Gulnaz – ein afghanisches Schicksal

Gulnaz ist eine junge afghanische Frau. Sie wurde vom Mann ihrer Cousine vergewaltigt. Das war vor zwei Jahren, da war sie neunzehn.

Nach dem Koran müssen vier Männer ein solches Delikt bezeugen, sonst wird die Frau vor Gericht gar nicht erst angehört. Das ist eine Gesetzeslage, von der Vergewaltiger auf der ganzen Welt nur träumen können, denn es macht ihre Verfolgung praktisch unmöglich. Der Verdacht liegt nahe, daß genau das beabsichtigt ist.

Gulnaz hatte keine Zeugen, also – wurde sie auch nicht vergewaltigt.

Das allein wäre schon furchtbar genug. Aber Gulnaz wurde schwanger und gebar ein Mädchen – von ihrem Peiniger. Jetzt waren natürlich keine Zeugen mehr nötig. Gulnaz war eine überführte Ehebrecherin. Sie wurde zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Als sie dagegen protestierte, erhöhte man ihre Strafe auf zwölf Jahre.

Jetzt sitzt sie – zusammen mit ihrer kleinen Tochter! – im Badam-Bagh-Gefängnis in Kabul. Sie weiß, daß sie in der steinzeitlichen afghanischen Gesellschaft als unverheiratete Mutter keine Chance hat. Man hat sie schon so weit zerbrochen, daß sie bereit ist, ihren Vergewaltiger zu heiraten. Denn nur dann besteht (vielleicht!) die Möglichkeit, daß man ihr „vergibt“ und ihr Töchterchen nicht im Gefängnis aufwachsen muß.

Etwa die Hälfte der weiblichen Häftlinge in Afghanistan sitzt übrigens wegen solcher „moralischer Verbrechen“ (zina) ein. Man kann sich vorstellen, welche Schicksale sich dahinter verbergen.

Jetzt ist im Auftrag der EU ein Film über Gulnaz und ihre Leidensgenossinnen gedreht worden, aber – er darf nicht gezeigt werden. Der Druck aus der afghanischen Regierung war zu groß. Man will die Ausstrahlung um jeden Preis verhindern, nicht etwa, um die Frauen zu schützen (das ist der Vorwand), sondern aus politischen und diplomatischen Gründen. Die EU darf das, denn sie hat den Film in Auftrag gegeben und finanziert. Aber es ist eine schändliche Entscheidung, und alle Menschenrechtsorganisationen, die in Afghanistan arbeiten, sind zurecht darüber empört.

„Eine Zensur findet nicht statt“, heißt es in Artikel 5 unseres Grundgesetzes. Aber es scheint Ausnahmen zu geben.

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1 Antwort zu Gulnaz – ein afghanisches Schicksal

  1. Lupulus sagt:

    Das war der 300. Artikel in meinem Blog – man glaubt es kaum. Die Zeit rast nur so dahin. Ich danke allen fleißigen Lesern (manche kommen schon am frühen Morgen, um zu sehen, ob es etwas Neues gibt!), und ich werde mir Mühe geben, auch in der Zukunft jeden Tag etwas zu kommentieren, was wichtig ist – und was mir am Herzen liegt. Nochmals besten Dank für Ihr Interesse!

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