Fürsorgliche Diktatur

Es gibt eine Fürsorge, die den Umsorgten erdrückt. Das gilt für den privaten Bereich genauso wie für den Staat. Natürlich ist es schön, umsorgt zu werden, aber nur, wenn es in Maßen geschieht. Nil nimis – also: nichts im Übermaß! – nannten das die alten Römer, und zumindest in ihrer republikanischen Zeit hielten sie sich auch daran.

Wenn der Staat uns umsorgt, freuen wir uns, aber wenn er gar nicht mehr aufhört, uns fürsorglich zu umklammern, wenn er uns die Luft zum Atmen nimmt, wenn er unseren ganzen Alltag, unsere Gewohnheiten bestimmen, wenn er uns in fürsorglicher Voraussicht vor allen denkbaren Gefahren bewahren will, dann geht das zu weit. Selbst wenn es noch so gut gemeint ist – er nimmt uns damit die Würde, die Selbstverantwortung.

Ich habe nämlich, solange ich damit keinem anderen schade, das Recht auch auf schlechte Gewohnheiten, ich habe das Recht auf Dummheit, Verrücktheit, spleens jeder Art. Ja, es ist sogar mein gutes Recht, mir selbst nach Herzenslust zu schaden. Anderen schaden darf ich freilich nicht, da kann und muß man eingreifen, aber ansonsten möchte ich nicht, daß der Staat immerfort darüber nachdenkt, wie er mich fürsorglich lenken, vor Schaden bewahren und reglementieren kann.

Aber genau dieses Recht, nämlich auch dort immer mehr in mein Leben einzugreifen, wo ich niemandem schade, mich also ständig zu beschützen, mich bei der Hand zu nehmen und zu führen, als sei ich ein kleines Kind, mir dieses zu verbieten und jenes väterlich jovial zu erlauben – dieses Recht usurpiert der Staat in immer dreisterer Weise.

Dabei hätte er da genug zu tun, wo es um sozialschädliches Verhalten geht, denn dafür (und nur dafür!) ist er da. Aber diese Bescheidung behagt ihm nicht.

Nehmen wir das Rauchverbot. In Cafés, Restaurants, großen Gastwirtschaften, da also, wo der Raucher die anderen Gäste und die Angestellten gesundheitlich schädigt, darf der Staat natürlich gesetzlich eingreifen. Wenn er aber dieses Verbot auch in der letzten Kneipe durchsetzen will, obwohl dort niemand gegen seinen Willen den Rauch einatmen muß, überschreitet er seine Befugnisse.

Dann wird aus staatlicher Fürsorge eine fürsorgliche Diktatur.

Es ist höchste Zeit, der staatlichen Reglementierungswut, die immer tiefer in unsere Privatsphäre eindringen will, Schranken zu setzen.

Hier in Hessen fordert zum Beispiel eine Frau Pauly-Bender (SPD), daß alle Bürger, die sich einen Hund anschaffen wollen, vorher eine „theoretische und praktische Sachkunde-Schulung“ absolvieren müssen. In dem kleinen Städtchen, in dem wir wohnen, haben alle Hundebesitzer vom Ordnungsamt einen Lageplan bekommen, auf dem sorgfältig eingezeichnet war, auf welchen Feldwegen der Hund frei laufen darf, und auf welchen er unbedingt angeleint bleiben muß. Und unser Verkehrsminister Ramsauer möchte – natürlich wieder aus lauter Fürsorge – die Helmpflicht für Fahrradfahrer einführen. (Helm ab nur noch zum Gebet?) Ich mache übrigens seit vielen Jahren fast alle Besorgungen mit dem Rad, aber ob ich dabei einen Helm aufsetze oder nicht, das, lieber Herr Ramsauer, ist nun wirklich allein meine Sache. Da verbitte ich mir jede Einmischung.

Zum guten Schluß: weil die Politiker so viel von uns verlangen, möchte ich auch etwas von ihnen verlangen – sie sollten, ehe man sie auf die Bürger losläßt, erst einmal in einer theoretischen und praktischen Sachkunde-Schulung nachweisen, daß sie noch ganz bei Troste und wenigstens halbwegs bei klarem Verstand sind.

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