distinguished Statesman (!) für das „Center for Strategic and International Studies“ in Washington, das in der Presse gern Denkfabrik genannt wird, als Schriftsteller mit seinem opus magnum „Vorerst gescheitert“.
Die EU-Kommission berät er jetzt bei der Frage, wie Internetnutzer, Blogger und Cyberaktivisten in autoritär regierten Ländern unterstützt werden können.
Sofort hört man kritische Stimmen zu der Ernennung, die Piratenpartei spricht ihm gar die Kompetenz fürs Digitale ab – völlig zu Unrecht, denn Guttenberg hat, wie er kürzlich in seinem Buch enthüllt hat, bei der Abfassung seiner Doktorarbeit nicht nur seinen Computer, sondern daneben noch „mindestens 80 Datenträger“ benutzt! Wer soviele Datenträger schultern kann, ist ja wohl für die Europäische Kommission kompetent genug.
Außerdem, so die Kommissarin zu der Ernennung des umstrittenen Beraters, suche sie „Talente, nicht Heilige“. Guttenberg hat, wie man sieht, Glück bei den Frau’n, denn auch unsere Kanzlerin wollte ihn ja unbedingt halten, weil sie ihn als Minister und „nicht als wissenschaftlichen Mitarbeiter“ eingestellt habe.
Mich würde jetzt nur noch interessieren, welches Jahresgehalt die europäischen Steuerzahler Guttenberg für seine Handreichungen zukommen lassen.
Oder macht er’s für Gotteslohn?