Was warst Du früher für ein großer, strahlender Held, Wladimir Wladimirowitsch! Hoch zu Roß und mit nacktem Oberkörper bist du, ein unbesiegbarer Krieger, über die russische Erde geritten, bist mit Kranichen geflogen, hast Tiger gerettet und unter Wasser alte Vasen gefunden, die alle Archäologen vor Dir übersehen haben.
Aber diesen alten Putin gibt es nicht mehr, wie eine Schlangenhaut, die zu eng geworden ist, hast Du ihn abgestreift. Und was bist Du jetzt, Wladimir Wladimirowitsch, was ist aus Dir geworden? Ein Held etwa? Ein Rächer aller armen, vom Westen geschundenen Reußen? Nein, ein Räuber bist Du geworden, ein ganz gewöhnlicher Räuber. Holst Dir da ein Stückchen Georgien, dort einen fetten Happen von der Ukraine, dazwischen zermalmst Du die Menschen in Syrien, und weil der Appetit beim Essen kommt, willst Du Dir jetzt die ganze Ukraine unter den Nagel reißen. Ach, Wladimir Wladimirowitsch, was ist nur aus Dir geworden?
Die Welt sieht in Dir ein seltenes Schauspiel: wie ein Mensch, der sich aufbläht, jeden Tag ein bißchen kleiner wird. Und wenn man glaubt, Du seist schon am unteren Ende des Möglichen angekommen, beweist Du der Welt, daß Du noch tiefer sinken, noch weiter schrumpfen kannst. Dabei hast Du alles so klug eingefädelt! Hast das ganze Land, hast alle Russen zum Schweigen gebracht, die Dir nicht trauen, hast bei unbelehrbaren Querulanten auch mal eine Prise Nowitschok oder einen tschetschenischen Revolver benutzt. Waren ja allesamt – wie Du es jetzt auszudrücken pflegst – Abschaum:
Jedes Volk, das russische Volk ganz besonders, wird immer in der Lage sein, das Gesindel und die Verräter zu erkennen und sie auszuspucken, wie man eine Fliege ausspuckt, die einem in den Mund geflogen ist.
Dann hast Du eine Zeitung, eine Internetseite nach der andern verboten, bis am Ende nur Deine Hurra-Patrioten übrigen waren. Jetzt war der Boden bereitet. Ach ja, die Weißrussen – sie hätten Dir beinahe einen Strich durch die Rechnung gemacht, aber das Problem hast Du zusammen mit Lukaschenko, dem alten Halunken, aus dem Weg geräumt. Was Du jetzt Deinem ukrainischen Brudervolk antust, war gut vorbereitet und lange geplant. Nicht ein Gerechter, ein Schlächter unter den Völkern wolltest Du sein.
Du bist es geworden.
Wenn man Dir so zuhört, Wladimir Wladimirowitsch, könnte man denken, daß es für Dich nichts Wichtigeres gibt als die ruhmreiche Vergangenheit. Als Väterchen Stalin in Mütterchen Rußland gewütet hat, war da Rußland groß? Nein, es hat nur Angst und Schrecken verbreitet. Das sind die Fußstapfen, in die Du jetzt trittst. Aber lassen wir die Vergangenheit einmal beiseite. Ich möchte Dir nämlich etwas über die Zukunft erzählen, und das wird Dir nicht gefallen.
Denn Deine Kriegsverbrechen in Mariupol und in den anderen Städten der Ukraine werden einmal in den Geschichtsbüchern stehen – auch in den russischen! Jetzt kannst Du Dich noch hinter Deinen Superwaffen verstecken. Vielleicht gelingt es Dir sogar, zu Deinen Lebzeiten den internationalen Strafgerichten zu entkommen. Aber am Ende wird die Geschichte das Urteil über Dich fällen. Und dieses Urteil wird vernichtend sein.
Der Ruhm aber – auch ihn teilt ja die Geschichte zu! – wird dem mutigen ukrainischen Volk gehören, das den Krieg gewinnt, auch wenn es ihn verlieren sollte. Und Du, Wladimir Wladimirowitsch, solltest einmal in den Spiegel schauen. Da siehst Du einen alten Mann, der sich vergeblich aufbläht, der mit jedem Tag, mit jedem Einschlag seiner Raketen in Krankenhäusern und Wohnblocks kleiner und unbedeutender wird.
Das alles prophezeit Dir
Dein Lupulus
aus dem feindlichen Ausland.